Karin Bucha Staffel 3 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Staffel 3 – Liebesroman - Karin Bucha


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sagt sie aus tiefstem Herzen. »Genauso würde ich Ronald verteidigen.« Und dann tritt ein ängstlicher Ausdruck in ihre tiefblauen Augen. »Hoffentlich klärt sich die ganze Angelegenheit auf. Ronald vor Gericht – das würde ihn vernichten.«

      Doktor Brenner erhebt sich. »Ich danke Ihnen, gnädige Frau. Vielleicht läßt sich das umgehen. Ich habe da so meine eigenen Gedanken.«

      Voll Vertrauen blickt sie ihn an. Von ihm gehen Ruhe und Sicherheit aus und legen sich ihr wie Balsam auf das erregte Gemüt.

      Sie fragt ihn nicht aus. Sie weiß, er würde nicht eher sprechen, bevor er positive Beweise hat.

      So verabschieden sie sich, als wären sie gute Freunde und kennten sich schon lange.

      Bis zu seinem Wagen gibt sie ihm das Geleit, dann kehrt sie bekümmert ins Haus zurück. Wera hat sie mit der kleinen Elfi zu einem Spaziergang weggeschickt.

      Sie sucht ihren Salon auf und denkt über das Vorgefallene nach. Wie schnell sich doch das Leben eines Menschen von einer Stunde zur anderen ändern kann. Sie hat es empfunden, als sie sich entscheiden mußte zwischen Liebe und Beruf. Und jetzt ist es Ferdinand, der aus dem Gleichgewicht geworfen ist. Sie hat vergessen, daß sie einmal Haßgefühle ihm gegenüber hegte. Jetzt empfindet sie echtes Mitleid mit ihm.

      Sie ist bereit, alles zu tun, um ihn von dem fürchterlichen Verdacht zu befreien. Aber wird sie das überhaupt können? Was weiß sie denn von dem, was sich zwischen den Ehegatten abgespielt hat?

      Und dann gleiten ihre Gedanken ab zu Schwester Maria. Auf einmal kommt ihr deren Wesen recht sonderbar und abstoßend vor.

      Hätte sie wohl Doktor Brenner von ihrem eigenartigen Gefühl Mitteilung machen sollen?

      Unsinn! Einem Mann wie Brenner darf man nicht mit Gefühlen kommen.

      Unwillkürlich schlingt sie die Finger ineinander.

      Es muß alles gutgehen – denkt sie. Ronald hat niemals mit Ingeborgs Tod etwas zu tun.

      *

      Wie erschlagen sitzt Georg Hagen vor den Zeitungen und studiert sie abermals. Jetzt ist die Katastrophe da.

      Zweifel überfallen ihn. Ronald hat Chris geliebt. Er war an eine kranke Frau gebunden. Was liegt näher, als

      daß er den Weg zu Chris freigemacht hat?

      Trägt er nicht einen Teil Schuld an der Entwicklung der Dinge? Hätte er Chris geglaubt, hätte er sie bei sich behalten – lieber Himmel, vielleicht wäre alles ganz anders gekommen!

      Unerträglich der Gedanke: Chris, die stolze Frau, in den Brennpunkt der Öffentlichkeit gerückt.

      Chris trägt bestimmt keine Schuld. Davon ist er überzeugt, und nie wird er anders über sie urteilen. Sein Herz schreibt es ihm vor. Das Herz, das vor Sehnsucht nach Chris zerrissen ist.

      Man müßte hinfahren zu ihr, man müßte ihr sagen, daß alles Wahnsinn war. Man müßte sie einfach in die Arme nehmen und ihr von Liebe und Vertrauen erzählen. Sie wird es in der nächsten Zeit schwer haben. Und keiner steht neben ihr, keiner.

      Er hat seine Reise längst aufgegeben. Die Koffer hat er auspacken lassen, und nun überlegt er, ob er nicht lieber auf den Hagenhof zurückkehren soll.

      Er sehnt sich nach einer Aussprache mit Frau Irene. Was wird sie zu den Geschehnissen sagen? Wird sie auch an Chris glauben?

      Im selben Augenblick schlägt die Glocke des Fernsprechers an. Beunruhigt nimmt er den Hörer ab und meldet sich.

      »Fritz – du?« Seine Stimme hebt sich vor Freude. »Wie kommst du auf den Gedanken, mich anzurufen?«

      Die dunkle, angenehme Stimme Brenners klingt sorglos.

