Max Havelaar oder Die Kaffee-Versteigerungen der NiederländischenHandels-Gesellschaft. Multatuli

Max Havelaar oder  Die Kaffee-Versteigerungen der NiederländischenHandels-Gesellschaft - Multatuli


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Louise«, rief Betsy Rosemeyer, »geweint hast du Papa, Frits hat Louise zum Weinen gebracht.«

      Meine Frau sagte, daß Frits dann nicht mehr mitgenommen werden sollte; sie dachte, er hätte Louise gekniffen, oder sonst etwas, was sich nicht schickt, und ich wollte gerade auch schon ein Wort dazu geben, als Louise rief:

      »Nein, nein Frits ist ganz nett gewesen, ich wollte, er thäte es noch einmal.«

      »Was denn?«

      Er hatte sie nicht gekniffen, er hatte deklamiert, da habt ihr's.

      Natürlich hat die Hausfrau es gern, wenn beim Nachtisch eine »Unterhaltung« stattfindet;  das macht sich nett. Mevrouw Rosemeyer  die Rosemeyers lassen sich »Mevrouw« nennen, weil sie in Zucker machen und einen Anteil an einem Schiff haben  Mevrouw Rosemeyer meinte, was Louise zum Weinen gebracht hätte, würde auch uns unterhalten, und verlangte von Frits, der so rot aussah wie ein Puter, ein Dacapo. Ich hatte keine Ahnung, was er da aufgetragen haben konnte, ich kannte seine Liste aufs Haar. Das war: die »goldene Hochzeit«, die »Bücher des alten Testaments« in Reimen, und ein Stück aus der »Hochzeit des Kamacho«, das die Jungen immer so nett finden, weil da etwas von einer Beschummelei vorkommt. Was darunter eigentlich Thränen entlocken konnte, war mir ein Rätsel; zwar, so ein Mädchen weint ja bald einmal.

      »Los, Frits ach ja, Frits komm, Frits«– und Frits begann.

      Ich bin kein Freund davon, des Lesers Neugier in Spannung zu versetzen, und will deshalb gleich sagen, daß sie zu Hause das Paket von Sjaalman aufgemacht hatten, und daraus hatten nun Frits und Marie eine Naseweisheit und Sentimentalität geschöpft, die mir später viel Wirtschaft ins Haus gebracht haben. Ich will aber auch gleich beifügen, Leser, daß dies Buch auch aus jenem Pakete stammt, und ich werde mich nachher deshalb gebührend verantworten; denn ich halte darauf, daß man mich als einen Mann betrachte, der die Wahrheit liebt und der in seinem Geschäft tüchtig ist. (Last & Co., Makler in Kaffee, Lauriergracht Nr. 37.)

      Nun trug Frits ein Ding vor, das aus lauter Unsinn zusammenhing; nein, es hing überhaupt nicht zusammen. Ein junger Mensch schrieb an seine Mutter, daß er verliebt gewesen war, daß sein Mädchen einen anderen genommen hatte  woran sie meines Erachtens ganz recht that,  daß er aber bei alledem stets seine Mutter liebte. Sind diese drei Sätze deutlich oder nicht? Findet ihr da viele Umstände nötig, um das zu sagen? Nun also, ich habe ein Brötchen mit Käse gegessen, darauf zwei Birnen geschält, und ich war kaum zur Hälfte mit der Bewältigung der zweiten fertig, bevor Frits seine Geschichte beendet hatte. Aber Louise heulte wieder, und die Damen sagten, es wäre sehr schön. Nun erzählte Frits, der vermutlich meinte, er hätte ein großes Stück vollführt, daß er es in dem Paket des Mannes, der einen Shawl trug, gefunden hätte; und ich erklärte den Herren, wie das in mein Haus gekommen war; bloß von der Griechin sagte ich nichts, weil Frits dabei war, und ich sagte auch nichts von dem Kapelsteeg. Jeder fand, daß ich ganz recht gethan hatte, mich von dem Menschen zurückzuhalten. Ihr werdet nachher sehen, daß auch andere Dinge soliderer Natur in dem Paket waren, und davon kommt eins und das andere in dies Buch, weil die Kaffeeversteigerungen der Handelsgesellschaft damit in Beziehung stehen; denn ich lebe für mein Fach.

