Ritter von Harmental. Александр Дюма

Ritter von Harmental - Александр Дюма


Скачать книгу
Auftreten war so glänzend, und der Schlag, der in seinem fünfundzwanzigsten Jahre alle seine Hoffnungen zertrümmerte, traf ihn daher um so schmerzlicher. Er eilte zu dem Marschall von Villars, der früher sein eifriger Beschützer gewesen war; derselbe aber empfing ihn mit dem kalten Wesen eines Mannes, der gern das Vergangene in die Vergessenheit begraben möchte; auch begriff Harmental sogleich, daß der alte Hofmann im besten Zuge sei, die Farbe zu ändern, und er zog sich demnach bescheiden zurück.

      Obgleich jenes Zeitalter, das Zeitalter des Egoismus war, war dennoch die erste Probe, welche der Chevalier davon erhielt, ungemein bitter; er befand sich aber grade in jenem glücklichen Alter, in welchem die Wunden des Ehrgeizes nicht anhaltend schmerzen. Der Ehrgeiz ist die Leidenschaft derjenigen, die keine andere mehr besitzen, Harmental aber besaß noch alle, von denen man im fünfundzwanzigsten Jahre bestürmt wird.

      Ueberdem hatte sich der Zeitgeist damals noch nicht der Schwermuth zugeneigt. Sie ist ein modernes Gefühl, entstanden aus dem Umsturz der Glücksgüter und der Ohnmacht der Menschen. Im 18. Jahrhundert, als man noch nicht von dem Abstracten träumte und nach dem Unbekannten verlangte, suchte man das Vergnügen, den Ruhm, kurz das Glück gradeswegs auf, und wer nur schön, tapfer oder intriguant war, der konnte auch dorthin gelangen.

      Der Ritter von Harmental war daher auch nur acht Tage lang traurig, dann mischte er sich wieder in die heitere Menge, ließ sich von dem Strome mit fortreißen, und dieser Strom führte ihn zu den Füßen einer schönen Frau.

      Drei Monate lang war er nunmehr der glücklichste Mensch von der Welt; während dieser drei Monate vergaß er Sainte Cyr, die Tuillerieen und das Palais Royal; er wußte nicht, ob es noch eine Frau von Maintenon, einen König, oder einen Regenten gäbe. Er wußte nur, daß es angenehm sei zu lieben, wenn man geliebt wird.

      In dieser behaglichen Gemüthstimmung befand er sich, als er, wie wir bereits erzählt haben, durch Lafare aus seinem schönen Traume aufgeschreckt wurde. Die Untreue seiner Geliebten führte jetzt seinen früheren Ehrgeiz zurück, und er gedachte jetzt zum ersten mal wieder schmerzlich an den Verlust seines Regiments.

      Auch bedurfte es nur des zweiten geheimnißvollen Briefes, um seinen Gedanken eine andere Richtung zu geben. Er beschloß demnach, sich auf dem Ball im Opernhause einzufinden; wenn wir aber der Wahrheit ihr Recht widerfahren lassen wollen, müssen wir eingestehen, daß dieser Vorsatz bei ihm wenigstens zum Theil durch die Bemerkung herbeigeführt wurde, daß die Handschrift des Briefes eine weibliche zu sein schien.

       IV.

      Ein Maskenball aus jener Zeit.

      Die Fledermaus

      Die Bälle im Opernhause hatten damals ihren höchsten Glanzpunkt erreicht. Sie waren eine durchaus zeitgemäße Erfindung des Chevalier von Bouillon, der dieses Dienstes bedurfte, den er dadurch der Zerstreuung suchenden Gesellschaft jener Zeit geleistet hatte, um Verzeihung, für den Titel eines Prinzen von Auvergne zu erhalten, den er, man wußte nicht recht, weshalb, angenommen hatte. Er war es auch, der die Kunst erfand, das Parterre bis zu dem Theater hinaufzuschrauben, und der Regent, als gerechter Anerkenner aller wichtigen neuen Erfindungen, hatte ihm zur Belohnung dafür eine Pension von 6000 Livres ausgesetzt. Das war vier Mal so viel, als der große König vormals Corneille verlieh!

      Dieser herrliche Saal mit seiner reichen und schönen Architectur, den der Cardinal von Richelieu eingeweiht hatte, wo Lulli und Quinault ihre Werke aufführen ließen, und wo Moliere selbst in seinen schönsten Dichtungen aufgetreten war, war an diesem Abend der Versammlungsplatz von allen vornehmen, glänzenden und eleganten Personen des Hofes. Harmental hatte in einem, in seiner Lage natürlichen Anfluge von Verdruß, seiner Toilette heute mehr Sorgfalt gewidmet als gewöhnlich. Auch war der Saal bereits gefüllt, als er anlangte, so daß er einen Augenblick befürchtete, die Maske mit dem veilchenblauen Bande werde ihn nicht auffinden, da sie verabsäumt hatte ihm genau eine Stelle anzugeben, wo er fiel treffen würde. Er freuete sich daher sich nicht maskiert zu haben; ein Verfahren, welches ein großes Vertrauen auf die Verschwiegenheit seiner Gegner setzte, denn es hätte denselben ein einziges Wort gekostet um ihn in die Bastille zu bringen.

