THE ASCENT - DER AUFSTIEG. Ronald Malfi

THE ASCENT - DER AUFSTIEG - Ronald  Malfi


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die letzten Jahre ziemlich weit gebracht.«

      Andrew lachte, aber ich zweifelte an der Echtheit seines heiteren Getues. Es klang abgehackt, laut, schien erzwungen zu sein. Er saß ohne Oberteil an unserem Tisch, mir gegenüber. Die Haut wies einen starken Sonnenbrand auf, sodass es schmerzte, ihn nur anzusehen, und seine Brustwarzen wirkten wie zwei identische geschwollene Blasen. Ich machte weiter: »Hannah schätzt so was nicht, aber …«

      »Ich habe dich gefragt, nicht Hannah.«

      »Nein, danke.«

      »Denk drüber nach. Du bist gut in Form.«

      Ich konnte mir nicht vorstellen, warum gute körperliche Fitness eine wichtige Rolle beim Reinballern von Koks oder anderen Rauschmitteln spielen sollte, also brachte ich ein verlegenes, falsches Lächeln heraus und wartete sehnsüchtig auf die baldige Rückkehr meiner Liebsten von der Toilette.

      In derselben Nacht, nach einem üppigen Dinner und einem darauf folgenden langsamen, lethargischen Einschlafsex, lagen Hannah und ich uns in den Armen. Die Fenster unseres Zimmers standen offen und ich wurde durch die Laute eines offensichtlich in der Ferne stattfindenden Disputs aus dem Schlaf geweckt.

      Ich starrte hinauf zur Decke, die langsam von den Schatten verschluckt wurde, rieb meinen Fuß gegen den von Hannah und lauschte eine ganze Weile dem hitzigen Wortwechsel. Ich vernahm ein leises Murren von Hannah, war mir jedoch im Ungewissen darüber, ob sie schlief oder nicht. Ich lehnte mich über sie, strich ihr sanft die Haare vom Gesicht und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Auf ihren Lippen zeichnete sich ein schwaches Lächeln ab. »Ich gehe etwas Luft schnappen.«

      »Hmm«, antwortete sie schlaftrunken.

      Draußen schnappte ich mir – wie die vorangegangenen drei Nächte auch – ein Fahrrad aus dem Inventar des Hotels und fuhr damit über das Gelände auf die jenseitige Straße. Die dem Urlaubsresort zugehörigen Areale wurden penibel sauber gehalten. Sie waren frei von jeder Unebenheit, Müll und sonstigem Diskomfort, wohingegen die Straßen außerhalb ein völlig anderes Bild abgaben. Sie lagen im Dunkeln, oftmals wehte ein starker Wind durch sie hindurch und Autos rasten ohne jede Vorsicht darüber, die oft das ein oder andere Lämpchen vermissen ließen, mit bis zum Anschlag durchgetretenem Gaspedal. Und in den Straßengräben irrten Hühner umher, welche durch ihre eigene Scheiße wateten.

      Zu Fuß hätte ich die unbeleuchteten Nebenstraßen der Insel gemieden; zu groß war meine Sorge, irgendwelchen, zwielichtigen Gestalten mit zweifelhaften Absichten über den Weg zu laufen. Auf dem Rad hingegen fuhr ich unbesorgt an den Einheimischen vorbei, die mir oft einen verschlagenen Blick zuwarfen, und konnte auch den meisten Fahrzeugen ausweichen, deren Fahrern offensichtlich der Versuch Freude bereitete, mich von der Straße zu drängen. Wäre es ihnen gelungen, wäre ich mehr als 40 Meter in die Tiefe gestürzt.

      Ich fuhr auf einer gewundenen, einspurigen Straße, die sich um das hügelige Terrain nach oben schlängelte. Meine Pulsfrequenz stieg an und ich konnte spüren, wie mir der Schweiß über den Rücken lief. Oben angekommen konnte ich eine Seite der Stadt überblicken und auch einige der großen Kreuzfahrtschiffe unten am Hafen waren gut zu erkennen. Ich stieg vom Rad und legte es ins Gras. Es war unmöglich, die Höhe, auf der ich mich befand, zu schätzen, da ich in der Dunkelheit von meinen visuellen Fähigkeiten nicht vorbehaltlos überzeugt war. Doch auf dieser Höhe war meine Atemfrequenz, die ich ansonsten immer in einem bestimmten Bereich zu halten versuchte, schneller als gewöhnlich, wobei dies auch Einbildung sein konnte. Schwach drang die Melodie von Calypso-Musik an meine Ohren, ebenso das Geschnatter von unsichtbarem Phantomgeflügel. Zwischen den dicht stehenden Bäumen war schwacher Lichtschein aus mit Holz verschalten Häusern zu erkennen, die sich in der Nähe auf dem Scheitel der Klippe befanden. Immer noch außer Atem von der anstrengenden Fahrt trat ich zwischen die Bäume und kam auf einer Lichtung heraus.

