Blumen des Bösen. Charles Baudelaire

Blumen des Bösen - Charles Baudelaire


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eine Ohnmacht dich umfloß.

      Die Fliegen summten um die modernden Atome,

      Indes gedrängt und schauerlich

      Der Larven ekle Schar, in schwerem, schwarzem Strome

      Durch die lebendgen Fetzen schlich.

      Das alles senkte sich und knisterte verquellend

      Und stieg, wie sich die Woge hebt,

      Man meinte beinah, daß von fremdem Hauche schwellend

      Der Leib vervielfacht aufgelebt.

      Und dieser Welt entrann ein Tönen, seltsam klingend,

      Wie Wind und Wasser es erregt,

      Gleichwie von Körnern, die der Landmann rhythmisch schwingend

      Im Siebe schüttelt und bewegt.

      Die Form verwischte sich zu einem Traum, der fahler

      Als eine flüchtge Skizze war,

      Die auf vergeßnem Blatt ergänzt wird, die dem Maler

      Aus der Erinnrung sich gebar.

      Und eine Hündin sah aus felsigem Geklippe

      Unruhig, mit erzürntem Blick,

      Nur die Gelegenheit erspähend, vom Gerippe

      Zu reißen sich ein neues Stück.

      Und dennoch wirst du gleich der eklen Fäulnis werden,

      Ganz so zerstört und grauenhaft,

      Du meiner Augen Stern, du Sonne mir auf Erden,

      Mein Engel, meine Leidenschaft!

      So wirst du aussehn, wann, o Kön’gin holder Güte,

      Du nach der letzten Ölung gehst

      Dorthin, wo unter üppgem Kraut und reicher Blüte

      Bei den Gerippen du verwest.

      Dann, meine Schöne, sprich zum Wurm, der dich erlesen

      Und dem dein Leib zum Küssen lieb,

      Daß prangende Gestalt und unvergänglich Wesen

      Mir von entstellter Liebe blieb!

      DE PROFUNDIS CLAMAVI

      Du, die ich liebe, hör mich um dein Mitleid flehen,

      Vom Grund der finstren Schlucht, in die mein Herz versank.

      Voll Gram ist diese Welt, ihr Himmel bleich und krank,

      Drin Schreck und Lästerung durch böses Dunkel wehen.

      Ein kalter Sonnenball kreist dort sechs Monde lang,

      Und die sechs andern deckt uns Nacht mit schwarzem Schilde.

      Das Land ist nackter als des Nordpols Eisgefilde,

      Nicht Bäche, Herden nicht, nicht Wald noch Wiesenhang.

      Kein Grauen gibt es auf der Welt, das an die bleiche,

      Erstarrte Grausamkeit der eisgen Sonne reiche,

      Und an dies Dunkel, wie das Chaos uferlos.

      Mich füllt mit heißem Neid der ärmsten Tiere Los,

      Weil sie im stumpfen Schlaf vergessen Schmerz und Plage;

      So langsam dreht sich ab die Spindel meiner Tage.

      VERSPÄTETE REUE

      Wann, dunkle Schöne, einst du in der Gruft wirst rasten,

      Auf der getürmt und kalt ein schwarzer Marmor liegt,

      Und wann du statt im Pfühl, in den du weich geschmiegt,

      In feuchter Höhle ruhst, im Grabe, im verhaßten,

      Und wann die Blöcke schwer auf banger Brust dir lasten

      Und auf den Hüften dir, die lasse Anmut biegt,

      Wann länger nicht dein Herz verlangend pocht und fliegt,

      Die Füße länger nicht nach Abenteuern hasten —

      Dann wird das Grab, dem ich der Träume Last vertraut,

      – Mich deucht, daß nur das Grab des Dichters Sehnsucht ahne —

      Die langen Nächte, da kein Schlummer niedertaut,

      Dir raunen: Was nun hilfts, gleichgültge Courtisane,

      Daß du, was Tote noch beweinen, nicht gewußt?

      Und grimm wie Reue nagt der Wurm dir deine Brust.

      DIE KATZE

      Komm, schöne Katze, und schmiege dich

      An mein Herz, halt zurück deine Kralle.

      Laß den Blick in dein Auge tauchen mich,

      In dein Aug’ von Achat und Metalle.

      So oft dich mein Finger gemächlich streift,

      Deinen Kopf und Rücken zu schmeicheln,

      Und träumende Lust meine Hand ergreift,

      Die magnetischen Glieder zu streicheln,

      Schau ich im Geist meine Frau. Der Strahl

      Ihres Blicks, mein Tier, gleicht dem deinen,

      Ist tief und kalt wie ein schneidender Stahl.

      In schmiegsamem Spiel haucht den feinen,

      Gefährlichen Duft, wie Schmeichelgruß,

      Ihr brauner Leib von Kopf zu Fuß.

      DUELLUM

      Zwei Krieger stürzen aufeinander; ihre Klingen

      Durchstieben rings die Luft mit Funken und mit Blut.

      Dies Spiel, dies Klirren ist das lärmerfüllte Ringen

      Der Jugend, die verzehrt von wilder Liebesglut.

      Gleich unsrer Jugend bricht das Eisen vor den Schlägen,

      Geliebte! Doch der Zahn, der Nagel, der sich wehrt,

      Rächt den Verrat des Dolchs und den zerbrochnen Degen.

      O Wut der reifen Brust, in der die Liebe schwärt.

      In einen Abgrund, wo die Panther spukhaft schleichen,

      Rolln unsre Kämpfenden, in tückschem Sturz gefallt.

      Wie Blüten hängt ihr Fleisch an dürren Dorngesträuchen.

      Die Höll ist dieser Schlund, die unsre Freunde hält.

      Laß, ehrne Kämpferin, uns reulos niedergleiten,

      Daß unser Haß erglüht durch alle Ewigkeiten!

      DER BALKON

      Quell der Erinnerung, du Liebste aller Lieben,

      O du, all meine Lust, o du, all meine Pflicht!

      Ist dir Gedenken an der Küsse Glück geblieben.

      An Wärme des Kamins, an gütig Abendlicht?

      Quell der Erinnerung, du Liebste aller Lieben!

      Die Abende erhellt von sanfter Kohlenglut,

      Die Dämmrung vom Balkon in rosger Lüfte Wehen —

      Wie war dein Busen süß, wie war dein Herz mir gut!

      Wir sagten Dinge uns, die nimmermehr vergehen,

      Die Abende erhellt von sanfter Kohlenglut.

      Wie sind die Sonnen schön im warmen Abendblauen,

      Wie mächtig ist das Herz, wie weit


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