Im Garten der Liebe. Barbara Cartland

Im Garten der Liebe - Barbara Cartland


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Watson zögerte und suchte offensichtlich nach den richtigen Worten, um es ihm zu erklären.

      »Sie hat sich der Pflege und Instandhaltung des Heilkräutergartens angenommen, Euer Gnaden«, sagte er dann.

      »Wäre das nicht eigentlich die Aufgabe der Gärtner gewesen?« entgegnete der Herzog befremdet.

      »Sie hätten nicht über das Wissen verfügt, das Miss Linton sich erworben hat.«

      »Und nur weil sie an dem Heilkräutergärtchen interessiert ist, das ich zugegebenermaßen seit Jahren nicht mehr besichtigt habe, steht ihr Ihrer Meinung nach ein Haus wie der Taubenschlag zu?«

      Mr. Watson bewegte sich unruhig und zeigte zum Erstaunen des Herzogs zum ersten Mal, seit er ihn kannte, so etwas wie Unsicherheit und Nervosität.

      »Heraus mit der Sprache, Watson«, forderte er ihn auf. »Sagen Sie mir die Wahrheit. Was steckt dahinter?«

      Mr. Watson lächelte verlegen wie ein ertappter Schulbub.

      »Die Wahrheit ist, Euer Gnaden«, sagte er, »daß Miss Linton im Dorf gebraucht wird.«

      »Was macht sie denn so unentbehrlich?« wollte der Herzog wissen. »Unterrichtet sie an der Sonntagsschule und besucht die Alten und die Kranken? Gütiger Himmel, Watson, in einem so kleinen Dorf kann es davon doch nicht viele geben!«

      »Es gibt sehr wenige, Euer Gnaden, und das ist Miss Lintons Verdienst.«

      »Was wollen Sie damit sagen? Das verstehe ich nicht!« entgegnete der Herzog unwillig.

      Wieder hatte er das Gefühl, daß ausgerechnet der geradlinige Watson sich vor einer klaren Aussage drückte.

      Um seinen Sekretär herauszufordern, fuhr er nicht ohne Schärfe fort: »Ich habe keineswegs die Absicht, den Taubenschlag irgendeiner langweiligen Betschwester zu überlassen, damit sie im Wohnzimmer Bibelstunden abhalten kann.«

      Dabei stellte er sich das kleine Haus mit den bleigefaßten bunten Glasscheiben, der niedrigen Balkendecke und den zauberhaften Stilmöbeln vor, und die Erinnerung daran bestärkte ihn in seiner Ablehnung.

      »Das trifft auf Miss Linton ganz gewiß nicht zu«, lautete Mr. Watsons Erwiderung. »Es gibt wohl weit und breit keinen Menschen, der so beliebt und so gefragt ist wie sie.«

      »Warum?« fragte der Herzog.

      »Weil sie die heilsame Wirkung von Kräutern genau kennt, Euer Gnaden, und wenn sich einer der Dorfbewohner verletzt hat oder wenn er krank ist, dann geht er zu ihr, wie vorher zu ihrer Mutter, als diese noch lebte, und wird geheilt. «

      Mr. Watson holte tief Luft, als müßte er für das, was er noch hinzufügen wollte, seinen ganzen Mut zusammennehmen: »Sie wird von den Leuten als weiße Hexe verehrt, Euer Gnaden.«

      »Gütiger Gott!« entfuhr es dem Herzog. »Wollen Sie mir etwa weismachen, daß es in unserem Zeitalter noch Menschen gibt, die an Hexen glauben?«

      »Ich habe weiße Hexe gesagt, Euer Gnaden, denn wo die Kunst der Ärzte versagt, entwickelt Miss Linton geradezu magische Heilkräfte.«

      Der Herzog lehnte sich zurück.

      »Vermutlich«, sagte er gedehnt, »hängt das damit zusammen, daß sich auf dem Lande alter Aberglaube länger hält und die Leute sich aus Mangel an Abwechslung alle möglichen verrückten Dinge einbilden, über die man sich anderweitig nur lustig macht.«

      »Ich glaube kaum, daß sich irgendjemand jemals über Miss Linton lustig gemacht hat.«

      Der Herzog horchte auf. Daß sich sein Privatsekretär derart für jemanden ins Zeug legte, war ungewöhnlich, pflegte er doch sonst mit seinem Lob über andere noch sparsamer umzugehen als sein Herr.

      »Ich will Ihnen sagen, was ich tun werde, Watson«, faßte der Herzog deshalb einen Entschluß. »Da ich ohnehin vorhatte, mich nach Mortlyn zu begeben, werde ich Miss Linton persönlich aufsuchen und dann entscheiden, ob ich sie für würdig befinde, eines unserer Häuschen zu bewohnen.«

      »Euer Gnaden werden gewiß die richtige Entscheidung treffen«, entgegnete Mr. Watson und machte damit deutlich, daß er nach wie vor den Taubenschlag für die geeignetste Unterkunft hielt.

