Leni Behrendt Staffel 1 – Liebesroman. Leni Behrendt
Man lachte fröhlich, was man auch unbeschwert tun konnte. Denn Dina war glücklich, ihr Liebster war glücklich, die ganze Familie war glücklich, also Glückes genug.
Jetzt brauchte Brunbach erst gar nicht das Darlehen der Trutzgers, denn die Mitgift, die Dina erhielt, war beträchtlich. Und daß sie diese dem geliebten Mann unumschränkt in die Hände gab, war für sie so selbstverständlich wie für ihre Eltern auch. Und daß diese Selbstverständlichkeit Brunbach nie zur Fessel werden konnte, dafür bürgte der vornehme Charakter dieser Menschen.
Als die Sektpfropfen knallten, sagte der Freiherr lachend:
»Jetzt weiß ich auch, was die Frau Gräfin mit ihrem Verslein meinte. Leider kann ich es nicht wiedergeben.«
»So tu du es, Röslein«, wandte sich die glückliche Dina an Rosita. Sie tat es, und man amüsierte sich köstlich. Nur Rosita mußte sich zur Fröhlichkeit zwingen.
Nun hatte sie zwei Paaren zu ihrem Glück verholfen, nur sie selbst konnte sich nicht helfen.
Bin ich denn so anspruchsvoll? fragte sie sich traurig. Die Antwort darauf hätte der Mann ihr geben können, den sie so qualvoll liebte – allein, sein harter Mund blieb geschlossen.
*
Vier Wochen später fand die Vermählung des jungen Paares statt, weil der Bräutigam seine Ungeduld nicht länger zügeln mochte. Und da es dem jungen Kyrt genauso erging, wurde es eine Doppelhochzeit. Die Trutzgers betrachtete man als Ehrengäste, und die schönste der Damen war entschieden die junge Gräfin.
»Sie ist wie ein Traum«, schwärmte ein junger Mann. Und man widersprach ihm nicht.
Nachdem das feierliche Zeremoniell vorüber war und man die Festtafel hinter sich hatte, verschwanden die beiden jungen Paare, um sich auf die Hochzeitsreise zu begeben. Sie ließen eine fröhliche Hochzeitsgesellschaft zurück, die es sich in dem gastlichen Hause wohlsein ließ. Rosita war von den Tänzen am laufenden Band schließlich so erschöpft, daß sie sich nach einem Plätzchen umsah, wo sie ein wenig verschnaufen konnte. Und schon schob sich eine Hand unter ihren Arm und zog die kleine Frau, ihres Sträubens nicht achtend, in den Wintergarten, in dem sich augenblicklich kein Mensch aufhielt.
»Was fällt dir ein?« begehrte sie auf. »Das ist Freiheitsberaubung, verstehst du!«
»Nein«, entgegnete der Gatte gelassen, sie dabei in eine Polsterbank drückend, die hinter einer Palmengruppe versteckt stand. Seelenruhig nahm er dann neben Rosita Platz, die ihn böse ansah.
»Ich habe Durst.«
»Dem kann abgeholfen werden. Ich hole uns was zu trinken. Aber wehe, du kneifst aus!«
»Schau mal an, der gebieterische Herr Gemahl.«
»Mein liebes Kind, laß es nicht darauf ankommen, daß ich den herauskehre.«
Damit ging er, und Rosita wagte es nicht, sich von der Stelle zu rühren. Denn wie hart und unnachsichtig der Gatte sein konnte, hatte sie ja an dem Abend erfahren müssen, der wie eine Warnung vor ihr stand. Außerdem tat es gut, in dieser Stille zu verharren, in der die Musik vom Saal her nur ganz gedämpft herüberklang. Sie lehnte sich zurück, schloß die Augen und summte die Melodie leise mit. Wie ein schillernder Schmetterling wirkte sie in ihrem duftigen Kleid auf dem dunkelroten Plüsch der Polsterbank.
»Na also«, sprach da eine sonore Stimme neben ihr. »Hab’ ich doch gewußt, was so einer unvernünftigen kleinen Frau guttut nach den vielen Tänzen. Laß deine Anbeter nur ohne dich fertig werden, du bist bei mir immer noch am besten untergebracht.«
Während er sprach, hatte er eine kleine Flasche Sekt geöffnet und schenkte den perlenden Traubensaft in die Gläser.
