Karin Bucha Staffel 3 – Liebesroman. Karin Bucha
daß Markhoff ihm dazwischengekommen war! Nun hatte er die reizende Unterhaltung gar nicht richtig in sich ausklingen lassen können.
Er freute sich fast wie ein Kind, als er an den Nachmittag dachte, der Brigitte und ihrem Töchterchen gehören sollte.
Und nun gestand er sich auch ein, daß er nur ihretwegen hiergeblieben war. Wie alt war er eigentlich? Fast Mitte Dreißig. Achtlos war er bisher an schönen Frauen vorbeigegangen, und ausgerechnet hier in den Bergen mußte sich in ihm eine Wandlung vollziehen. Ausgerechnet hier mußte er einer Frau begegnen, die sein Herz schneller schlagen ließ. Leonore Grunert hatte keinesfalls Unrecht. Wie ein Primaner benahm er sich: linkisch und scheu.
Brigitte! – Brigitte! Ein schöner Name. Er war wie geschaffen für die feingliedrige Frau mit dem leuchtenden Braunhaar und den unergründlichen Augen.
Nur der Leidenszug um den schöngeschwungenen Mund störte ihn. Das Schicksal schien ihr nichts erspart zu haben.
Ein ungewohnter Zustand war das, in dem er sich befand. Dauernd beschäftigten sich seine Gedanken mit der Frau. Und nicht ein einziges Mal dachte er daran, daß sie verheiratet sein könnte.
In aller Eile kleidete er sich um, denn es galt, die versäumte Zeit nachzuholen.
Wenig später traf er in der Halle wieder mit Markhoff zusammen.
»Ich habe es mir überlegt«, erklärte dieser, als sie gemeinsam den Speisesaal aufsuchten. »Ich bleibe ein paar Tage hier und habe schon Zimmer belegt.«
Rudolf Strantz runzelte die Stirn, sagte aber nur kurz:
»So!«
Markhoff ärgerte sich heimlich über dessen Zurückhaltung. Warum tat Strantz so geheimnisvoll? Nun, er würde schon herausfinden, was das auf sich hatte. Sicherlich steckte eine Frau dahinter!
Er war ausgezeichneter Laune und gab allerlei Erzählungen zum Besten, für die Strantz aber wenig Interesse zeigte.
Inzwischen hatte Markhoff in Erfahrung gebracht, daß Brigitte tatsächlich im Ort weilte, und zwar in der Pension, die man von der Hotelhalle aus oben am Hang liegen sah.
»Haben Sie sich schon für den Nachmittag etwas vorgenommen?« fragte er, nachdem sie sich Zigaretten angezündet hatten.
»Allerdings«, antwortete Strantz schnell. »Ich bin leider bereits verabredet.«
Markhoff lächelte still vor sich hin. Nun, er würde Strantz nicht lästig fallen. Er hatte ja auch etwas vor – nämlich zu Brigitte zu gehen.
»Dann sehen wir uns vielleicht zum Abendessen wieder?« schlug er vor. »Die geschäftliche Angelegenheit hat ja nun etwas Zeit.«
»Wie Sie wünschen«, erwiderte Strantz kühl.
Ein paar Tage in Gesellschaft dieses Mannes verbringen zu müssen, war ihm mehr als unangenehm. Aber das mußte er nun wohl oder übel mit in Kauf nehmen.
Da Strantz sehr wortkarg war, schwand auch bei Markhoff sehr bald die Lust zum Erzählen, zumal er erkannte, daß der Mann ihm überhaupt nicht oder nur sehr abwesend zuhörte.
Gleich nach der Mahlzeit trennten sie sich.
»Unangenehmer Mensch!« murmelte Markhoff leise vor sich hin, als Strantz sich von ihm verabschiedet hatte und endlich sein Zimmer aufsuchte.
Rudolf Strantz legte sich zu einem kurzen Mittagsschläfchen nieder. Hin und wieder verspürte er noch Schmerzen im Bein. Überhaupt mußte er vorsichtig sein, durfte nicht an ausgedehnten Ausflügen teilnehmen, um sich nicht zu überanstrengen.
Er lächelte vor sich hin. Ihm ging es nicht anders als seiner kleinen Freundin oben in der Pension. Auch sie mußte sich schonen. Nun, das ließ sich ja gemeinsam viel leichter ertragen.
In einer Stunde würde er Brigitte und das Kind wiedersehen…
Mit diesem Gedanken schlummerte er ein.
