Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker). Robert Kraft

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker) - Robert Kraft


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zu kommen?«

      Ich merkte deutlich, wie Simmer nicht mehr gefragt zu werden wünschte über Sachen, die ihm nichts angingen, und ich gab nach.

      DER STALL DES AUGIAS.

       Inhaltsverzeichnis

      Noch an demselben Tage traten wir den Rückweg an, den wir wegen des Wassers über die hochgelegene Quelle nehmen mußten, um noch einmal unsere Schläuche zu füllen.

      Dann hatten wir auf dieser Seite, nach Westen, nur noch fünf Stunden zu marschieren, dann war der grüngraue Wall erreicht, der die ganze Insel rings umsäumte, und wie ich ihn erstiegen, lag vor mir an einer Felsformation ein Fahrzeug.

      Ich wußte gar nicht, was ich daraus machen sollte. Zuerst dachte ich an so eine Art von Elbkahn, nur schlanker gebaut war es. Bis ich erkannte, daß die ganze Takelage, aus zwei Masten bestehend, niedergelegt war, und diese Masten waren für solch eine schlanke Jacht, die für Renn- oder Sportzwecke erbaut zu sein schien, außerordentlich kurz.

      »Sie wundern sich? Sie haben solch einen Schiffstyp noch nie gesehen?« sagte denn auch Simmer gleich. »Das Fahrzeug ist extra zur Durchquerung der Fucusbank gebaut. Außerdem irritieren Sie auch nur die umgelegten Masten. Draußen auf offenem Meere mit geschwellten Segeln ist es eine ganz gewöhnliche Privatjacht, deren Besitzer sich nicht auf allzu hohe Masten hat einlassen wollen.«

      An Deck befanden sich einige meiner Leute und zwei Indier. Im übrigen fasse ich alles kurz zusammen.

      Raum war in dem niedrigen Zwischendeck gerade genug vorhanden, um alle meine Leute aufzunehmen, daß sie sich wenigstens bequem nebeneinander ausstrecken konnten.

      »Es ist nur eine Fahrt von sechs Stunden,« sagte Simmer, »die Leute können sich meistens an Deck aufhalten.«

      Simmer hatte Blodwen seine eigene Kabine angewiesen, zwerghaft klein, eine Kajüte gab es überhaupt nicht, ich selbst brauchte keine Unterkunft. Dann wurden von einigen Indiern, die aus einer Luke auftauchten, an die Leute Decken aus Kokosbast verteilt, in die sie wenigstens ihre nackten Glieder einhüllen konnten. Simmer trat ans Sprachrohr, ein mir unverständliches Kommando, und das Fahrzeug setzte sich in Bewegung.

      Ich weiß nicht – ich war ganz kopfscheu geworden. Das war alles so schnell gegangen, und nun schusselte das doch ganz stattliche Fahrzeug, mindestens zwanzig Meter lang, über den Seetang nur so hin.

      Ja, wie kam denn das eigentlich alles?

      Warum der Seetang diesem Fahrzeug nicht hinderlich sein konnte, das hatte ich sofort heraus. Hier war jene schräge Fläche angewendet, an die ich schon selbst gedacht hatte, welche vielleicht noch praktischer war als die schneidende Messervorrichtung.

      Es war vorn eben ein großes Brett angebracht, es schien unter dem Schiff hinwegzugehen, da konnte sich kein Seetang festsetzen, und das ganze große Fahrzeug schusselte mit einer Leichtigkeit über die grüne Wiese hin, wie so eine polierte Holzplatte über die spiegelglatte Eisfläche.

      Ich war erstaunt. Daß eine schiefe Fläche solch einen Erfolg haben könnte, hätte ich nimmer geglaubt. Dagegen war ja meine Messervorrichtung ein ganz plumpes Mittel.

      Da aber konnte auch nur eines hier in Betracht kommen.

      »Dieses Fahrzeug ist doch nicht auf Kiel gebaut,« wandte ich mich an Simmer, welcher hinten das kleine Steuerrad bediente.

      »Nein, es ist ganz flach – flach wie ein Flußkahn. Es ist eben nur zum Befahren der Fucusbank bestimmt. Kommen wir einmal auf offene See, und ist diese nur etwas unruhig, so muß ein Kielschwert angebracht werden, sonst würden wir sofort kentern.«

      Ja, aber wodurch wurde die Jacht denn eigentlich vorwärtsgetrieben? Ich stellte noch keine Frage, sondern schaute mich um.

      Wenn ein Fahrzeug durch Maschinenkraft getrieben wird, so muß mit Kohlen geheizt werden, und dazu gehört ein Schornstein.

