Memoiren einer Favorite. Александр Дюма
Schicksal eines freien Engländers zu retten.
Warum aber ging ich dabei mit so viel Bereitwilligkeit und Eifer zu Werke? Vielleicht bloß, weil Dick der erste gewesen war, der mir aufrichtig und mit voller Überzeugung gesagt hatte, daß ich schön sei.
Ich hatte mich so in meine Betrachtungen versenkt, daß ich weder auf den Weg, den wir zurückgelegt, noch auf die Zeit, die wir dazu gebraucht, geachtet hatte, als plötzlich der Wagen Halt machte.
Wir waren am Ufer des Flusses in einiger Entfernung von einem prachtvollen Kriegsschiff.
Erwartete man uns? Ich weiß es nicht, bin aber später oft auf den Gedanken gekommen, daß alles zwischen Amy und dem Commodore im voraus verabredet war.
Kaum waren wir nämlich aus dem Wagen gestiegen, so stieß ein mit sechs Ruderern bemanntes Boot von dem »Theseus« ab und kam auf uns zu. Alles war für mich so neu und ich war mit so viel widerstreitenden Empfindungen beschäftigt, daß mir dieser Umstand für den Augenblick gar nicht auffiel, sondern ich erst später daran dachte.
Binnen wenigen Minuten befanden wir uns an Bord des Schiffes.
Einer der ersten Gegenstände, die ich, indem ich die Schiffstreppe hinaufstieg, erblickte, war der arme Dick selbst, welcher schon Matrosenkleider trug. Er näherte sich mir und sagte in kläglichem Tone:
»Ach, Miß Emma, haben Sie Erbarmen mit dem armen Dick. Sein Schicksal ruht in Ihren Händen.«
Ich konnte nicht recht begreifen, wie mir auf einmal eine so große Macht zur Verfügung stünde,der arme unglückliche Knabe sah aber so traurig aus, daß ich ihm versprach, alles zu tun, was in meinen Kräften stünde.
Ein Midshipman stieß ihn brutal auf die Seite und führte uns in Sir John Paynes Kajüte.
Diese Kajüte war eins der elegantesten Boudoirs, die ich jemals gesehen, selbst zu der Zeit, wo ich mein Leben in den Boudoirs einer Königin zubrachte. Der Fußteppich war aus prachtvollen Tigerfellen zusammengesetzt und die Wand mit den schönsten ostindischen Kaschemirs bekleidet. Wenn man dieselben emporhob, so sah man Trophäen von Waffen, die den reichsten Bazars des Orients entstammten.
Der Sitz, auf welchem der Commodore saß oder vielmehr lag, war ein, türkischer Divan mit goldener Blumenstickerei, wie man deren bloß an den Gestaden des Bosporus und des Ganges träumt. Die Basis, auf welcher er ruhte, bestand aus zwei Kanonenläufen, welche wie Gold funkelten. An gewöhnlichen Tagen verschwanden dieselben vollständig unter dem sie bedeckenden Stoff. An den Tagen des Kampfes nahm man die Kaschemirs, welche die Trophäen, und die Kissen des Divans, welche die Geschütze bedeckten, hinweg und man sah sich aus dem Boudoir einer Modedame in das Arsenal eines englischen Commodore versetzt.
Sir John Payne, der einen Schlafrock von chinesischem Stoff trug, war bei unserem Eintritt mit Lesen beschäftigt.
Mit der Nachlässigkeit eines Menschen, der einen unerwarteten Besuch empfängt, drehte er sich nach uns herum, als er aber zwei Frauen erblickte, erhob er sich.
Ich warf auf ihn einen raschen Blick, der, wie rasch er auch war, mir möglich machte, alles zu sehen.
Sir John Payne war ein schöner Mann von dreißig bis fünfunddreißig Jahren, welcher den Grad, den er so jung bekleidete, augenscheinlich mehr seiner Geburt und seinem Reichtum als den Feldzügen verdankte, die er bis jetzt mitgemacht.
Alles an ihm, wie um ihn herum, verkündete Luxus. Das Messer, womit er sein Buch aufschnitt, hatte einen goldenen Griff, seine Finger waren mit Ringen belastet und eine neben ihm liegende Uhr mit Diamanten besetzt. Er hauchte, sozusagen, ein hocharistokratisches Parfüm aus.
Amy warf sich schluchzend, sie besaß die Fähigkeit des Weinens in bewundernswürdigem Grade, ihm zu Füßen, oder wollte dies vielmehr tun. Er wehrte ihr jedoch und fragte sie, was sie zu ihm führe.
