Der verliebte Dschinn. Zsolt Majsai
Ich drehe mich um und sehe ihn an. „James, manchmal bist du halt einfach auch nur ein Mann. Mark zeigt keinen Respekt Frauen gegenüber. Ganz abgesehen davon, dass er mich mit Blicken ausgezogen hat!“
„Gut, das finde ich auch nicht so toll, aber so ungewöhnlich ist das ja nun nicht. Du erlebst es doch jeden Tag, oder etwa nicht?“
„Ja, und meistens ignoriere ich es einfach. So weit kommt es noch, dass ich mich wegen schwanzgesteuerter Idioten in Kleidersäcke hülle!“
„Das verlangt doch niemand“, erwidert James lächelnd.
Warum lächelt er? Findet er die Vorstellung von Fiona in Kleidersäcken lustig?
Ich atme tief durch. „Reden wir nicht mehr darüber. Du willst wirklich keinen Kaffee?“
Er schüttelt den Kopf. Als ich an der Kaffeemaschine stehe, tritt er zu mir und legt die Arme von hinten um mich. Seine Nähe tut gut. Und seine Ruhe. Ich lehne den Kopf gegen seine Brust, während der Kaffee zubereitet wird, und warte.
Ich muss nicht lange warten.
Als wir am nächsten Samstag kurz nach drei Uhr nachmittags auf den Parkplatz fahren, ist er fast voll. Ich mustere beim Aussteigen die Autos. Ich wusste gar nicht, dass es so viele Ferraris in Skyline gibt.
„Hübscher Fuhrpark“, bemerkt James. „Vielleicht sollte ich mal die Marke wechseln.“
„Untersteh dich! Weißt du, wie unbequem so ein Ferrari oder Lamborghini ist?“
„Wann bist du denn damit gefahren?“
„Katharina hat so was.“
„Aha.“
Da Katharina ein gefährliches Thema ist, für mich zumindest, erst recht im Beisein von James, gehe ich nicht weiter darauf ein. Außerdem kommen wir am Haus an. Da wir schon bekannt sind, werden wir zum Büro durchgewunken.
Da wir angerufen hatten, bevor wir losfuhren, ist Mark nicht allein im Büro. Als Erste fällt mir eine künstliche Blondine auf, deren Augen so blau sind, dass sie niemals echt sein können. Nicht einmal Katharinas Augen … Ich stoppe meinen eigenen Gedanken und bemühe um einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck, während ich mich Mark zuwende, der hinter seinem Schreibtisch sitzt und mich mit einem leichten Lächeln beobachtet.
Ich sollte ihm den Mund geradebiegen.
„Hallo, Fiona“, sagt er. „Hast du dich erholt?“
„Erholt? Wovon?“, fragt die Blondine, die unechte. Sie trägt eine enganliegende, schwarze Lederhose, weiße Stiefeln und eine tiefausgeschnittene, weite Bluse. Aus welchem schlechten BDSM-Film ist die denn entsprungen?
„Von mir“, erwidert Mark. „Fiona mag keine Chauvis.“
„Du bist doch kein Chauvi!“, ruft BDSM-Blondie. „Da kenne ich ganz andere Typen!“
„Alles ist steigerungsfähig“, bemerke ich kühl. „Ich bin Fiona Flame.“
„Die Fiona Flame?“ BDSM-Blondie kriegt große Augen. „Die nackt auf dem Flughafen rumgerannt ist?“
Ich sehe James an, dass er sich nur mit Mühe beherrschen kann, während Mark sich gar keine Mühe gibt, sein Grinsen zu unterdrücken.
„Die Fiona Flame, die euren Poltergeist findet“, erwidere ich. „Und mit wem habe ich das Vergnügen?“
„Ich bin Rita Cameron“, sagte die BDSM-Blondie und reicht mir ihre Hand. „Vielleicht hast du schon mal von mir gehört.“
„Rennst du auch nackt auf Flughäfen herum?“
„Touché“, sagt Mark.
