Tausend und Ein Gespenst. Александр Дюма

Tausend und Ein Gespenst - Александр Дюма


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und ließ mir ihr Haus andeuten. – Da Jedermann sie als eine Fromme kannte, so machte Niemand ihr aus dem Verbrechen ihres Gatten ein Verbrechen, Niemand rechnete seine Schande ihr zu.

      Ich gelangte an die Thür. Der Laden stand offen, und ich konnte durch die Fensterscheiben die arme Frau an den Füßen des Bettes knieend und im Gebete sehen.

      Nach der Bewegung ihrer Schultern konnte man errathen, daß sie im Beten schluchzte.

      Ich klopfte an die Thür.

      Sie stand auf und öffnete schnell.

      – Ach! Herr Abbé! rief sie aus, ich errieth Sie. Ms man angeklopft hat, habe ich vermuthet, daß Sie es wären. Leider! leider! kommen Sie zu spät; mein Gatte ist ohne Beichte gestorben.

      – Er ist also in schlechten Gesinnungen gestorben?

      – Nein, ganz im Gegentheile, ich bin überzeugt, daß er im Grunde des Herzens Christ war; aber er hatte erklärt, daß er keinen andern Priester, als Sie wollte, daß er nur Ihnen beichten würde, und daß er, wenn er Ihnen nicht beichtete, Niemand beichten würde, als Unserer lieben Frau.

      – Er hat Ihnen das gesagt?

      – Ja, und indem er es sagte, küßte er eine Medaille der heiligen Jungfrau, welche an einer goldenen Kette an seinem Halse hing, wobei er über alles empfahl, daß man ihm diese Medaille nicht abnähme und versicherte, daß wenn es gelänge, ihn mit dieser Medaille zu begraben, der böse Geist keine Gewalt über seinen Leib haben würde.

      – Ist das Alles, was er gesagt hat?

      – Nein. Indem er mich verließ, um nach dem Richtplatze zu geben, hat er mir noch gesagt, daß Sie heute Abend ankommen würden, daß Sie mich gleich nach Ihrer Ankunft besuchen würden; deshalb erwartete ich Sie.

      – Er hat Ihnen das gesagt? äußerte ich voll Erstaunen.

      – Ja, und dann hat er mich noch mit einer letzten Bitte beauftragt.

      – Für mich?

      – Für Sie. Er hat gesagt, daß, zu welcher Stunde Sie such kommen mögten, – ich Sie bitten sollte. . . Mein Gott! ich werde es niemals wagen, so etwas zu sagen.

      – Reben Sie, meine gute Frau, reden Sie.

      – Nun denn, daß ich Sie bitten sollte, nach dem Richtplatze zu gehen, um dort unter seiner Leiche zu Gunsten seiner Seele fünf Pater Noster und fünf Ave Maria zu beten. – Er hat gesagt, daß Sie mir es nicht ausschlagen würden, Herr Abbé.

      – Und er hat Recht gehabt, denn ich will hingehen.

      – O! was Sie gütig sind!

      Sie ergriff meine Hände und wollte sie küssen.

      Ich machte mich los.

      – Nun denn, meine gute Frau, sagte ich zu ihr, Muth!

      – Gott verleiht ihn mir, Herr Abbé, ich beklage mich nicht.

      – Er hat nichts Anderes verlangt?

      – Nein.

      – Es ist gut! Wenn er für die Ruhe seiner Seele nur der Erfüllung dieses Wunsches bedarf, so wird seine Seele in Ruhe sein.

      Ich entfernte mich.

      Es war ohngefähr halb eilf Uhr. – Es war in den letzten Tagen des April, der Nordwind war noch frisch. Der Himmel war indessen schön, – besonders schön für einen Maler, denn der Mond schwamm in einem Meere dunkler Wolken, welche dem Horizonte einen erhabenen Charakter verliehen.

      Ich umschritt die alten Stadtmauern und gelangte an das nach Paris zu führende Thor. – Nach eilf Uhr war dies das einzige Thor von Etampes, welches offen blieb.

      Das Ziel meines Ausganges war auf einem Glacis, welches heut zu Tage wie damals die ganze Stadt überragte. Nur ist heut zu Tage keine andere Spur von dem Galgen mehr übrig geblieben, der damals auf diesem Glacis stand, als drei Bruchstücke des Mauerwerks, welche die drei unter sich durch zwei Balken verbundenen Pfeiler trugen, die den Galgen bildeten.

