Handbuch der praktischen Kinematographie. Franz Paul Liesegang

Handbuch der praktischen Kinematographie - Franz Paul Liesegang


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heraus, welches er zur Ausarbeitung für besonders geeignet hält und das er glaubt auf eine möglichst hohe Stufe der Vollendung bringen zu können. Man möchte wohl sagen, über die verschiedenen Systeme und ihren Vorrang zu disputieren, sei ein Streit um des Kaisers Bart, und das ist es auch wohl mehr oder minder. Vor allem muß man berücksichtigen, daß jedes System einen weiten Spielraum in bezug auf die Art der Ausarbeitung bietet und daß gerade die zweckmäßige Ausarbeitung, in Verbindung natürlich mit guter Ausführung, für die Leistung ausschlaggebend ist.

      Wenn man sich die Aufgaben vor Augen hält, die an den Kinematograph-Mechanismus gestellt werden: ruhiges Stehen des Bildes, hinreichend starkes »Tempo«, sodaß das Flimmern auf ein Minimum reduziert ist, dabei Schonung der Films und möglichst geringe Abnutzung des Werkes; wenn man ferner die Arbeitsweise der verschiedenen Systeme verfolgt, so wird man finden, daß jedes System in bezug auf die Lösung jener Aufgaben seine Eigenheiten hat, indem es hier Vorzüge und dort Schwierigkeiten bietet. Gewiß mag nun bei dem einen das Maß der Schwierigkeiten ein größeres sein als beim andern: aber deshalb ein solches System an sich zu verwerfen oder ihm die Möglichkeit der Konkurrenz abzusprechen, wäre verfehlt. Es ist eben Sache der Ausarbeitung, diese Schwierigkeiten zu überwinden und gleichzeitig die Vorzüge auszunützen.

      Eine zweite, andere Frage ist die: wie steht es in der Praxis mit Ausarbeitung der verschiedenen Systeme? — Wenn man da umblickt, ist es interessant zu beobachten, daß eines der Systeme mit der Steigerung der Anforderungen immer mehr vernachlässigt wurde, nämlich der Greifer. Während er allerdings für Aufnahme-Apparate, wo die Anforderungen wesentlich andere sind, besonders beliebt ist und wegen seiner sicheren, gleichmäßigen Arbeitsweise als sehr zweckmäßig befunden wird, gelangt er bei Projektions-Mechanismen in der Tat verhältnismäßig nur wenig zur Anwendung, trotzdem gerade der erste erfolgreiche Kinematograph mit einem Greifer versehen war. Und nicht ohne Grund sind ihm die Konstrukteure weniger hold: denn beim Greifer ein hinreichend starkes »Tempo« zu erzielen, unter zufriedenstellender Lösung der andern Aufgaben, erschien ihnen weniger leicht. Erklärlicherweise wandten sie sich lieber denjenigen Systemen zu, deren Durcharbeitung eher zum Ziele zu führen versprach, und das waren insbesondere das Malteserkreuz und der Schläger. Diese beiden Typen findet man daher weitaus am meisten vertreten. Der Nockenapparat, der eine Zeitlang das Feld erobern wollte, ist wieder in den Hintergrund getreten.

      Vielfach begegnet man Vorurteilen gegen eines dieser Systeme und es wird auch wohl zuweilen Propaganda für und wider gemacht. In manchen Fällen mag ein mangelhaft ausgearbeitetes Werk den Besitzer zu der Ansicht geführt haben, das betreffende System sei minderwertig. Demgegenüber betone ich nochmals, daß durchaus nicht die Frage: ist es dies oder jenes System, ist es ein Schläger oder ein Malteser, für die Leistung des Apparates maßgebend ist, sondern die Art der Ausarbeitung und der Ausführung. Insbesondere ist das Mißtrauen gegen den Schläger, das von interessierter Seite groß gezogen wird, durchaus unbegründet; es ist im Gegenteil erwiesen, daß bei einem zweckmäßig gebauten und gut gepflegten Schläger die Filmschonung eine vorzügliche ist, ja, daß er auch verhältnismäßig stark beschädigte Filmbänder noch sicher transportiert.

       Inhaltsverzeichnis

      Wir können nun zur Betrachtung des zweiten Apparatteiles, der Türe mit der Bremsvorrichtung, übergehen. Ihre Aufgabe besteht darin, die Filmbilder in »Projektionsstellung« zu halten und zu verhindern, daß das Band bei dem Ruck, den es bei jeder Wechslung erhält, zu weit vorwärts fliegt.

       Fig. 17.