      Das mag jetzt nicht unbedingt nötig sein, aber damals wußte man noch nichts von Petroleummotoren und dergleichen. Damals kannte man nur Kohle, oder meinetwegen auch, wie auf den Mississippidampfern, Holz; aber unbedingt gehörte ein Schornstein dazu, sonst brannte das Feuer unter dem Kessel nicht.

      Und hier? Von Schornstein gar keine Spur. Das Deck war überhaupt ganz glatt. Ein winziges Boot, das war alles.

      Plötzlich lauschte ich. Was für ein eigentümliches Summen war das, das an meine Ohren klang? So eine schwermütige Melodie, zugleich aber doch faszinierend, taktmäßig – und das Summen schien wie aus dem Innern der Jacht zu kommen.

      »So,« sagte Simmer, das Steuerrad einem halbnackten Indier übergebend, »nun wollen Sie wohl erst einmal das Innere der Galeerenjacht besichtigen.«

      »Wie nennen Sie dieses Fahrzeug? Eine Galeerenjacht?«

      »Ja, es ist eine Galeere. Nur daß die Menschen nicht, wie in früheren Zeiten, Riemen oder Ruder hin und her bewegen.«

      Ich folgte ihm durch das niedrige Zwischendeck, in dem ich nicht aufrecht stehen konnte, in den untersten Raum hinab, so niedrig, daß ich kaum gebückt stehen konnte.

      Hier saßen auf Bänken zwei Dutzend Indier, auf jeder Seite zwölf, bewegten sich im Rudertakt hin und her, dazu mit leiser Stimme ein Lied singend, jeder hatte auch scheinbar einen Rudergriff in der Hand, aber das war kein eigentliches Ruder, nur ein Griff, eine kurze Stange, die mit einer langen Zahnradwelle verbunden war, welche durch das ganze Schiff lief.

      Eine technische Beschreibung, wie die Ruderbewegung in eine rotierende übertragen wurde, sei mir erlassen. Das würde so kompliziert werden, wie es in Wirklichkeit einfach war.

      Ich staunte nicht schlecht. So etwas hatte ich eben noch nie gesehen. Sonst aber war mir alles gleich klar. Die Ruderer trieben eine Schiffsschraube, regelrecht hinten angebracht.

      »Wir haben noch mehrere solche Galeerenjachten,« meinte Simmer.

      »Wessen geniale Erfindung ist denn das?«

      »Mata, Sahib,« entgegnete Simmer.

      »Was sagen Sie da?«

      »Weiß nicht, Herr. An dieses Hindustanische ›mata‹ müssen Sie sich noch gewöhnen, das werden Sie noch oft genug zu hören bekommen.«

      Da sollte Simmer allerdings recht haben. Außerdem schien es mir schon jetzt, als sei auch dieser germanische Kapitän bereits etwas von dem indischen Phlegma, das wohl erschrecken kann, sich aber über nichts wundert, angesteckt worden.

      Er konnte mir auch später wirklich nicht sagen, wer diese Erfindung eigentlich ausgegrübelt hatte. Diese Galeerenjachten waren schon dagewesen, als er in den Dienst des Maharadschas trat, und damit basta. Wenn sie einmal da waren, dann war es ja gut.

      Ich betrachtete die Rudernden, lauter prachtvoll gewachsene, athletische Burschen, und das kam nun alles so zum Ausdruck, wie sie sich mit ihren nackten, braunen Körpern auf den Bänken hin und her bewegten, und dazu der leise, melancholische, und dennoch faszinierende Gesang – es machte einen gewaltigen Eindruck auf mich, vor mir stieg die alte Römerzeit auf, ich sah die Galeere, von nubischen Sklaven bemannt. Nur die Fesseln fehlten.

      Und doch, indische Verhältnisse …

      »Das sind doch keine Sklaven?« fragte ich Simmer leise.

      »Wie man’s nimmt. Leibeigene des Maharadschas sind es jedenfalls, ohne freien Willen. Doch beruhigen Sie sich, die leiden keine Not, sind auch äußerst zufrieden mit ihrem Schicksal. Sehen Sie nur, wie die sich ins Zeug legen, die brauchen keinen Taktschläger.«

      Wir begaben uns wieder nach oben. Ueber die Fahrt selbst habe ich sonst nichts weiter zu sagen.

      Blodwen verließ ihre Kabine nicht, meine Leute lungerten an Deck herum, manchmal löste einer zum Spaß einen braunen Ruderer ab, auch ich tat es einmal.

      Unser Essen bestand während dieser sechs Stunden


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