Karin Bucha Staffel 3 – Liebesroman. Karin Bucha
läßt sich endlich neben dem einstigen Freund nieder. Der Schein eines Lächelns umspielt seinen Mund mit den harten Linien, die sich in den letzten zwei Tagen eingegraben haben.
»Du mußt erst mal lesen«, setzt Brenner noch hinzu und reicht Ronald die Zeitung.
»Ronald hat die Schauspielerin Chris Velden geliebt –«
»Das ist –« Ronald verschlägt es die Sprache. Maria, denkt er, sie hat auch darüber geplaudert.
Ronald schluckt ein paarmal. »Hör zu, Fritz. Chris liebt mich gar nicht, meine Liebe zu ihr ist so aussichtslos wie eine Liebe nur sein kann. Ingeborg wollte nur die Wahrheit wissen, und ich habe ihr ehrlich erzählt, wie es um mich stand. Chris Velden liebt einen ganz anderen, sie liebt den Großgrundbesitzer Georg Hagen, wo –«
»Wen liebt sie?« Überrascht neigt Brenner sich vor.
»Georg Hagen«, wiederholt Ronald.
»Hagen ist ein Freund von mir. Du lieber Himmel, wie hängt das denn zusammen?«
Ronald hat sich gefangen. »Chris hat Hagen auf einer Ferienreise kennengelernt, große Liebe. Sie wollte alles aufgeben, und ich holte sie zurück. Sie war bereit, ihre Karriere zu opfern. Aber ich brauchte Chris für meine Arbeit. Nur für meine Arbeit. Das schwöre ich. Sie hat mich, glaube ich, von diesem Augenblick an gehaßt. Unser schönes Verhältnis war zerbrochen. Darum wollte ich Chris wieder mit Hagen zusammenbringen.«
»Das hast du deiner Frau erzählt?«
Ronald stutzt. »Natürlich nicht, Fritz. Ich wußte doch noch nicht, ob es mir gelingen würde. Dann kamen wir im Hagenhof an, und der Hausherr
war –«
»– geflohen«, wirft Brenner kurz ein.
»So ungefähr. Dann kam auch gleich die alamierende Nachricht. Nach einer Regiebesprechung traf sie ein, und wir sind Hals über Kopf abgefahren. Das ist alles.«
Brenner denkt kurz nach. »Hör mal, Ferdinand. Ich glaube, du hast einen großen Fehler begangen.«
»Inwiefern?« fragt Ronald zurück.
»Du hättest gerade dein Vorhaben mit deiner Frau besprechen sollen –«
»Was willst du damit sagen?« Ronald starrt den Freund ungläubig an.
»Daß du meiner Meinung nach deiner Frau das Wichtigste verschwiegen hast.«
Ronald hebt die Schultern. »Verstehe ich nicht.«
»Nun – vielleicht wirst du es verstehen lernen.«
Sie unterhalten sich noch eine Weile. Brenner verspricht, heute noch einmal herzukommen. Jetzt habe er einen wichtigen Gang vor.
Ronald läßt den Freund nur ungern fort. Die Einsamkeit war nicht so ganz bedrückend und die Leere irgendwie ausgefüllt.
Aber er läßt Brenner gehen. Und wartet von dem Augenblick an, da er diesen bis zum Tor begleitet hat, auf seine Rückkehr.
*
Wenig später sitzt er Chris Velden gegenüber. Er hat sie oft auf der Bühne gesehen, von der Leinwand her bewundert. Er glaubt noch nie eine so schöne, faszinierende Frau gesehen zu haben.
Trotzdem sie bleich aussieht und die Augen vom Leid umschattet sind, liegt eine unendliche Süße über der zarten Erscheinung.
»Es handelt sich um Ronald, gnädige Frau«, beginnt er, und in Chris’ Augen tritt lebhaftes Interesse. »Ich werde seine Interessen vertreten, falls es zum Äußeren kommen sollte.«
»Was – was meinen Sie damit?« fragt sie stockend.
»Wie es ausschaut, hat man Ronald, der übrigens ein Freund von mir ist, in einem schweren Verdacht. Wollen Sie mir helfen?«
»Ganz gewiß will ich das«, sagt sie spontan. »Ronald war immer ein guter Kamerad. Freilich, er war ein Mann, besessen von seiner Arbeit und manchmal nicht sehr wählerisch mit den Mitteln, wenn es galt, ein Ziel zu erreichen.«
Brenner bewundert Chris’ schön geformte Hände, die gefaltet in deren Schoß liegen.