      »Wenn du nicht zu mir kommst, muß ich zu dir kommen, alter Junge. Wie ist es? Kommst du zurück zum Hagenhof? Oder soll ich dich im Vorwerk aufsuchen?«

      »Menschenskind, Fritz, du willst wirklich zu mir kommen?« Hagen kann es kaum fassen. »Dabei habe ich dich sträflich vernachlässigt.«

      »Ist das denn so wichtig, Georg? Gerade jetzt?«

      Hagen staunt. »Wie soll ich das verstehen?«

      »Hör zu, Georg. Wir werden uns einmal so richtig ausquatschen. Einverstanden?«

      »Und wie, Fritz. Komm auf den Hagenhof, hörst du. Ich fahre so schnell wie möglich hier ab.«

      »Gut! Einverstanden!«

      Das Gespräch ist abgebrochen, und Hagen legt den Hörer auf. Etwas Beschwingtes liegt wieder in seinem Gang, als er sein Schlafzimmer aufsucht und unterwegs den Auftrag gibt, seine Sachen zu packen.

      Als er im Hagenhof ankommt, findet er bereits Doktor Brenner im Gespräch mit Frau Irene in der Halle vor.

      Die Begrüßung zwischen den beiden Freunden ist herzlich, so, als hätten sie sich lange, lange Zeit nicht gesehen und gesprochen.

      Hagen wirft dem Mädchen den leichten Mantel zu und nimmt neben Frau Irene Platz. An ihrem aufgeregten Wesen erkennt er, daß sie alles weiß, was auch ihn erregt.

      Sie läßt ein zweites Gedeck kommen. »Sie trinken doch Tee mit, Herr Hagen?«

      »Gern, Frau Irene. Ich habe meine Zelte Hals über Kopf abgerissen. Eine Tasse Tee ist das, was ich gerade benötige.«

      Im Nu wird das Gewünschte gebracht. Frau Irene rückt den beiden Herren alles bequem zurecht, dann zieht sie sich zurück.

      »Sie werden sich allerhand zu erzählen haben«, entschuldigt sie sich dabei.

      Zunächst trinken die beiden Herren schweigsam ihren Tee. Ganz langsam streckt Brenner seine Fühler aus. Er findet, Georg sieht erbärmlich aus, wie ein Mensch, der wenig Schlaf bekommt, der sich mit quälenden Gedanken herumzuschlagen hat.

      »Scheinst viel Arbeit zu haben«, beginnt er vorsichtig tastend.

      »Selbst deine Bräune täuscht nicht darüber hinweg, daß du recht mitgenommen bist.«

      »Bin ich auch«, erwidert Hagen wahrheitsgemäß. »Aber wohl kaum durch die Arbeit. Die bin ich ja gewohnt.«

      »Ich weiß.« Doktor Brenner schiebt eine Tasse von sich, streckt die Beine aus und nimmt die Zigarette entgegen, die Hagen ihm anbietet. »Die Sache Ronald – Velden!«

      Vor Verblüffung läßt Hagen die Zigarette sinken. »Du weißt um die Sache?«

      »Natürlich«, sagt Brenner gelassen, »säße ich sonst jetzt hier?«

      »Ich verstehe nicht –«

      »Du wirst es gleich verstehen, mein Lieber. Ferdinand Ronald ist ein Freund von mir.«

      Sofort wird Hagens Gesicht verschlossen. »Ach so«, sagt er kurz. »Was habe ich damit zu tun?«

      Brenner blickt dem Rauch seiner Zigarette nach. Er macht den Eindruck eines zufriedenen Menschen, den nichts erschüttern kann.

      »Direkt wohl nicht, Georg. Aber es handelt sich ja auch um Chris Velden.«

      »Sag mal«, fällt Hagen dem Rechtsanwalt ernst ins Wort, »bist du unter die Detektive gegangen?«

      »Ich stecke schon mitten drin in meiner Arbeit als Detektiv.«

      »Ja – und was habe ich nun damit zu tun?«

      »Liebst du Chris Velden noch?«

      Hagen starrt den Freund an. Ihm widerstrebt es, von seinen Gefühlen zu sprechen. Dann überlegt er. Hat er es sich nicht sehnlichst gewünscht, mit einem Menschen darüber sprechen zu können?«

      »Ja, ich liebe sie, Fritz. Wenn du schon orientiert bist, warum soll ich es dir verschweigen?«

      »Soso«, macht Brenner, »und du bist natürlich überzeugt, daß sie niemals Ronalds Geliebte war.«

      »Ja!«


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