      Das nächste Haus – eher eine runtergekommene Hütte, wie in den Werbungen, in denen um Spenden gebeten wird, während Kinder im Bild barfuß durch Schmutzwasser laufen – besaß an der Front einen Windfang aus Tuch. Große Stücke des Stoffes waren bereits herausgerissen und hinweggefegt worden, während an manchen Stellen Fetzen wie dreieckige Pizzaschnitten vom Tuch herabhingen. Diffuses Licht drang aus der Nähe des Türaufgangs. Ich hörte das Surren eines elektrischen Fliegenfängers irgendwo in der Nähe.

      Ich setzte mich auf die Stufen des Windverschlags und wischte mir den Schweiß von den Augen. Mein Schatten lag ausgestreckt im braunen Gras, umgeben von einem Rahmen aus tanzendem Licht. Um mich herum flackerte zitternd das Licht aufgestellter Kerzen. Viele waren aber nicht angezündet. Einige ragten aus Flaschenhälsen hervor, andere wiederum waren zusammengepresst zu einer Masse aus Wachs. Ich schnappte mir eine Kerze und hielt sie über den brennenden Docht einer anderen, so lange, bis heißes Wachs auf den Boden tropfte und sie sich formen ließ. Zunächst formte ich sie zu einer Kugel, anschließend zog ich sie etwas auseinander, in eine ovalere Gestalt. Mit den Fingern drückte ich Augenhöhlen in das Wachs und mit einem Fingernagel zeichnete ich die Linien eines Mundes und die dazu gehörenden Lippen nach. Ich wusste nicht, wie lange ich dort gedankenverloren meiner Beschäftigung nachgegangen war, bevor hinter mir eine Tür geöffnet wurde.

      »Sieh mal an. Du bist also doch gekommen«, sagte Andrew.

      Ich hatte keine Ahnung, warum ich hier aufgekreuzt war, und ich verspürte keinerlei Lust, mich mit irgendwelchem Rauschmittel abzuschießen, doch noch weniger war ich an einer weiteren Begegnung mit Hannahs ehemaligem Collegefreund interessiert. Trotzdem war ich hergekommen, an die Stelle, die er mir beschrieben hatte, und das Warum entzog sich weiterhin meiner Kenntnis.

      »Ich glaube, dass du mich herbeschworen hast«, sagte ich, während ich das Wachs wegschleuderte und aufstand. Im selben Moment, in dem ich die Worte ausgesprochen hatte, bereute ich sie auch schon. Es kam beinahe einem Geständnis gleich und klang, als ob er irgendeine Macht über mich hatte.

      Andrew trug ein salopp sitzendes Baumwollhemd, sowie eine mit Blumen verzierte, kurze Hose, deren Saum ihm knapp unterhalb der Knie hing. Er stand auf der obersten Stufe und nahm mich in Augenschein. »Ich bin froh, das du gekommen bist. Bist du bereit?«

      »Bereit wofür?«

      »Bereit fürs Fliegen.«

      Ich nickte in Richtung der baufälligen Behausung. »Ich hatte angenommen, wir… du weißt schon …«

      »Komm.« Er sprang die Stufen hinunter und rauschte an mir vorbei in Richtung der Bäume.

      Ich folgte ihm.

      Die Äste über unseren Köpfen wuchsen so dicht beieinander, dass das Mondlicht nicht bis zum Boden vordringen konnte. Als wir an der Stelle ankamen, an der ich das Rad niedergelegt hatte, und von der sich eine tolle Aussicht über die Stadt bot, drehte sich Andrew von mir weg, legte die Hände auf die Hüften und bog den Rücken durch. Ich hörte seine Wirbelsäule knacken.

      »Du lebst in der Bruchbude?«

      »Bin seit etwa acht Monaten hier. Ich habe eine weitere Unterkunft in New York. Mein Vater war unanständig reich. Ihm gehörte eine Ölförderfirma. Als er verstarb, erbte ich sein ganzes Vermögen. Ich zerstückelte das Unternehmen und verkaufte es an die Japaner.«

      »Und womit verbringst du deine Zeit?«

      »Mit allem, was ich möchte«, antwortete er achselzuckend. Er musste sich nicht zu mir drehen, damit ich sein Grinsen sehen konnte – ich wusste einfach, das er grinste.

      Nach einer Weile fragte ich ihn, wohin wir unterwegs waren. Der Drang, mich wieder auf das Rad zu setzen und die ganze Strecke zurück zu Hannah zu fahren, war beinahe überwältigend. Andrew zeigte mit einem ausgestreckten Arm an einen bestimmten Punkt. Ich sah in die entsprechende Richtung, konnte aber außer dem Ende der Klippen nichts weiter erkennen.

      »Ja, sehr komisch. Fliegen, hm? Hast du das mit Fliegen gemeint?«

      »Ich habe es nicht nur gemeint. Ich habe es auch gesagt, oder nicht?« Er sah mich wieder an und grinste unter einer teilweise hochgezogenen Braue. Seine Augen schienen im Licht des Mondes zu glühen. Er zog das Hemd aus und warf es achtlos ins Gras.

      »Ich war eigentlich


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