Dr. Daniel Staffel 3 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 3 – Arztroman - Marie Francoise


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bitte auf die Untersuchungsliege«, bat sie, dann trat sie neben Marita, öffnete ihre Hose und schob die Bluse ein wenig hoch, bevor sie sehr gewissenhaft den Bauch abtastete, doch dabei ergab sich kein krankhafter Befund. Schließlich nahm die Ärztin Maritas gestrecktes rechtes Bein, hob es hoch und drehte es ein wenig nach innen, doch nichts geschah. Bei einer Blinddarmentzündung hätte die Patientin jetzt Schmerzen empfinden müssen.

      »Also, der Blinddarm kann es meines Erachtens nicht sein«, folgerte Frau Dr. Carisi. Sie überlegte einen Moment. »Haben Sie schon daran gedacht, einen Gynäkologen zu Rate zu ziehen? Es handelt sich ja immerhin um den Unterleib, und da kämen als Krankheitsherde nicht nur der Darm, sondern auch Gebärmutter und Eierstöcke in Frage.«

      Marita richtete sich auf. Sie war jetzt sichtlich verlegen.

      »Dann muß ich bei Dr. Daniel ja auch noch ohne Termin aufkreuzen«, gab sie ihrer ärgsten Befürchtung Ausdruck.

      Die Ärztin lächelte. »Keine Sorge, ich werde Sie ankündigen, dann müssen Sie mit Fräulein Meindl keinen Kampf ausfechten.«

      Manon Carisi kannte die junge Empfangsdame von Dr. Daniel schon recht gut und wußte, daß sie unangemeldete Patientinnen nicht besonders schätzte.

      »Bitte, Frau Fendt, nehmen Sie noch einen Augenblick Platz, ich werde Dr. Daniel gleich anrufen.«

      »Soll ich nicht besser draußen warten?« fragte Marita fast ein wenig schüchtern.

      »Aber nein«, wehrte die Ärztin ab. »Es geht doch schließlich um Sie. Da dürfen Sie ruhig zuhören. Ich will mit Dr. Daniel ja keine Geheimnisse austauschen.«

      Sie hob den Hörer ab, wählte die Nummer der Praxis und ließ sich dann mit Dr. Daniel verbinden. Sie freute sich, daß sie auf diese Weise Gelegenheit hatte, sich mal wieder mit ihm zu unterhalten.

      Es war schon ein paar Monate her, seit sie sich in der Schweiz kennengelernt hatten. Dr. Daniel hatte sich zur Erholung dort aufgehalten, weil ihn der Tod einer Patientin sehr mitgenommen hatte, und Manon hatte versucht, während eines Skiurlaubs die Ereignisse um den tragischen Unfalltod ihres Mannes zu verarbeiten. Dr. Daniel hatte ihr dabei sehr geholfen. Dann hatte sie die Praxis des alten Dr. Gärtner übernommen, ohne zu wissen, daß Dr. Daniel im gleichen Ort als Gynäkologe tätig war. Beide hatten sich gefreut, daß ihre Freundschaft, die in der Schweiz ihren Anfang genommen hatte, nun weiterbestehen konnte. Zu mehr als Freundschaft war keiner von ihnen bereit. Dazu war die Erinnerung an ihre verstorbenen Ehepartner noch zu schmerzlich. Aber vielleicht war es gerade diese harmlose und doch sehr innige Freundschaft, die den beiden so guttat.

      »Hallo, du untreue Seele«, begrüßte sie ihn jetzt. »Hier ist Manon.«

      »Na, das ist aber eine Überraschung«, entgegnete Dr. Daniel erfreut. »Läßt du auch mal wieder etwas von dir hören?«

      »Das sagst ausgerechnet du«, hielt Manon dagegen. »Seit Wochen hast du dich nicht mehr bei mir blicken lassen. Und ›Telefongespräch‹ scheint für dich ein Fremdwort zu sein.«

      Dr. Daniel seufzte. »So etwas ähnliches sagt Schorsch auch immer. Dr. Sommer, du erinnerst dich vielleicht noch an ihn.«

      »Also hör mal! Ich werde doch deinen besten Freund nicht vergessen! Ein sympathischer Mann.«

      »Und schwer verheiratet«, ergänzte Dr. Daniel scherzhaft.

      »Könntest du diese Anzüglichkeiten bitte unterlassen?« fragte Manon, lächelte aber dabei. Schließlich wußte sie, daß Dr. Daniel nur einen Scherz gemacht hatte. »Außerdem rufe ich nicht zu meinem Privatvergnügen an.«

      »Schade«, urteilte Dr. Daniel. »Du willst mir also Arbeit aufhalsen.«

      »Richtig. Auch auf die Gefahr hin, daß ich dich dann überhaupt nicht mehr zu Gesicht bekomme. Nein, im Ernst, Robert, es geht um Frau Fendt. Sie kam heute zu mir in die Praxis, weil sie gestern plötzlich starke Schmerzen bekommen hat, die einige Minuten lang anhielten. Obwohl der Schmerz in der linken Unterbauchseite lag, konnte ich eine Blinddarmentzündung nicht ausschließen, aber die Untersuchung hat diesbezüglich nichts ergeben. Vielleicht solltest du dir die Patientin mal anschauen. Ich denke da vielleicht an eine Eierstockentzündung, obwohl der Schmerz dafür möglicherweise zu stark war.«