»Schön«, sagte Rosita verträumt, ohne dabei ihre Stellung zu verändern. »Sekt und ›Wilde Rose‹, das paßt wunderbar zusammen.«
»Wenn du dich nur nicht irrst, mein Kind. Sekt ist ein edles Getränk, und die ›Wilde Rose‹ gibt nur ihre Hagebutte ab, aus der man höchstens einen simplen Saft kriegen kann.«
»Pfui, Detlef!« entrüstete sie sich. »Kannst du denn deiner Frau nie etwas Schmeichelhaftes sagen?«
»Ich werde mich hüten. Und nun trink aus, damit das edle Naß nicht verperlt. Worauf trinken wir?«
»Auf die jungen Ehepaare natürlich. Auf daß ihr Glück ewig währen möge.«
Sie trank in durstigen Zügen, und als das Glas geleert war, lachte sie ihren Mann lieblich an.
»Jetzt habe ich ganz bestimmt einen Schwips.«
»Kann ich mir denken«, entgegnete er trocken. »Sekt ist ja schließlich kein Wasser.«
Er sprach nicht weiter, weil ein Paar sichtbar wurde, in dem die Gatten Marlene Grandt und den Tierarzt Doktor Preil erkannten, der sich vor einem halben Jahr in dem nahen Kirchdorf niedergelassen hatte. Er war bestimmt kein Adonis, aber das, was man einen herzensguten Kerl nennt. Als Sohn eines Freundes des Herrn Grandt hatte man ihn in dem Waldhaus herzlich aufgenommen. So fand er sich oft dort ein, spielte mit dem Hausherrn Schach oder auch Skat, sofern ein dritter Mann zugegen war.
Und während der Besuche hatte er sich in Marlene verliebt. Sie war gerade die Frau, die er brauchte. Bisher konnte er jedoch kein Plus bei ihr verzeichnen, weil Marlenes Herz immer noch zu sehr von dem Grafen Trutzger erfüllt war. Das wußte Preil natürlich nicht, und wenn, hätte er wohl ungerührt gesagt: »Mein liebes Kind, die Sterne, die begehrt man nicht.«
Wenn Marlene nur gewußt hätte, daß dieser »Stern« so greifbar nahe hinter der Palmengruppe funkelte, wäre sie dem Arzt nicht so bereitwillig gefolgt, wie es jetzt der Fall war. Er zog sie in eine Ecke, wo wiederum hohe Fuchsienbäume ein gutes Versteck boten. Dort ging er denn sogleich forsch auf sein Ziel los.
»Na, Marlenchen, wann wirst du meine Frau?«
»Herr Doktor, ich muß doch sehr bitten!« fuhr sie empört auf. »Haben Sie mich etwa hergelotst, um mir das zu sagen?«
»Natürlich«, gestand er gemütlich. »Hier ist doch die beste Gelegenheit dazu.«
»Und wenn ich Sie nicht liebe?« fragte sie spitz.
»Das macht nichts, Marlenchen, die Liebe findet sich in der Ehe schon. Nun mal ehrlich, bin ich nicht ein Kerl, der sich sehen lassen kann?«
»Das ganz gewiß.«
»Na also! Dazu habe ich eine gute Praxis, die uns und ein paar Kinderchen gut ernährt. Schulden besitze ich keine, dafür aber ein stattliches Guthaben auf der Bank. Mir gehört das Haus, in dem ich wohne, es ist mit den Möbeln meiner Eltern, die leider schon tot sind, gemütlich möbliert. Sechs Zimmer, Marlenchen, mit allem Drum und Dran. Eine Hausgehilfin kannst du dir auch leisten, dafür reicht es allemal. Und wenn du jetzt noch nein sagst, bist du ein törichtes Mädchen.«
Jetzt mußte sie denn doch lachen, wobei er vergnügt mittat.
»Nun, Marlenchen, gilt’s? Schau mal, ich bin ja kein Dichter, der schöne Worte machen kann, sondern Tierarzt. Und die Viecher, die ich behandele, haben mir keine Poesie beigebracht. Liebst du Tiere?«
»Ja.«
»Das freut mich ehrlich. Ich liebe sie auch und gehe daher vorsichtig mit ihnen um. So eine arme Kreatur ist dem Viehdoktor ja vollkommen in die Hand gegeben. Und da soll ich, der ich die Tiere so liebe, nicht behutsam mit meinem Frauchen umgehen? Das wäre ja gelacht! Ich will dich sogar auf Händen tragen, wenn es durchaus sein muß.«
Jetzt lachte Marlene wieder.
»Herr Doktor, ich glaube, Sie sind ein guter Mensch.«
»Freut mich, das gerade von dir zu hören, Marlenchen. Aber nun sag nicht immer so steif Herr Doktor, sondern lieber Walter und du.«
»So schnell geht das nicht«, wehrte sie ab. »Eine Bedenkzeit müssen Sie mir schon lassen.«
»Na schön, obgleich mir das gar nicht paßt.