Karin Bucha Staffel 3 – Liebesroman. Karin Bucha
Christine persönlich?«
»Allerdings.« Er blickt Hagen lächelnd an. »Wenn ich ihr gesagt hätte, ich fahre gleich zu dir, ich glaube bestimmt, sie hätte dich grüßen lassen.«
»Das glaube ich nicht«, stößt Hagen beklommen hervor.
»Aber ich!« kommt es trocken von Brenners Lippen. »Was zwischen euch war, ist mir unbekannt. Ich ahne mehr, als ich weiß. Du bist ein ausgemachter Esel und Starrkopf. Wie konntest du eine solche Frau laufen lassen!«
Von Reuegefühl gepeinigt, springt Hagen auf und durchwandert die Halle von einem Ende zum anderen, immer von Brenners aufmerksamen Augen verfolgt.
»Das ist mit knappen Worten gesagt. Meine erste Frau hat mich bitter enttäuscht, Christine hat mir ihren Beruf verschwiegen.«
»Todsicher, weil Sie dich nicht verlieren wollte.«
Hagen bleibt vor Brenner stehen und macht eine herrische Handbewegung. »Gehört zur Liebe Vertrauen – oder nicht?«
»Aber doch nicht bloß von einer Seite, Georg«, verweist Brenner den Freund. »Du verlangst von den anderen mehr als von dir selbst. Das ist wohl reichlich ungerecht.«
»Jetzt wirst du ungerecht«, empört Hagen sich.
»Ruhig, Georg«, Brenner drückt seine Zigarette aus und macht eine einladende Handbewegung, »setz dich lieber hin und hör mir aufmerksam zu. Wolltest du etwa von Chris Velden verlangen, daß sie ihren Beruf auf-
gibt?«
»Aber dazu war sie doch bereit«, entfährt es Hagen, und dann beißt er sich auf die Unterlippe.
»Bist du eigentlich noch normal? Sie hat wirklich ihren Beruf aufgeben wollen?« Jetzt ist Brenner wie aus den Wolken gefallen. »Das ist doch wohl nicht möglich, Georg. Du läßt die Frau laufen, die bereit ist, ihr Künstlertum aufzugeben? Aus welchem Grunde glaubst du wohl?«
Schweigen.
»Vielleicht wollte sie dich gar nicht? Vielleicht wollte sie nur dein Geld?« Das klingt ironisch und spöttisch, dazu schüttelt Brenner noch den Kopf. »Mein Gott, Verliebte sind wirklich nicht zurechnungsfähig.«
»Rede keinen Unsinn«, verweist Hagen ihn scharf. »Christine ist selbst wohlhabend.«
»Ach, das ist dir hinterher wohl erst zum Bewußtsein gekommen?« Immer noch liegt Ironie in Brenners Worten, und Hagen schluckt sie. »Wenn ich über das alles nachdenke, dann freue ich mich direkt, daß ich Junggeselle geblieben bin. In meiner Praxis erfahre ich reichlich von unglücklichen Ehen.« Er droht Hagen. »Aber eins weiß ich gewiß: würde mich eine Chris Velden lieben, bei Gott, ich liefe mit ihr in der nächsten Stunde zum Standesamt.« Er ringt mit drolliger Verzweiflung die Hände. »Du lieber Himmel, Georg. Immer haben sich Menschen, die sich von Herzen lieben, Schwierigkeiten bereitet. Die größten Lieben sind zerbrochen an Zweifel, an Mißtrauen, auch an Eifersucht. Bist du etwa auch eifersüchtig?«
»Nein!« preßt Hagen ärgerlich hervor. »Das bin ich nicht. Meine Frau soll nur mir gehören, mir ganz allein –«
»Warum nicht gleich ein Grabmal bauen und sie bei lebendigem Leib hinter dicken Mauern vergraben? Oje, oje! Georg! Eifersucht auf den Beruf ist auch schlimm. Nun –«, er wirft einen Seitenblick auf das Gesicht Hagens, darin zuckt und arbeitet es. »Gestraft scheinst du mir genug. Jetzt gilt es, die Sache wieder ins reine zu bringen. Ich habe eine Ahnung, als warte Chris auf dich.«
»Erst muß ich wissen, wie der Prozeß verläuft.« Das klingt bestimmt.
»Großartig!« Brenner lacht ärgerlich auf. »Wenn alles gutgeht, dann bist du großmütig bereit, zu verzeihen. Bleibt ein Makel an Chris haften, dann schlägst du dich seitwärts in die Büsche. Georg, sei doch vernünftig. Stolz ist etwas Wunderbares, aber man kann ihn auch zu weit treiben. Am Ende steht das Wörtchen: Zu spät!«
Hagen zuckt zusammen. Auch Frau Irene hat ihn gewarnt. Macht er denn alles verkehrt? Kann er sich wirklich nicht überwinden?
