Leni Behrendt Staffel 1 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 1 – Liebesroman - Leni Behrendt


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mit meinen Besorgungen zurechtkomme.«

      »Und was hast du vor, Edzard?«

      »Ich fahre nach Hause, Doro.«

      »Ach, sieh mal, du kannst ja auch reden«, lachte sie ihn lieblich an. »Ich fürchtete schon, daß du taubstumm geworden sein könntest. Weißt du was? Ich komme mit dir nach Rautenau und sage Tante Linda und Onkel Bertram guten Tag.«

      »Das wirst du nicht tun. Oder soll ich dir hier eine Szene machen?«

      »Die mache ich dir zu Hause!« stieß der Mann ingrimmig hervor. »Nebenbei sollst du die erste Ohrfeige deines Lebens bekommen.«

      »Das kriegst du ja doch nicht fertig, mein Papsileinchen«, lachte sie ihn einfach aus.

      »Und wie ich das fertigkriege! Schämst du dich denn gar nicht, dich Edzard aufzudrängen? Hoffentlich lehnt er deine Begleitung ab.«

      »Ach wo, dafür ist er zu ritterlich.«

      Am liebsten wäre der verzweifelte Vater sich in die Haare gefahren, was hier unter den vielen neugierigen Augen natürlich nicht anging.

      Indes hatte Edzard seinen Kaffee bezahlt, und auch Sander beglich seine Rechnung. Und als man auf die Straße trat, konnte der Vater wieder nicht so mit dem eigenwilligen Töchterlein verfahren, wie er liebend gern gewollt hätte. Denn auch hier gab es Menschen, denen man kein Schauspiel bieten durfte. Also mußte er zulassen, daß diese unverfrorene kleine Person an der Seite des Grafen davonging mit einer Selbstverständlichkeit, als müßte es so sein. Und was der Vater wirklich noch nie getan hatte, das tat er jetzt, nämlich: Er bereute, seine Tochter so maßlos verzogen zu haben.

      *

      Indes saß Doro quietschvergnügt an der Seite Edzards und fuhr Rautenau zu. Er hatte noch kein Wort gesprochen, was sie durchaus nicht zu stören schien. Sie war kein bißchen verlegen, auch dann nicht, als sie vor dem Ehepaar Sölgerthurn stand, das sie erstaunt musterte.

      »Ja, wen hast du denn da mitgebracht, mein Sohn?« fragte der Vater, der sich erhoben hatte und in höflicher Haltung vor der jungen Dame verharrte… »Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor, meine kleine Gnädige.«

      »Nur irgendwie –?« lachte sie, dabei das Köpfchen schieflegend. »Betrachte mich nur genau, Onkel Bertram.«

      »Ja, kann das möglich sein…?« dehnte er. »Sie sind doch nicht etwa Fräulein Sander?«

      »Aber Onkel Bertram, wer wird denn so formell sein«, tat sie vorwurfsvoll. »Bin ich denn gar nicht mehr deine Dörth?«

      Wie weggewischt war der liebenswürdige Ausdruck auf dem Männerantlitz, er wurde kalt und ablehnend. Auch die Gräfin, die dem allen verwundert gefolgt war, erstarrte sozusagen in Eis. Sie reichte dem Mädchen nicht einmal die Hand, als es sich ihr näherte, erwiderte den Gruß nur mit einem hochmütigen Kopfneigen.

      Man bat den unerwünschten Gast auch nicht, Platz zu nehmen. Und als er es unaufgefordert tat, bekam man es dennoch nicht fertig, es ihm zu verwehren. Es gehörte auch allerlei Mut dazu, in dieser eisigen Atmosphäre zu verweilen. Doch Doro konnte es, sehr gut sogar.

      »Da bin ich«, eröffnete sie die Unterhaltung. »Aber ich finde, daß ihr gar nicht nett zu mir seid. Lassen wir doch die alten Geschichten. Ich bin hier, um wiedergutzumachen.«

      »Ich wüßte nicht, wie du das wohl zuwege bringen könntest«, winkte die Gräfin müde ab – und darauf wußte die kecke Doro nichts zu erwidern. Regungslos lehnte sie im Sessel, nur die Augen hasteten umher.

      Und was sie erspähten, war sehr, sehr traurig. Aus allen Ecken des hohen, weiten Gemachs, in dem alles alte feudale Tradition atmete, schien es zu raunen von Sorge und Not, von Kummer und Trübsal. Weiß war das Haar der Gräfin, das vornehme Antlitz verhärmt und vergrämt. Der Senior, der noch vor drei Jahren so schneidig gewesen war, so lustig und vital, war jetzt gramgebeugt. Und der junge Graf? Aber auch nichts mehr war von dem sonnigen, strahlenden »Götterknaben« übriggeblieben. Der da so lässig gegen den Kamin gelehnt stand, war ein Mann mit hartem, herrischem Gesicht und kühlblickenden Augen.