      Die Türe ist zweiteilig; sie besteht aus einer am Apparat fest angebrachten Platte A und einer daran aufklappbaren Platte B. Beide haben eine Öffnung für die Lichtstrahlen, welche an dieser Stelle das Filmbild kreuzen. Die Platte A ist ferner in der Richtung von oben nach unten mit einer vertieften »Bahn« versehen, worin das Filmband läuft, während die Platte B zwei Längsfedern F F besitzt. Legt man nun den Film in die Bahn der »Türe« ein und klappt die Platte B zu, wobei sie in das Schloß S einschnappt, so drücken die Federn rechts und links auf den Rand des Filmbandes und klemmen dieses fest.

      Bei genauer Betrachtung wird man in der Türe noch eine Vorrichtung zur Schonung des Film finden. Der mittlere Teil der Bahn, in welcher das Filmband läuft, ist nämlich vertieft, derart, daß der Film nur an den beiden Seiten aufliegt; er läuft sozusagen auf Schienen und wird durch die Federn dagegen gedrückt. Das mittlere Stück des Film, welches das photographische Bild enthält und welches besonders gegen Verkratzen geschützt werden muß, bewegt sich daher in der Türe ganz frei und kommt mit keinem Teile desselben in Berührung.

      Die Abbildung (Fig. 17) zeigte die wesentlichen Bestandteile der Türe; die Ausführung kann aber auch anders sein. So wird zuweilen die Platte B an die Platte A oben angehängt oder zum Aufklappen nach unten eingerichtet. Oder es werden an der Platte B auf beiden Seiten statt einer langen Feder deren mehrere kleine, z. B. drei, übereinander angebracht, wobei allerdings eher ein Verbiegen der Federn und dadurch eine Beschädigung des Film zu befürchten ist. Die früher übliche Verwendung von Sammet zur Auflage des Filmbandes ist zu verwerfen, da derselbe abschleift und sich außerdem Teilchen darin festsetzen, die den Film verkratzen.

      Eine andere Form der Türe zeigt eine doppelte Federung; die Längsfedern sitzen dort auf einer Platte, die wieder federnd an der Platte B befestigt ist. Oder es gelangt eine Schienenplatte zur Anwendung; hierbei drücken die Längsfedern nicht direkt auf den Film, sondern diese wirken auf eine mit seitlichen Schienen versehene Platte, welche mit den Schienen den Film rechts und links am Rande anpreßt.

      Um den Film in der Türe recht fest einzuklemmen, hat man wohl auch die Schienen der Bahn oben und unten mit Vertiefungen (natürlich abgerundet) versehen, in welche die Federn ihn hineinpressen und die ihn zwingen, dort einen kleinen Knick zu machen. Zu weit darf man aber mit dem Festklemmen des Filmbandes nicht gehen; denn je fester der Film in der Türe sitzt, desto stärker muß der Bewegungsmechanismus an ihm reißen, um ihn vorwärts zu bekommen, desto leichter kann also durch den Ruck eine Beschädigung erfolgen. Die Stärke der Bremsung muß dem Bewegungsmechanismus so angepaßt sein, daß das »Vibrieren« des Bildes nach Möglichkeit verhindert und daß gleichzeitig der Film möglichst wenig »strapeziert« wird.

      Zu erwähnen ist noch eine zuweilen benutzte Anordnung, die darin besteht, daß der Film bei seiner Ruhestellung in der Türe fest eingeklemmt und während des Wechselvorganges freigegeben wird. Es geschieht dies mittels eines vom Werke angetriebenen Exzenters. Diese Vorrichtung gelangte z. B. gelegentlich zur Verwendung beim Nockensystem, wobei es dazu diente, zu verhindern, daß einerseits der Film zur falschen Zeit von den Trommeln mitgenommen wird und andrerseits, daß sich der Bausch von oben in die Türe einschiebt.

      Vielfach bringt man in gewissem Abstande hinter der Türe, und zwar nach der Laterne zu, ein Hitze-Schutzschild an; diese Platte ist mit Asbest beschlagen und hat einen Ausschnitt, der gerade so groß ist, daß das zur Beleuchtung des Filmbildes erforderliche Strahlenbündel hindurchgeht. Dieses Schild soll die überflüssigen Lichtstrahlen auffangen, welche sonst auf die Metallteile der Türe treffen und diese erwärmen.

      Bei der Konstruktion der Türe und deren Einbau in den Apparat ist darauf zu achten, daß der durchlaufende Film nicht oben und unten, wo er ein- bezw. austritt, gegen die Kante schlägt und sich scheuert; die Platte wird dort entsprechend abgerundet oder es wird, wenn nötig, eine kleine Rolle angefügt.

       Inhaltsverzeichnis

      Den Bildwechsel beim Kinematograph, also die Zeit, während welcher der Film um ein Bild weiterbewegt wird, deckt man durch eine Verschlußscheibe ab, für die sich die allerdings auch sonst gebrauchte Bezeichnung »Blende« eingebürgert


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