Sie zog mich, als ob das Schluchzen ihr das Sprechen unmöglich machte, bei der Hand näher und forderte mich durch eine Gebärde auf, an ihrer Statt das Wort zu ergreifen.
Erst jetzt schien der Admiral mich zu bemerken. Er sah mich an, schien durch meine Schönheit in Erstaunen gesetzt zu werden und ließ mich an seiner Seite Platz nehmen.
Amy blieb stehen, bedeckte sich das Gesicht mit ihrem Tuche und sagte mit halberstickter Stimme zu mir:
»Sprich, sprich! Mylord wird dich lieber anhören und besser verstehen als mich.«
Dreizehntes Capitel
Ich war selbst sehr aufgeregt und setzte mit bewegter Stimme Admiral den Zweck unseres Besuchs auseinander, indem ich ihm zugleich versicherte, daß er sich, wenn er den armen Dick wieder freiließe, ein ewiges Recht auf meine Dankbarkeit erwerben würde.
Sei es nun, daß der Admiral dies wirklich glaubte, oder daß er mir eine Schmeichelei sagen wollte, kurz, er fragte mich, welchen Grund eine Person von meinem Stande haben könne, um sich für einen gemeinen Menschen wie der zu interessieren, dessen Freilassung ich soeben begehrte.
Mit einem Gemisch von Demut und Stolz antwortete ich hierauf, ich sei durchaus keine Person von Stand, sondern ein armes Landmädchen und Dicks Landsmännin.
Er ergriff mich bei der Hand, betrachtete dieselbe und schüttelte mit zweifelnder Miene den Kopf.
Meine Hände, welche ich mit einer Koketterie, die bei mir dem Alter voranschritt, stets sorgfältig gepflegt, waren in der Tat sehr schön.
»Diese Hände,« rief der Admiral lachend, »sind nicht die Hände einer Bäuerin.«
Ich versicherte dem Admiral, daß er sich irre.
»Dann,« sagte er, indem er von seinem kleinen Finger einen Diamantring zog, den er an den meiner Hand steckte, welcher der Stärke des seinigen entsprach, »dann fehlt bloß dieser Ring, um Hände einer Herzogin daraus zu machen.«
Ich fühlte, daß ich mehr vor Freude als vor Scham bis an die Augen errötete. Dennoch aber und obschon meine Hand mir mit dem Schmucke, den sie empfangen, noch weit schöner erschien, wollte ich dem Admiral den Ring, den er mir auf so galante Weise anbot, zurückgeben.
Er hielt jedoch meine Hand in der seinigen fest und sagte, wenn ich auf meiner Weigerung beharrte, so müßte ich mich darauf gefaßt machen, daß er auch bei der seinigen beharre.
Ich warf die Augen auf Amy. Diese sah mich durch ihre Tränen hindurch mit so bittendem Blick an, daß ich nicht den Mut hatte, längeren Widerstand zu leisten.
Ich behielt den Ring.
Amy schien nun wieder Mut zu fassen.
»Und mein armer Dick?« fragte sie.
»Hören Sie, was ich sage,« antwortete der Admiral. »Ich allein kann diese Frage nicht entscheiden. Ich kann wohl die Entlassung des jungen Mannes beantragen, dieselbe bedarf aber der Autorisation durch die Admiralität.«
»Ja,« sagte ich, indem ich Sir John Paynes Hände ergriff, »aber wenn Sie diesen Antrag stellen, so wird die Entlassung bewilligt werden, nicht wahr?«
»Ich hoffe es.«
»Sagen Sie, daß Sie dessen sicher sind.«
»Ich werde alles tun, was ich kann, um mich Ihnen angenehm zu machen,« sagte der Admiral indem er sich höflich verneigte.
»Ach, wenn es Ihnen gelänge,« rief ich, »wie dankbar wollte ich Ihnen sein!«
»Ist. das wahr, was Sie mir da sagen?« fragte der Admiral, indem er mich fest und mit wenn auch nicht liebendem, doch begehrlichem Blick betrachtete.
Ich errötete und senkte das Haupt, ohne zu antworten.
Es war mir jetzt, als sähe ich ihn einen Blick mit Amy wechseln; Amys Blick aber konnte ebenso wie der meinige ein bittender sein.
»Hören Sie,« hob er wieder an, »ich werde Ihnen einen Beweis meines guten Willens geben. Noch heute gehe ich nach London und tue daselbst die nötigen Schritte.«
»Ach, wie gütig Sie sind!«
»Und,« fragte Amy, »wann und wo werden wir Antwort erhalten?«
»Das ist sehr einfach,«