Karin Bucha Staffel 3 – Liebesroman. Karin Bucha
verabschiedet er sich. Er ist vielbeschäftigt und muß anscheinend an vielen Stellen zugleich sein.
Malton lacht belustigt hinter ihm her.
»Ein guter Kerl, aber der bricht sich noch einmal ein Bein, bei seinem Über-eifer.«
Er nimmt wieder Inas Arm. Sie ist es nun schon gewohnt, von ihm dirigiert zu werden.
»Kommen Sie, Ina, jetzt fahren wir zu Ronald. Der wird schon ungeduldig auf uns warten.«
*
Kommissar Möller und sein Schatten, Assistent Schäfer, sind wieder in Ronalds Haus. Ronald ist nervös und zerstreut. Er hört kaum auf das, was Möller zu ihm sagt.
Er hat zwei Stunden telefoniert, um alles für Ingeborgs Beisetzung vorzubereiten, und ist völlig erschöpft.
Nichts kann ihm in diesem Augenblick unangenehmer sein als die beiden Besucher.
»Es tut mir sehr leid, Herr Ronald«, beginnt Kommissar Möller, »daß ich Sie noch einmal belästigen muß –«
»Sie wollen mich doch nicht etwa verhaften?« Ronald zwingt sich zu einem scherzhaften Ton, aber es liegt verhaltene Angst darin.
Möller schüttelt den Kopf.
»Bisher wissen wir nur, daß Ihre Frau an Gift gestorben ist«, erklärt Möller sachlich. »Sicher sind Umstände vorhanden, die Sie belasten, zumal Ihre Gattin nirgends hinkommen konnte –«
Ronald hebt den Kopf.
»Das stimmt nicht ganz, Kommissar. Meine Frau besaß einen Rollstuhl, mit dem sie überallhin konnte.«
»Wie meinen Sie –?« Interessiert neigt Möller sich vor. »Das hat uns die Schwester nicht gesagt. Wir waren der Meinung, zumindest hat sie uns darin bestärkt, daß die Kranke ihr Lager nicht verlassen hat.«
Ronald spürt, wie es ihm heiß vor Empörung in die Stirn steigt.
»Meine Frau hat ihr Lager täglich verlassen. Sie konnte sich von einem Zimmer zum anderen bewegen mittels ihres Stuhles. Sogar auf die Terrasse und in den Garten konnte sie ohne Hilfe gelangen.«
»Aber das haben Sie uns noch gar nicht gesagt?« wundert Möller sich und wechselt einen raschen Blick mit Schäfer.
»Haben Sie mich danach gefragt«, gibt Ronald spitz zurück. »Das ist doch Sache der Schwester. Die hätte es Ihnen sagen müssen.«
»Ach ja, Schwester Maria«, wiederholt Möller nachdenklich. »Ist sie noch zu Hause?«
»Natürlich!«
»Haben Sie sich gut mit ihr verstanden?« forscht Möller.
»Sie hat meine Frau aufopfernd gepflegt. Ich hatte Achtung vor ihr. Das ist alles. Sonst war sie mir gleichgültig. Eine besondere Wärme herrschte nicht zwischen uns.«
»Soso«, macht der Kommissar. Dann erhebt er sich unvermittelt. »Wir möchten noch einmal das Schlafzimmer Ihrer Gattin ansehen. Kommen Sie mit?«
»Danke«, erwidert Ronald kurz angebunden. »Ich erwarte Sie hier.«
Möller betrachtet ihn, der gealtert ist und schlecht aussieht, nicht ohne Teilnahme.
»Fühlen Sie sich schuldig?« fragt Möller.
Ronald schweigt zunächst. Kann er dem Mann erklären, daß er das damals mit Ingeborg geführte Gespräch gern rückgängig machen möchte, wenn er dazu in der Lage wäre? Hat er damit nicht eine Schuld auf sich geladen?
»Nein, ich fühle mich nicht schuldig«, sagt er fest. »Ganz einfach, weil ich nichts getan habe, was Ingeborg das Leben gekostet hat.«
»Und das eigenartige Gespräch vor Ihrer Abreise?« wirft Möller ein.
»Sind Sie verheiratet?« stellt Ronald die Gegenfrage, und Möller nickt.