      Die erste Person, der er begegnete, war der junge Herzog von Richelieu, den seine Name, seine Liebesabentheuer und seine Eleganz so eben in die Mode brachten. Man versicherte, daß sich zwei Prinzessinnen aus dem königlichen Hause seine Liebe streitig machten, welches nicht verhinderte, daß zu gleicher Zeit Frau von Nesle und Frau von Polignac um seinetwillen Kugeln mit einander wechselten; über dem theilten sich noch die Damen Sabran, die Villars, de Mouchy und de Tencin in ein Herz. Er sprach so eben den Marquis von Camillac an, einen der Roués des Regenten, den Sr. Königliche Hoheit wegen seiner affektierten Strenge, seinen Mentor nannte, und erzählte demselben eine Geschichte mit lauter, Aufsehen erregender Stimme. Der Chevalier Harmental kannte den Herzog, jedoch nicht genug, um sich in ein bereits begonnenes Gespräch zu mischen; er war es ja nicht den er suchte, und schon wollte er an ihm vorüber, als der junge Herzog ihn am Schooße seines Kleides zurückhielt,

      Auf meine Ehre, mein lieber Chevalier, Sie sind hier keineswegs zu viel, rief er, »ich erzähle dem Camillac so eben ein Abentheuer, welches ihm als nächtlichem Begleiter Sr. Hoheit des Regenten, von Nutzen seyn kann; es kann es auch Ihnen seyn, falls Sie ähnlicher Gefahr wie ich ausgesetzt sein sollten. Die Geschichte ist erst heute passiert, und das erhöht ihren Werth, denn bis jetzt hatte ich nur Zeit sie höchstens zwanzig Personen zu erzählen, so daß sie fast noch ganz unbekannt ist. Verbreiten Sie dieselbe, es wird mir und dem Regenten angenehm seyn.

      Harmental runzelte die Stirn; Richelieu hatte schlecht seine Zeit gewählt, in diesem Augenblick eilte der Chevalier von Ravanne vorüber, welchen eine Maske verfolgte. »Ravanne a rief Richelieu, »Ravanne!«

      »Ich habe keine Zeit,« entgegnete der Chevalier.

      »Wissen Sie nicht, wo Lafare steckt?«

      »Er leidet an Migraine.«

      »Und Fargy?«

      »Er hat sich den Fuß verrenkt.« Mit diesen Worten verlor sich Ravanne unter der Menge, nachdem er mit seinem Gegner von diesem Morgen den freundschaftlichsten Gruß gewechselt hatte.

      »Nun zu unserer Geschichte,« sprach Camillac.

      »Also hören Sie: Denken Sie sich, vor einiger Zeit als ich die Bastille verließ, wohin mich mein Duell mit Gace gebracht hatte, nachdem ich mich drei oder vier Tage wieder in der Welt gezeigt, überbrachte mir Raffé ein Billet von der Frau von Parabere, worin sie mich einlud, den Abend bei ihr zuzubringen. Sie begreifen Chevalier, daß man in einem Augenblick, in welchem man die Bastille verläßt, keine Rendezvous zurückweist, das einem von der Geliebten dessen gegeben wird, der die Schlüssel zu derselben besitzt. Es versteht sich daher von selbst, daß ich mich zur bestimmten Stunde einfand. Wen aber erblickte ich neben ihr auf dem Sopha? Ich bitte, rathen Sie!«

      »Vielleicht gar ihren Gemahl?« fragte Camillac.

      »Im Gegentheil! Sr. Königliche Hoheit in eigner erlauchter Person. Ich war um so mehr erstaunt, da ich auf höchst geheimnißvolle Weise hereingeführt worden war. Ich ließ, wie Sie denken können, mich indes nicht verblüffen, sondern nahm eine ernste, bescheidene und ruhige Haltung an, eine Haltung, so ungefähr wie die Deine, Camillac. Ich begrüßte die Marquise mit einer Ehrerbietung, welche dem Herzog ein lautes Gelächter entlockte. Das hatte ich nicht erwartet, und es machte mich ein wenig verwirrt. Ich wollte einen Sessel nehmen, der Herzog aber winkte mir, mich auf das Sopha zur andern Seite der Marquise zu setzen. Ich gehorchte.

      »Mein lieber Herzog,« begann der Regent, »wir haben Sie um einer sehr verwickelten Sache willen hierher beschieden. Hier unsre arme Marquise, welche seit zwei Jahren von ihrem Gemahl getrennt ist, wird von dem rohen Menschen mit einem Prozesse bedroht, unter dem Vorwand, daß sie einen Liebhaber habe.«

      »Die Marquise that was in ihren Kräften stand, um zu erröthen, da es ihr aber nicht gelingen wollte, verbarg, sie ihr Gesicht mit ihrem Fächer.

      »Bei dem ersten Worte, welches sie hierüber gegen mich fallen ließ, fuhr der Regent fort, »ließ ich Argenson rufen und fragte ihn, wer dieser Liebhaber seyn könne.«

      »Ich bitte Ew. Königlichen Hoheit, schonen Sie meiner,« flehte


Скачать книгу