      »Na schön –«, sprach Doro jetzt in die peinigende Stille hinein, als beantworte sie sich eine Frage. »So kann ich denn ja wieder gehen.«

      Als sie niemand zurückhielt, stand sie auf und wandte sich an den jungen Grafen.

      »Bring mich zur Stadt zurück, Edzard.«

      Ein frostiges Grüßen hüben und drüben, dann gingen die beiden jungen Menschen davon. Und obwohl sie im Auto nebeneinandersaßen, schien eine hohe, feste Mauer sie zu trennen. Jetzt schwieg nicht nur Edzard, sondern auch Doro, bis sie kurz sagte:

      »Fahr bitte rechts und stopp ab. Ich sehe nämlich unser Auto kommen.«

      Die beiden Wagen hielten, und das Mädchen wechselte rasch in den elterlichen über, ohne sich von dem Grafen verabschiedet zu haben.

      Und auch in diesem luxuriösen Gefährt saß man schweigend, weil man des Chauffeurs wegen doch nicht so sprechen konnte, wie einem ums Herz war. Doch im Wohnzimmer angekommen, machte der Hausherr seinem arg bedrängten Herzen Luft.

      »Ich möchte gern wissen, was du dir so eigentlich denkst!« fuhr er die Tochter an, die so uninteressiert dasaß, als spräche er gar nicht zu ihr. »Gehst einfach hin zu den Menschen, mit denen wir durch deine Hysterie auseinanderkamen und die dadurch in bittere Not gerieten.«

      »Eben –«, warf sie seelenruhig ein. »Und diese Not wird ein Ende haben, wenn ich Edzards Frau werde.«

      Aus dem Sessel, wo Ruth saß, kam ein kurzer Aufschrei, und der Gatte, der ruhelos im Zimmer umherwanderte, blieb nun ruckartig vor der Tochter stehen und starrte das bezaubernde Wesen an, als wäre es etwas Grausiges. Bis es sich endlich von seinen Lippen rang:

      »Ja, sag mal, mein Kind, hast du etwa den Verstand verloren?«

      »Mitnichten, der war nie klarer als jetzt. Ich will doch nur gutmachen – ist denn das so schwer zu begreifen?«

      »Ja, in drei Deubels Namen!« schrie der Mann jetzt aufgebracht. »Da gibt es nichts mehr gutzumachen, hast du mich verstanden? Woher überhaupt plötzlich dieser Edelmut? Es hat dich doch fast drei Jahre lang absolut nicht gerührt, wenn ich von den Sorgen und Nöten der gräflichen Familie sprach. Bilde dir nur nicht ein, daß du einen Mann wie Edzard Sölgerthurn beherrschen kannst. Früher vielleicht, aber jetzt nicht mehr. Der ist in den drei Jahren durch eine Kelter gepreßt worden, die ihn hart wie Stahl werden ließ. Bei dem beißt du mit deinen Launen auf lauter kleine Kieselsteinchen, das kannst du mir glauben.«

      »Mit meinen Launen schon«, klang da eine Stimme in seine quälenden Gedanken hinein. »Aber nicht mit meinem Vorschlag. Denn Edzard Sölgerthurn liebt sein Rautenau genauso wie seine Eltern. Also wird er bereit sein, dafür Opfer zu bringen.«

      »Ich glaube, sie hat recht«, meldete sich jetzt Ruth, die dem allen in banger Sorge gefolgt war. »Aber auch du wirst Opfer bringen müssen, mein Kind. Denn die ungeliebte Frau eines Mannes zu sein, ist entsetzlich schwer.«

      »Ma, jetzt werde bloß nicht elegisch«, wurde Doro nun doch nervös. »Ich habe es satt, mir immer wieder von euch vorhalten zu lassen, was alles ich mit meiner Überspanntheit an den Sölgerthurns verschuldet habe. Und gutmachen kann ich nur als Edzards Frau.«

      »Na schön, sollst du deinen Willen haben. Aber die Konsequenzen wirst du allein tragen müssen. Und dein Herz wirst du hüten müssen – das heißt, wenn du kaltschnäuziges Persönchen überhaupt eins hast. Denn Edzard Sölgerthurn ist ein Mann, dem keine Frau widerstehen wird. Aber dann komm uns nicht mit Klagen, wenn er dich abtun wird wie eine Frau – nun – wie eine, die sich ihm – anbietet. Ich warne dich, mein Kind, vor dieser Ehe. Denn sie ist genauso ein Hirngespinst bei dir wie das vor drei Jahren.«

      Nach diesen eindringlichen Worten war es zuerst einmal beklemmend still. Doro saß da, den Kopf in die Hand gestützt, über die die gleißende Lockenpracht fiel und so das Gesicht verdeckte.

      »Doro –«, mahnte nun auch die Mutter leise. »Doro,


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