      »In Ordnung, Manon. Schick die Frau zu mir herüber. Ich werde mir gleich für sie Zeit nehmen.«

      »Das ist fein.« Sie schwieg einen Moment. »Augenblick noch, Robert.« Dann deckte sie eine Hand über die Sprechmuschel. »Frau Fendt, Sie können gleich zu Dr. Daniel hinübergehen. Er erwartet Sie bereits.«

      Marita stand auf und gab der Ärztin die Hand. »Danke, Frau Doktor. Auf Wiedersehen.«

      Manon wartete, bis die junge Frau das Zimmer verlassen hatte, dann nahm sie den Hörer wieder ans Ohr.

      »Robert? Bist du noch da?«

      »Ich werde mich hüten, einfach aufzulegen, wenn du mich gebeten hast, am Apparat zu bleiben.«

      Manon lachte. »Seit wann hast du so große Angst vor mir?« Sie wartete eine Antwort gar nicht erst ab, sondern fuhr fort: »Mein lieber Robert, heute abend erwarte ich dich. Ich werde uns etwas Feines kochen, und dann lassen wir den Abend mit einem guten Glas Wein ausklingen. Und wenn du mich versetzt, werde ich bitterböse auf dich sein.«

      »Irene wird mich zwar vierteilen, wenn ich sie heute auf ihrem Abendessen sitzenlasse, aber wenn du mich auch in Vierteln haben möchtest, dann komme ich gern.«

      »Du übertreibst maßlos, mein Freund«, hielt Manon ihm entgegen. »Deine Schwester ist eine sehr liebenswerte Person und…«

      »Ich doch hoffentlich auch«, fiel Dr. Daniel ihr ins Wort.

      »Das muß ich mir erst noch überlegen«, entgegnete Manon. »So, und jetzt werfe ich dich einfach aus der Leitung. Auf mich wartet nämlich noch Arbeit. Wir sehen uns dann heute abend.« Und das klang fast wie eine Drohung.

      Dr. Daniel schmunzelte. »Ja, Manon, ich freue mich.«

      *

      Es dauerte nicht einmal eine Viertelstunde, bis Marita Fendt die Praxis von Dr. Daniel betrat, und obwohl Manon Carisi sie angemeldet hatte, konnte sich Marita eines unguten Gefühls nicht erwehren.

      »Guten Morgen, Fräulein Meindl«, begrüßte sie die junge Empfangsdame. »Frau Dr. Carisi hat mich vor ein paar Minuten telefonisch bei Dr. Daniel angemeldet.« Sie senkte den Kopf. »Es tut mir sehr leid, daß ich unangemelet komme, aber… ich hatte gestern schreckliche Schmerzen, und… die Frau Doktor meinte… na ja, es könnte etwas mit dem Unterleib sein.«

      Gabi Meindl schätzte es zwar nicht besonders, wenn Patientinnen unangemeldet kamen, doch Marita war so verlegen, daß Gabi unwillkürlich Mitleid mit ihr bekam. Außerdem war die Tatsache, daß Manon Carisi die Patientin persönlich angemeldet hatte, ja nun auch nicht gerade unmaßgeblich.

      »Nehmen Sie noch einen Augenblick im Wartezimmer Platz, Frau Fendt. Der Herr Doktor wird sicher gleich für Sie Zeit haben«, erklärte sie in ungewöhnlich sanftem Ton. Meistens mußten unangemeldete Patientinnen bei ihr mit einer gehörigen Portion Zynismus rechnen – es sei denn, es handelte sich um schwangere Frauen. Die durften ja jederzeit zum Doktor kommen, was sogar Gabi – wenn auch nur zähneknirschend – akzeptierte.

      Es dauerte dann auch tatsächlich nicht allzu lange, bis die Sprechstundenhilfe Sarina von Gehrau ins Wartezimmer trat und Marita ins Ordinationszimmer begleitete. Bei ihrem Eintreten stand Dr. Daniel auf und kam ihr mit einem freundlichen Lächeln entgegen.

      »Guten Morgen, Frau Fendt«, begrüßte er sie, dann bot er ihr Platz an und setzte sich ebenfalls wieder. »Meine Kollegin hat mir ja schon in groben Zügen geschildert, worum es in Ihrem Fall geht, aber vielleicht beschreiben Sie mir doch noch einmal genau, was gestern vorgefallen ist.«

      Marita nickte, während sie wieder nervös ihren Ehering drehte. »Es ist… ich hatte gestern nachmittag schreckliche Schmerzen.« Sie zuckte die Schultern. »Ich habe es zu Frau Dr. Carisi schon gesagt… es dauerte nur ein paar Minuten, und dann


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