»Haben Sie nicht mitunter mit Ihrer Frau Gespräche geführt, die Sie als absurd bezeichnen?«
»Ich verstehe nicht –«
»Ich meine, daß Dinge berührt werden, die nur zwei Menschen ganz allein angehen.«
»Die einem aber verhängnisvoll werden können.«
Ronald zuckt die Achseln. »Das kommt darauf an. Man kann alle Dinge auf mehrererlei Art auslegen.« Er macht eine Bewegung zur Treppe hin. »Ich will Sie nicht aufhalten. Bitte, walten Sie Ihres Amtes. Sie finden mich wieder hier unten.«
Möller verneigt sich. »Danke«, sagt er kurz.
Sie marschieren davon. Außer Hörweite fragt Möller: »Was halten Sie von Ronald?«
»Ich halte ihn für unschuldig.«
Überrascht bleibt Möller stehen.
»Sie halten ihn für unschuldig, dabei waren Sie es, der ihn von Anfang an für den Täter hielt.«
»Damals, Herr Kommissar. Ich habe die Akte eingehend studiert und mache mir so meine Gedanken darüber.«
»Und darf man etwas von diesen Gedanken wissen?« Das klingt spöttisch.
»Noch nicht, Herr Kommissar. Vielleicht irre ich mich auch, dann bin ich blamiert.«
»Also los, untersuchen wir noch einmal das Schlafzimmer Frau Ronalds«, kommandiert Möller, und sie verschwinden hinter der doppelflügeligen Tür.
Als Möller und Schäfer wieder bei Ronald erscheinen, sitzen der Schauspieler Malton und Ina Binding bei dem Hausherrn.
»Wir hätten einige Fragen an Sie zu richten«, beginnt der Kommissar. »Wo können wir ungestört sprechen?«
»Hier. Vor meinen Freunden habe ich keine Geheimnisse, ich habe überhaupt keine Geheimnisse.« Ronald sieht mißmutig aus.
Im selben Augenblick erscheint Schwester Maria und meldet:
»Frau Velden möchte Herrn Ronald sprechen.«
Sofort springt dieser lebhaft auf. »Bitten Sie sie herein. Nein, warten Sie. Ich hole sie selbst.« Und dann stürmt er los, und der Kommissar sieht mit nachdenklicher Miene hinter ihm her.
Ronald kehrt wenig später mit Chris Velden zurück. Sie stutzt, als sie Malton und seine Begleiterin erblickt, und erschrickt, als sie den Kommissar und seinen Assistenten entdeckt.
»Komme ich ungelegen?« fragt sie.
»Durchaus nicht, Chris«, ermunterte Ronald sie und macht sie mit Ina Bindung bekannt.
Sie finden sofort Gefallen aneinander, und als Chris hört, daß sie im nächsten Film neben Malton die Hauptrolle spielt, freut sie sich ehrlich und beglückt die errötende Ina.
Sie sitzen um den runden tiefen Tisch auf Couch und Sessel. Es macht den Eindruck, als wären sie zu Gast, dabei liegt eine unsichtbare Spannung in der Luft, die nur von Ina nicht bemerkt wird. Sie lauscht erst, als sie hört, wie der Kommissar sich an Ronald wendet.
»War Ihre Frau eigentlich fromm?«
Beinahe hätte Ronald hell herausgelacht. »Fromm? Sie war gläubig, wie wir auch.«
»Ich meine, hat sie sich viel mit geistlichen Schriften befaßt?«
Er zuckt mit der Schulter.
»Keine Ahnung. Vielleicht fragen Sie darüber lieber Schwester Maria? Sie war ja stündlich um meine Frau herum. In der kurzen Zeit, da ich neben ihr saß, haben wir uns über unseren gegenseitigen Tagesablauf unterhalten.«
»Und dabei hat sie nie von solchen Dingen gesprochen?«
»Nicht, daß ich mich erinnere«, sagt Ronald offen.
»Wir haben eine ganze Menge von diesen Zeitschriften gefunden.«
Damit überreicht der Kommissar dem verdutzt dreinblickenden Ronald ein Bündel Zeitschriften.
Der nimmt sie in die Hand,