      Später fragte mich der Verleger, ob ich nicht das, was Frits deklamiert hatte, hier beifügen wollte. Ich will es thun, damit man wisse, daß ich mich mit diesen Dingen nicht aufhalte. Alles Lügen und Unsinn. Ich will nur noch bemerken, daß die Geschichte »18. 3. Padang« geschrieben ist, und daß das eine geringere Sorte ist  der Kaffee, meine ich.

      Mutter, ferne von dem Land

      Steh ich, dem ich einst entsprossen,

      Wo meine ersten Thränen flossen,

      Wo mich führte deine Hand,

      Wo der Mutter Treu' des Knaben

      Seele ihre Sorgen weihte

      Und mir liebreich stand zur Seite

      Stets mit Hand und Herz und Gaben;

      Ach das Schicksal riß die Bande

      Grausam ab … so ist der Schein …

      Ich steh' hier am fremden Strande

      Mit mir selbst, und Gott … allein …

      Aber, Mutter ob mir trübe

      Sei im Herzen oder licht,

      Mutter, zweifle an der Liebe,

      An des Lieblings Herzen nicht

      Wenig Jahre sind entflogen,

      Seit ich von der Heimat Küste

      In die fremde Welt gezogen

      Und mein Blick die Zukunft grüßte;

      Alles Schöne mir zur Beute

      Heischte ich mit keckem Ruf,

      Stolz verschmäht' mein Sinn das Heute,

      Der mir Paradiese schuf

      Durch der Hindernisse Mitten,

      Die sich boten meinen Schritten,

      Bahnt' mein Herz mit kühner That

      Selig träumend sich den Pfad …

      Doch die Zeit, die so geschwind

      Seit der Trennung hingezogen,

      Wie der Schatten, den der Wind

      Vorwärts treibt, im Nu verflogen:

      Ach, sie ließ im Vorwärtsgehen

      Tiefe, tiefe Spuren stehen

      Freud' und Schmerz hab ich erlitten,

      Viel gedacht und viel gestritten,

      Hab' gejauchzt und hab' gebebt,

      Hab' nach Lebensheil gestrebt,

      Hab' verloren und gefunden,

      Und der ich vor kurzer Frist

      War ein Kind noch, hab' in Stunden

      Oftmals Jahre durchgelebt …

      Aber, Mutter glaube immer,

      Bei dem Himmel, der mich sieht,

      Glaub' es, Mutter, deinem Kinde:

      Nein, dein Kind vergaß dich nimmer

      Ich liebt' ein Mädchen. Durch die Liebe

      Schien die Welt mir schön allein,

      Sie sollt' mir die Krone sein

      Meines Kampfs im Weltgetriebe.

      Thränen netzten mir die Wangen,

      Wenn ich für den Schatz ihm dankte,

      Den von des Allmächtigen Huld

      Ich als Gnade hatt' empfangen.

      Liebe, Liebe war mein Beten,

      Wenn im stillen Kämmerlein

      Meine Seel' zu Gott getreten,

      Dankt' ich ihm für sie allein

      Liebe bracht' mir Kümmernis,

      Unrast quälte mir das Herz,

      Nicht zu tragen war der Schmerz,

      Der mein weich Gemüt zerriß

      Angst und Leid hat mich getroffen,

      Wo aufs Höchste ging mein Hoffen,

      Nach dem Glücke war mein Streben,

      Gift und Weh ward mir gegeben.

      Mein Genuß war leidend Schweigen.

      Standhaft Hoffen war mein Stern,

      Unglück ließ den Preis mir steigen.

      Trug das Leid, für sie, so gern

      Aus des Schicksals harten Schlägen

      Schuf ich eine Freude mir:

      Alles trug ich ihretwegen,

      Trennt' das Los mich nicht von ihr.

      Und das Bild, das meinem Lieben

      Als


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