„Nein, man sieht mich ab und zu im Fernsehen. Bin aber noch nicht so richtig berühmt. Und ich war ein paar Monate mit Dave Zach zusammen.“
Nur mit Mühe kann ich die Frage, ob er denn wirklich so einen schlechten Geschmack habe, unterdrücken. Stattdessen wende ich mich an die anderen beiden, die noch da sind. Eine Frau und ein Mann, die mir bekannt vorkommen, aber nicht gemeinsam. Ich vermute, das sind die beiden, die beim Vögeln überrascht wurden.
„Wir haben Mark um Diskretion gebeten, sonst wären wir jetzt nicht dabei“, sagt der Mann.
Die Stimme. Die kenne ich. Endlich erkenne ich ihn.
„Hi, Robert“, sage ich grinsend. Ich sollte ihn nach Vera, seiner Frau fragen, aber das würde meine Arbeit vielleicht zu sehr erschweren. Außerdem brauche gerade ich eigentlich nicht die moralische Instanz zu spielen, nicht an so einem Ort. „Habt ihr beide den Poltergeist gesehen?“
Er nickt. „Sabrina und ich, wie waren in einem der privaten Zimmer, als plötzlich ein Mann am Fußende vom Bett stand. Und die Zimmertür war abgeschlossen.“
„Abgeschlossen? Also mit einem Schlüssel?“
„Mit einem Riegel, der vorgeschoben wird“, antwortet Sabrina, die ich nicht kenne. Eine Vierzigjährige, braunhaarig, mit einem eher burschikosen Charme. Ganz anders als Roberts zierliche Frau Vera, die eine Talk-Show moderiert. Von Robert kennen die meisten nur die Stimme, er arbeitet ja beim Radio.
„Wir hatten ihn vorgeschoben“, fährt Sabrina fort. „Und er war ganz sicher nicht vorher schon im Zimmer. Es gibt da einfach keine Möglichkeit, sich zu verstecken.“
„Ich verstehe. Könnt ihr ihn beschreiben?“
„Er war ziemlich groß und schlank. Sah irgendwie arabisch aus.“
„Er sah irgendwie arabisch aus? Wie sieht denn arabisch aus?“
„Na ja, dunkle, lange Haare, Bart, braune Augen, die Haut etwas dunkler.“
„Nun gut. Sonst noch etwas? Was hatte er an?“
„Einen Kaftan“, antwortet Robert.
„Einen was?!“
„Einen Kaftan, das ist eine Art Kleid ...“
„Ich weiß, was ein Kaftan ist“, unterbreche ich ihn. „Ich war nur überrascht. Passt jedenfalls zum arabischen Aussehen. - Wann fing alles an?“
„Im Spetember“, sagt Mark. „Seltsame Geräusche, dann die Erscheinung vor Sabrina und Robert, Gegenstände, die sich bewegten ...“
„Im Sommer“, sagt Rita ruhig. „Es fing im Sommer an.“
„Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass es im September war“, erwidert Mark.
„Es war im Sommer, am See. Etwas hat mein Gesicht gestreichelt.“
Wir starren alle Rita an.
„Davon hast du aber bisher nichts erzählt“, sagt schließlich Mark.
„Ich war mir unsicher, dachte lange, ich hätte nur halluziniert. Aber eben wurde mir klar, dass ich es mir nicht bloß eingebildet habe.“
Ich mustere sie und spüre, dass sie recht hat. „Ich möchte mir diesen See anschauen. Wo ist er?“
„Hier, auf dem Grundstück. Im Sommer nutzen ihn unsere Gäste zum Baden.“
„Aha, Outdoor-Sex habt ihr also auch im Angebot. Sehr schön.“
Ich ignoriere die irritierten Blicke und erhebe mich. Robert und Sabrina kommen nicht mit, aber Rita begleitet uns. Das ist mir auch ganz lieb, obwohl wir uns dadurch nicht ganz frei unterhalten können. Wobei, ich frage mich schon, was Mark denen eigentlich erzählt hat, wieso ich qualifiziert sein soll, einen Poltergeist zu jagen.
Zum See führt ein Fußweg, der jetzt schneebedeckt und bestimmt sehr romantisch ist, zumindest wenn man nicht so friert wie ich. Trotz dicker Jacke, Stiefel und Wollstrümpfe unter den Jeans. Ich verfluche mal wieder meine Empfindlichkeit Kälte gegenüber, die so völlig irrational ist, vor allem bei einer durchtrainierten Kriegerin wie mir.
Auch