»Nun, ich will dich nicht länger bearbeiten«, fällt Brenner das Schweigen ein. »Jeder muß wissen, was er zu tun hat. Laß dein Herz sprechen, Georg. Es wird dir den rechten Weg zeigen. Ich glaube sowohl an Ronalds wie an Chris’ Unschuld. Chris hat mit den Ereignissen so viel oder so wenig zu tun wie du und ich. Sollte es zum Schlimmsten kommen, ich übernehme Ronalds Verteidigung. Und nun laß uns von anderen Dingen sprechen, Georg. Wollen wir einen flotten Ritt unternehmen? Vielleicht nach dem Essen? Mich wirst du nämlich heute nicht wieder los.«
Hagen streckt dem Freund beide Hände entgegen. »Das freut mich riesig, alter Junge. Du weißt nicht, wie sehr ich mir gewünscht habe, mich mit einem verständnisvollen Menschen auszusprechen.«
Brenner blinzelt vergnügt. »Gesprochen habe ich – du hast am wenigsten gesagt. Aussprechen nenne ich etwas anderes. Also, du hast noch genügend Zeit, dein Herz zu erleichtern.«
Hagen umarmt den Freund. »Deine Gegenwart ist herzerfrischend, Fritz. Immer noch der alte unverwüstliche Optimist.«
»Das walte Gott, Georg«, ist Brenners trockene Antwort.
*
Tiefbekümmert steht James Malton neben Ronald auf der Terrasse des Hauses. Er hat das nächste Flugzeug genommen und ist zu Ronald geflogen.
Er ist erschnttert von dem Gehörten. Rückhaltlos hat Ronald sich dem berühmten Filmschauspieler offenbart. Wehmut zieht durch Maltons Gemüt.
Chris liebt einen anderen. Nicht ihn und nicht Ronald. Aber sie ist in die Geschehnisse hineingerissen, nur weil eine eifrige Schwester das Geständnis Ronalds dem Kommissar erzählt hat.
»Zum Teufel«, bricht es aus ihm hervor, »dieses elende Geschwätz. Ich werde heute noch Chris meine Aufwartung machen. Kommen Sie mit?«
»Lieber nicht, Malton«, sagt Ronald resigniert.
»Sagen Sie mal, können Sie die Schwester nicht hinausfeuern?« schlägt er empört vor.
Ronald schüttelt nur den Kopf und wirft den Rest seiner Zigarette weit über die Brüstung. »Soll ich mich noch mehr verdächtig machen? Sähe das nicht wie ein Racheakt aus?«
»Hm«, überlegt Malton. »Sie könnten recht haben. Mir ist diese graue Maus nicht sympathisch. War sie denn zu Ihrer Frau ehrlich?«
»Sie war rührend opferbereit. Ich kann ihr nicht die geringste Pflichtverletzung nachsagen. Lassen wir das, Malton. Ihre Treue tut mir wohl. Ich kann nichts als abwarten. Es fällt mir verteufelt schwer. Aber was soll ich machen? Wenn man doch erst Ingeborg freigegeben hätte. Sie soll endlich ihre Ruhe finden.«
»Das wird wohl heute noch geschehen.« Malton geht neben dem Hausherrn ins Haus zurück. »Wäre es Ihnen angenehm, wenn ich bei Ihnen bliebe? Drei Tage stehen mir zur Verfügung. Hier gefällt es mir besser als im Hotel. Und ich bin überzeugt, Sie haben gerade jetzt etwas Gesellschaft nötig.«
Über Ronalds eingefallene Züge geht ein Zucken.
»Sie sind ein guter Freund, Malton, dabei habe ich Sie nicht weniger geschont bei den Aufnahmen als Chris. Eigentlich müßten Sie mich hassen.«
»Hassen?« Malton lacht sein liebenswürdiges, charmantes Lächeln. »Einen guten Regisseur hassen? Wenn er sich selbst nicht schont? Sie haben doch das Beste aus uns herausgeholt, und Disziplin gehört nun einmal zu unserem Beruf.«
Sie schütteln sich die Hände. »Sie sind mir jederzeit ein lieber Gast, Malton. Grüßen Sie Chris herzlich von mir – und –«
Er verstummt, und Malton fragt nicht weiter. Er weiß auch so, was Ronald ihm auftragen wollte. Er möchte Chris um Verzeihung bitten, dabei trägt er doch gar keine Schuld an den Geschehnissen.
*
Mit Schwung eilt Ina Binding über den kiesbestreuten Weg zum Hause des Regisseurs Ronald und prallt beinahe mit James Malton zusammen.
»Nanu«, sagt er lächelnd, sein Erstaunen über die