      Beim Herzog rief das so etwas wie eine Trotzreaktion hervor. Niemals würde er irgendeiner faden Pfarrerstochter erlauben, sich dort häuslich niederzulassen, nahm er sich fest vor.

      Er wollte das Frühstückszimmer gerade verlassen, als Mr. Watson ihm hastig nachrief: »Da wäre noch etwas, Euer Gnaden!«

      »Was denn noch?« fragte der Herzog.

      »Mr. Pearce, Euer Gnaden Rechnungsführer, beauftragte mich, Euch davon zu unterrichten, daß Mr. Digby in den vergangenen zwei Wochen Schecks über nicht weniger als viertausend Pfund eingelöst hat.«

      »Viertausend Pfund! Was, zum Teufel, hat der Bursche damit vor?«

      Er erwartete darauf keine Antwort von Watson, denn er wußte es auch so. Sein Neffe Oliver Digby, der Sohn seiner älteren Schwester, war in Liebe zu einer bildhübschen, aber sehr anspruchsvollen Salonschönheit entbrannt, die es verstand, ihren Verehrern das Geld sehr schnell aus der Tasche zu locken.

      »Viertausend Pfund sind entschieden zu viel«, stellte der Herzog bei sich fest.

      Er begab sich in die Halle, blickte noch einmal über die Schulter zurück und sagte in scharfem Ton: »Schicken Sie einen Stallknecht zu Mr. Oliver, und lassen Sie ihm ausrichten, daß ich ihn unverzüglich zu sprechen wünsche!«

      »Sehr wohl, Euer Gnaden.«

      Der Herzog begab sich in sein stilvoll eingerichtetes Arbeitszimmer im Erdgeschoß, von dem aus die Gärten hinter dem Haus einzusehen waren. Es war mit unzähligen Büchern und einer Sammlung von Jagdbildern an den Wänden ausgestattet, um die der Herzog von seinen Freunden beneidet wurde.

      In seinem Arbeitszimmer nahm er hinter seinem geräumigen Schreibtisch Platz, auf dem ein Stoß Briefe auf seine Unterschrift wartete.

      Eine steile Falte hatte sich auf seiner Stirn gebildet.

      Ohne Zweifel war Oliver zu einem Problem geworden.

      Er hatte seiner Schwester Violet, die ihrem Gemahl nach seiner Ernennung zum Provinzgouverneur nach Indien gefolgt war, in die Hand versprochen, sich bis zu ihrer Rückkehr um ihren Sohn zu kümmern.

      Erwartungsgemäß hatte sich dieser gutaussehende junge Mann nach seiner Studienzeit in Oxford kopfüber in die Vergnügungen gestürzt, die ihm aufgrund seiner gesellschaftlichen Stellung geboten wurden. Der Herzog hatte verständnisvoll gelächelt, als ihm zu Ohren kam, daß sein Neffe mit seinen Freunden wilde Saufgelage veranstalte und sich in Nachtklubs austobe. All das war von einem lebenslustigen jungen Mann, der zum ersten Mal in seinem Leben von der Leine gelassen wurde, zu erwarten gewesen. Der Herzog war ohnehin immer der Meinung gewesen, daß seine Schwester ihren einzigen Sohn viel zu sehr verzärtelt hatte und es höchste Zeit wurde, einen richtigen Mann aus ihm zu machen.

      Aber viertausend Pfund waren ein kleines Vermögen, selbst für einen begüterten Mann wie seinen Schwager, Lord Digby.

      »Am besten wäre gewesen, sie hätten Oliver mitgenommen«, stellte der Herzog bei sich fest.

      Doch seine Schwester meinte, Oliver solle die gesellschaftliche Stellung einnehmen, die ihm zustand, und Gelegenheit haben, ein nettes Mädchen kennenzulernen, um eine standesgemäße Verbindung einzugehen.

      Oliver hatte sich jedoch mehr für hübsche Freudenmädchen interessiert, die in den Nachtklubs und Ballhäusern anzutreffen waren, und all die ehrgeizigen Mütter mit heiratsfähigen Töchtern enttäuscht, die ihn auf die Liste der begehrtesten Junggesellen gesetzt hatten. Vergebens hatten sie auf Bällen und Empfängen auf sein Erscheinen gelauert.

      Der Herzog unterzeichnete seine Geschäftspost und warf dann einen schiefen Blick auf den Stapel Briefe, den Watson in weiser Voraussicht ungeöffnet auf dem Schreibtisch aufgebaut hatte. Sie stammten samt und sonders von Damen der Gesellschaft, die


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