      Um auf dieses Glacis zu gelangen, welches zur Linken der Heerstraße liegt, wenn man von Etampes nach Paris geht, und zur Rechten, wenn man von Paris nach Etampes geht, mußte man an dem Fuße des Thurmes de Guinette vorüber, ein vorgeschobenes Werk, das einer in der Ebene zur Bewachung der Stadt aufgestellten Schildwache gleicht.

      Dieser Thurm, den Sie kennen müssen, Chevalier Lenoir, und den Ludwig XI. vor Zeiten in die Luft sprengen zu lassen versucht hat, ist durch diesen Versuch geborsten, und scheint den Galgen, von dem er nur das äußerste Ende steht, mit der schwarzen Höhle eines großen Auges ohne Augapfel zu betrachten.

      Am Tage ist er die Wohnung der Raben; des Nachts ist er der Palast der Eulen.

      Ich schlug unter ihrem Geschrei und ihrem Geheul den Weg nach dem Glacis ein, – einen engen, beschwerllchen, steinigen, in den Felsen ausgehauenen und durch das Gestrüpp gebrochenen Weg.

      Ich kann nicht sagen, daß ich Furcht hatte. – Der Mensch, der an Gott glaubt und der ihm vertraut, darf vor nichts Furcht haben, – aber ich war aufgeregt.

      Man hörte von der Welt nur das einförmige Klappern der Mühle der untern Stadt, das Geschrei der Uhus und der Käuze und das Pfeifen des Windes in dem Gestrüppe.

      Der Mond trat in eine schwarze Wolke, deren Ränder er mit einem weißlichen Saume schmückte.

      Mein Herz klopfte. Es schien mir, als ob ich nicht das sehen würde, was ich zu sehen gekommen war, sondern irgend etwas Unerwartetes. Ich ging immer weiter hinauf.

      Auf einen gewissen Punkt der Anhöhe gelangt, begann ich das obere Ende des Galgens zu unterscheiden, das aus diesen drei Pfeilern und zwei Querbalken von Eichenholz bestand, von denen ich bereits gesprochen habe.

      An diesen Querbalken von Eichenholz hängen die eisernen Kreuze, an welche man die Hingerichteten knüpft. Ich erblickte, wie einen beweglichen Schatten, die Leiche des unglücklichen Artifaille, welche der Wind in der Lust schaukelte.

      Plötzlich blieb ich stehen, ich sah jetzt den Galgen von seinem obern Ende bis zu seinem Fuße. Ich erblickte eine gestaltlose Masse, welche einem Thiere mit vier Füßen glich und die sich bewegte.

      Ich blieb stehen und legte Mich hinter einen Felsen. Dieses Thier war weit größer als ein Hund und weit dicker als ein Wolf.

      Plötzlich erhob es sich auf die Hinterfüße und ich erkannte, daß dieses Thier kein anderes wäre, als das, welches Plato ein Thier mit zwei Füßen und ohne Federn nennt, das heißt ein Mensch.

      Was konnte zu dieser Stunde ein Mensch unter einem Galgen thun, es sei denn, daß er mit einem religiösen Herzen, um zu beten, oder mit einem irreligiösen Herzen kam, um dort irgend eine Ruchlosigkeit zu begehen?

      In jedem Falle beschloß ich, mich ruhig zu verhalten und abzuwarten.

      In diesem Augenblicke trat der Mond hinter der Wolke hervor, welche ihn einen Augenblick lang versteckt hatte, und erleuchtete den Galgen vollständig.

      Nun konnte ich den Mann deutlich und selbst alle Bewegungen sehen, welche er machte.

      Dieser Mann raffte eine auf dem Boden liegende Leiter auf, und stellte sie dann der Leiche des Gehangenen so nahe als möglich gegen einen der Pfeiler.

      Dann stieg er die Leiter hinauf.

      Dann bildete er mit dem Gehangenen eine seltsame Gruppe, in welcher der Lebendige und der Todte sich in einer Umarmung mit einander zu vereinigen schienen.

      Plötzlich erschallte ein schrecklicher Schrei. Ich sah die beiden Körper sich bewegen; ich hörte mit erstickter Stimme, die bald aufhörte deutlich zu sein, um Hilfe rufen, dann machte sich einer der beiden Körper von dem Galgen los, während der andere an dem Stricke hängen blieb und seine Arme und seine Beine bewegte.

      Es war mir unmöglich zu errathen, was sich unter dem Galgen zutrug, mogte es aber am Ende Menschenwerk oder das Werk des Teufels sein, es hatte sich irgend etwas Außergewöhnliches zugetragen, irgend etwas, das um Hilfe rief, das Beistand forderte.

      Ich stürzte herbei. Bei meinem Anblicke schien der Gehangene


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