»Sie sind doch auch von Ronalds Unschuld überzeugt. Oder –?«
»Ja!« bekennt sie ohne Zögern. »Niemals hat er Ingeborg ein Leid angetan, auch nicht –«
Sie verstummt, und Brenner fragt interessiert: »Was wollten Sie sagen? Auch nicht –«
»Auch nicht meinetwegen.« Das klingt bitter und verzweifelt. »Selbst wenn die Zeitungen diese Dinge an die Öffentlichkeit zerren.«
»Ich wußte, daß Sie genauso denken wie ich.«
Erfreut blickt sie ihn an. »Sie – Sie glauben also auch an Ronalds Unschuld?«
»Säße ich sonst hier, gnädige Frau? Ich will ihm und vielleicht auch Ihnen helfen.«
»Mir?« Jetzt weiten sich ihre Augen voll Staunen.
»Ja, auch Ihnen, gnädige Frau«, sagt er offen. »Ich bin auch Georg Hagens Freund –«
Mit einem schwachen Laut läßt Chris sich zurücksinken. Sie lehnt den Kopf an das Polster und schließt die Augen.
Georg Hagen! Natürlich! Daran hat sie nicht gedacht. Er wird die Zeitungen lesen. Er hat die Unterredung seinerzeit mit Ronald gehört. Er muß ja glauben, daß sie beide ein gefährliches Spiel gespielt haben.
»Warum sind Sie so fassungslos?« schlägt Brenners sonore Stimme an ihr Ohr.
Sie schlägt die Hände vor das Gesicht und verharrt sekundenlang im Schweigen. Doktor Brenner stört sie nicht. Er ahnt, was in der Frau vor sich geht.
Endlich läßt sie die Hände sinken. »Verzeihen Sie, bitte, es ist alles so schrecklich. Ich habe Ingeborg Ronald von Herzen gern gehabt. Dazu kommt noch, daß Georg Hagen durch die Zeitungen alles erfahren wird und sicher ein ganz falsches Bild von den Dingen erhält. Das ist es, was mich verzweifelt macht. Ich weiß, es gibt keinen Weg zu Georg. Aber er soll auch nicht schlecht von mir denken. Das kann ich einfach nicht ertragen.«
Er legt seine Hand auf ihre eiskalten Finger.
»Überlassen Sie das mir, gnädige Frau. Selbstverständlich werde ich die Gelegenheit wahrnehmen und zu Georg fahren. Also, keine Sorgen machen. Aber helfen werden Sie mir, ja?«
Wieder dieser flüchtige Schein eines Lächelns um ihren Mund.
»Ich will es versuchen, Doktor Brenner«, sagt sie tapfer. »Wenn ich damit Ronald helfen kann, verfügen Sie ganz über mich.«
»Danke, gnädige Frau.«
Und dann ändert er seinen Ton, wird sachlich und fragt weiter
»Können Sie mir etwas über Ronalds Charakter erzählen?«
Erstaunt mißt sie ihn. »Ich denke, Sie sind sein Freund? Dann müssen Sie ihn doch ebenfalls kennen?«
Er lächelt vor sich hin. »Eben, weil ich sein Freund bin. Könnte ich nicht zu sehr Partei sein? Ich möchte das Bild, das ich von Ferdinand in mir trage, durch Ihre Beobachtung abrunden.«
»Ja«, beginnt Chris überlegend. »Ferdinand war ein guter Arbeitskamerad, wie ich Ihnen schon sagte –«
»Ich meine, wie er als Mensch von Ihnen beurteilt wird«, unterbricht er sie.
»Ach so!« Sie wird eifrig. Alles trägt den Stempel der Überzeugung. »Ronald war immer so etwas wie der Fels in der Brandung, ruhig, besonnen, sehr verständnisvoll –«
»Und wie war er zu seiner kranken Frau?« fällt er ihr abermals ins Wort.
»Rührend lieb und gut. Ich könnte mir keinen zärtlicheren Ehegatten als ihn denken.«
»Das wollte ich nur von Ihnen bestätigt wissen«, sagt er mit sichtlicher Erleichterung. »Ein guter Leumund ist viel wert. Daß er bei seiner