Karin Bucha Staffel 3 – Liebesroman. Karin Bucha
gespürt, daß sie dem Regisseur nicht angenehm ist, aber sein Respekt vor Ronald und dem Schauspieler ist größer.
Bald befindet Ina sich in den Händen Max Hammers, eines Mannes mit flinken, gewandten Fingern, der mit Dosen und Döschen hantiert und dabei eine erstaunliche Ruhe bewahrt. Ina schließt die Augen und läßt alles über sich ergehen.
Bald stehe ich vor der Kamera, hämmert ihr Herz. Sie hat Malton, der abseits sitzt und die Arbeit Hammers scharf beobachtet, ganz vergessen, auch den unfreundlichen Regisseur, der mit ihrer Anwesenheit nicht einverstanden ist.
Es muß alles gutgehen, es muß, fleht sie heimlich.
»Fertig!«
Sie öffnet die Augen mit den dichten, leicht nach oben gebogenen Wimpern und stößt einen kleinen Überraschungslaut aus.
»Das soll ich sein?« fragt sie fassungslos. Ihr Teint ist gebräunt.
Die Augen erscheinen durch Untermalung ungewöhnlich groß. Die Wimpern stehen strahlenförmig in dem noch rassiger wirkenden Gesicht. Der Mund ist etwas breiter gezogen und läßt die Zähne noch weißer erschei-nen.
Sie weiß wirklich nicht, ob sie sich schön findet. Sie meint, es sei eine Fremde, die ihr da aus dem Spiegel entgegenblickt.
»Was meinen Sie?« wendet Hammer sich an den langsam näherkommenden Schauspieler. Der strahlt.
»Großartig!« staunt Malton. »Und nun in das Kostüm.«
Wieder arbeiten fleißige Hände an Ina. Diesmal hat Malton die Garderobe verlassen. Er lehnt draußen im Gang und raucht eine Zigarette. Später kommt Held angefegt.
»Ist es noch nicht soweit? Es ist alles zur Aufnahme bereit.«
Als Ina erscheint, sagt Held zunächst gar nichts. Irgendwie ist er von Ina beeindruckt. Malton blickt ihn mit spottlustigem Lächeln von der Seite her an, äußert aber kein Wort.
Dann beginnen die Aufnahmen. Nur zehn Minuten dauern die Aufnahmen, dann werden die Scheinwerfer ausgeschaltet, und Ina wird von Malton und Held in den Vorführraum geleitet.
Ihr klopft das Herz so stark, daß sie meint, die Herren, die sie in ihre Mitte genommen haben, müssen es hören.
Sie hat immer noch die Schminke im Gesicht. Ihre Augen glänzen wie im Fieber vor Erwartung. Sie sieht hinreißend schön aus.
*
Ina wagt sich nicht zu rühren während der Vorführung. Auch auf ihre Begleiter wirft sie keinen Blick. Sie sitzt aufrecht und macht keine Bewegung. Sie weiß genau, die nächsten Minuten entscheiden über ihre Zukunft. Daran wird auch James Malton nichts ändern können, falls er ihr den Weg ebnen würde.
Zudem möchte sie ihm in nichts verpflichtet sein. Manchmal ist er wirklich nett, dann wieder bringt sie sein spöttischer Ton in Rage. Dann muß sie sich zusammenreißen, um nicht ungezogen zu werden.
Nicht nur Ina, Held und Malton wohnen der Vorführung bei. Es haben sich noch einige Mitarbeiter vom Stabe Ronalds eingefunden. Sie sind kritischer denn je eingestellt und verfolgen die Vorgänge auf der Leinwand mit größter Aufmerksamkeit.
Als der Raum wie von Zauberhand erleuchtet wird, herrscht zunächst Schweigen. Ina hält die Lider gesenkt und die Hände im Schoß verschlungen. Gleich wird man ihr Urteil sprechen. Man wird sie natürlich ablehnen.
Und dann kommt alles anders. Ina wird umringt, Hände strecken sich ihr zum Glückwunsch entgegen. Malton hält sich abseits. Erst nachdem Held sich Ina genähert hat und ihr mit freundlichem Lächeln die Hand drückt, kommt er auf sie zu.
Er hebt ihr Kinn etwas an, so daß sie ihn ansehen muß.