*
Markhoff hatte das Hotel verlassen und schlenderte den Berg hinan. Er stellte sich im Geist Brigittes entsetztes Gesicht vor und lächelte schadenfroh vor sich hin.
Lange genug hatte er nichts von sich hören lassen, da wurde es höchste Zeit, daß sie wieder einmal an ihn erinnert wurde.
Gottlob, daß mit Eva endgültig Schluß war! Sie war ihm allmählich auf die Nerven gefallen. Immer nur um eine Frau herumtänzeln, das war doch auf die Dauer nichts für ihn.
Also erfreute er sich augenblicklich seiner Freiheit, und da war ihm Brigitte zu einem Zeitvertreib gerade recht. Vielleicht würde sie ihn gar mit Vorwürfen überhäufen, daß er sich so wenig um das Kind gekümmert hatte?
Er versuchte, diesen Gedanken mit einer geringschätzigen Handbewegung beiseite zu wischen. Mein Gott, er hatte die Rechnung des Krankenhauses bezahlt, und die war gewiß nicht gering gewesen. Mehr konnte man schließlich nicht von ihm verlangen.
Ganz gewiß hatten ihr die Eltern den Aufenthalt in dem wirklich reizend gelegenen Gebirgsort ermöglicht. Vielleicht, damit sie sich wieder nach einem Mann umschauen sollte!
Markhoff beurteilte alles und alle von seinem eigenen engen Gesichtspunkt aus. Es interessierte ihn nicht im geringsten, daß seine Mitmenschen andere Ansichten haben konnten als er. Er verlangte nur, daß man Rücksicht auf seine Fehler und Schwächen nahm. Es geschah äußerst selten, daß er sich an irgendeinem Fehlschlag selbst die Schuld gab.
Bald stand er vor der Pension. Es war ein schönes Haus, mit hellem Anstrich, grünen Fensterläden und einer Holzveranda, die rings um das Haus lief.
Brigitte hatte Ursula soeben schlafen gelegt und war wieder hinabgestiegen, um sich in der Sonne im Lehnstuhl auszuruhen.
Es war eine wirkliche Erholung für sie. Weder körperlich noch seelisch war sie irgendwie angespannt. Nur für ihr Kind lebte sie und fühlte dabei, daß sich auch mit ihr eine Wandlung vollzog.
In den paar Wochen, die sie nun schon hier weilte, war sie fast noch schöner geworden. Ihre Gestalt war schlank, von vollendetem Ebenmaß; die Wangen hatten wieder ihre zarte Färbung von einst.
Ihr Teint war schon früher makellos gewesen, jetzt aber wirkte er wie Elfenbein. Auch die Augen blickten nicht mehr ohne Glanz. Die ganze Güte dieses Frauenherzens offenbarte sich in ihrem Blick.
Wohlig ausgestreckt, den Kopf zur Seite geneigt, saß sie regungslos im Lehnstuhl. Dankbarkeit im Herzen für die Eltern, die ihr diese Tage des Glücks ermöglicht hatten.
Ihre Gedanken wanderten zu dem Fremden, der so lieb mit Ursula gesprochen hatte.
Sie hielt die Augen geschlossen und sah ihn deutlich vor sich. Ernst, zurückhaltend und doch so vertrauenserweckend. Sein Lachen ließ ihn jünger erscheinen, als er in Wirklichkeit sein mochte.
Es war ein fröhliches, von Herzen kommendes Lachen gewesen, und es hatte sie sofort für ihn eingenommen.
Unwillkürlich drängte sich ihr der Vergleich mit der unangenehmen Art Fred Markhoffs auf.
Ach, wozu verlor sie sich ins Grübeln? Früher hatte sie an Markhoff auch alles schön und liebenswert gefunden. Erst nach und nach, als er die Maske gelüftet, bis er sie ganz fallen gelassen, und sie seinen wahren Charakter kennengelernt hatte.
Aber das war nun vorbei, endgültig vorbei. Doch nein! Immer würde sie diese furchtbare Ehe wie ein Schatten verfolgen. Niemals wieder könnte sie Vertrauen fassen zu einem Mann. Sie würde bei jedem Liebeswort mit heimlicher Angst auf den Augenblick warten, wo er die Maske fallen ließ und sein wahres Gesicht zeigte.
»Brigitte!«
Sie riß die Augen auf. Diese Stimme – hatte sie nicht wie die Markhoffs geklungen?
Brigitte richtete sich auf und sah mitten hinein in Freds glitzernde Augen.
»Mein Gott – du?«
Mit verschränkten Armen stand Markhoff vor ihr.
»Ja,