»Na, Kleines, was habe ich gesagt? Sie sind wunderbar.«
Held drängt sie von Malton weg. »Können Sie auch singen?«
»Gewiß«, erwidert sie mit zittriger Stimme, »etwas schon.«
»Dann wollen wir sofort einige Aufnahmen machen.«
»Ich komme natürlich mit«, läßt Malton sich vernehmen und hakt sich bei Ina unter. Merkwürdig, unter all den fremden Menschen kommt er ihr mit seiner unerschütterlichen Ruhe wie ein Fels in der Brandung vor. Sicher ist er manchmal ekelhaft mit seiner Überheblichkeit. Aber jetzt ist er kameradschaftlich, und dafür ist sie ihm dankbar.
Im Nu ist ein Klavierspieler da. In dem Aufnahmeraum steht ein schwarzglänzender Flügel. Ina lehnt sich leicht dagegen.
»Was wollen Sie singen?« fragt Held.
»Ich weiß nicht.« Inas Verlegenheit wird immer größer. Sie ist überzeugt, keinen Ton hervorzubringen.
»Wie wäre es mit dem Lied aus dem schwarzen Peter?« schlägt Held vor.
Malton hat eine heftige Widerrede auf der Zunge, doch als Ina eifrig nickt, schweigt er.
»Das kenne ich gut«, sagt sie und wird um vieles ruhiger. Das ist ihr Lied. Das Lied, das sie im Schlafe singen könnte, das sie überallhin verfolgt.
Das Vorspiel setzt ein, und Ina beginnt. »Ach, ich trage in meinem Herzen da drinnen, einen wundersamen Schmerz. Ja, mir ist mit einemmal tief da drinnen, so ganz wundersam ums Herz!
All meine Liebe…«
Malton sieht alles vor seinen Augen versinken. Dagegen erhebt sich vor seinem geistigen Auge die hohe, wohlgeformte Gestalt Chris Veldens, und alle Erinnerungen an sie, seine ganze Liebe zu ihr werden lebendig.
Dann starrt er auf die zierlich zu nennende Erscheinung der Sängerin. Er lauscht dem Wohllaut ihrer Stimme, ihrem bezwingenden Vortrag, und zuletzt sieht er nur noch Ina und ist von ihrem Vortrag ehrlich begeistert.
Sie erwacht wie aus einem Traum, als sich Beifall erhebt, und blickt beschämt auf Malton. Der nickt ihr begütigend zu.
»Probe gut bestanden, Ina Binding«, sagt er und hat seine gute Laune wiedergefunden. Und zu Held, der zuerst voreingenommen war, meint er: »Nun, was sagen Sie nun? Immer noch etwas auszusetzen?«
Held drückt Ina und auch Malton die Hand.
»Keine Einwendungen, Malton. Sie können beide Ihr Rollenbuch mitnehmen. Wenn Sie einstweilen in Ronalds Büro Platz nehmen wollen? Ich komme sofort nach.«
»Na also«, erwidert Malton nur. Er ist auch hier der Herrscher und läßt sich von niemandem und keinem beeinflussen.
Behutsam geleitet er Ina über Kabel hinweg und schmale Treppen, bis sie vor Ronalds Büro stehen.
»Nehmen Sie Platz, Fräulein Binding«, fordert er sie auf.
»Wollen Sie – wollen Sie nicht Ina zu mir sagen?« schlägt sie ihm zaghaft vor.
»Warum nicht? Dann verlange ich aber auch, daß Sie mich James rufen.«
»James!« wiederholt sie und ent-lockt ihm damit ein flüchtiges Lä-
cheln. Wie lieb sie seinen Namen ausspricht!
Sekundenlang ist er verwirrt und verlegen. Zum Teufel! Er ist auf dem besten Weg, sich in dieses junge Ding zu verlieben.
»Warum sehen Sie auf einmal so finster aus?« fragt sie scheu geworden.
»Ich und finster?« leugnet er. »Was Sie nicht alles sehen! Eins weiß ich ganz gewiß, man muß vor Ihnen höllisch auf der Hut sein.«
Sie zuckt mit den Schultern.
»Wüßte nicht warum.«
Zu einer Entgegnung kommt er nicht. Held erscheint. Wortreich, wie umgewandelt, überreicht er Ina das Rollenbuch.
»Also, wir versuchen es. Ronald hat wieder einmal eine feine Nase ge-
habt –«
»Gestatten Sie, einen kleinen Irrtum aufzuklären?« wirft Malton rasch ein. »Die gute Nase steht in meinem Gesicht.«
»Ach so, dann