Monstermauern, Mumien und Mysterien Band 1. Walter-Jörg Langbein

Monstermauern, Mumien und Mysterien Band 1 - Walter-Jörg Langbein


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Jesu. Auf ihrem Schoß sitzt kein Geringerer als »S. Johannes«, später Jünger Jesu und Evangelist, natürlich auch ein Cousin Jesu. »S. Jakobus maj.« versucht gerade auf den Schoß seiner Mutter zu klettern. Auch er gilt als Cousin Jesu und gehörte später zur Jüngerschar.

      »S. Anna« (Person 2) war gleich drei Mal verheiratet, und zwar mit Joachim, dem Vater der Maria, mit Kleophas und mit Salomas. Zwei dieser drei Herren finden sich in schöner Eintracht am langen Tisch. »S. Joachim« (Person 5), der erste Mann von Anna, muss sich mit einem Platz an der »anderen« Seite der Tafel begnügen. »S. Cleophas« (Person 6) steht noch weiter abseits, ebenfalls auf der »anderen« Seite der Tafel. »S. Joseph« (Person 7), der irdische Vater Jesu, steht schräg hinter der »Gottesmutter«. Fromm faltet er die Hände, blickt nachdenklich auf Frau und Sohn. Kurz gesagt: die wichtigen Frauen stehen vor dem Tisch, die Männer auf der »anderen« Seite.

      Dort steht freilich auch »S. Elisabeth neptis S. Annae« (Enkelin der Heiligen Anna) (Person 8), Cousine der »Jungfrau Maria« und Mutter von Johannes, genannt der Täufer. »S. Zacharias« (Person 9), Ehemann der »S. Elisabeth«, Vater von Johannes, darf direkt neben Frau und Kind stehen. Johannes der Täufer nebst Eltern wird vom unbekannten Künstler im Gemälde von Limburg an die »andere« Tafelseite gestellt, während Maria und Jesus vorn stehen. Auf diese Weise soll wohl die Vorrangstellung von Jesus und Maria in der im Gemälde dargestellten Hierarchie verdeutlicht werden. Anachronistisch haben sich die Stifter des Gemäldes Johannes Zanger (Person 10) und Anna Kalchoffen (Person 11) ins Gemälde geschlichen.

      Und weil wir schon bei Anachronismen sind, sei mir ein humoriger Hinweis gestattet! Was liegt da auf dem Tisch vor Zacharias, dem Vater des Täufers? Bedient der fromme Mann da nicht gar ein iPad, geschickt, kundig und diskret?

      Scherz beiseite. Zurück zu Jesse alias Isai (Person 1), Vater von König David. Rechts von David Steht ein in Grün gewandeter Mann mit gelber Mütze (Person 2).

      Rechts daneben machen wir einen Mann aus (Person 3) in Gelb mit Krone auf dem Haupt. Der Mann mit der Krone hat zwei Spruchbändern aufzuweisen. Die fehlerhaft wiedergegebenen lateinischen Worte sind wohl falsch aus der Vulgata abgeschrieben worden, sie stammen aus Haggai Kapitel 2, Vers 7: »Ja, alle Heiden will ich erschüttern. Da sollen dann kommen aller Völker Kostbarkeiten, und ich will dies Haus voll Herrlichkeit machen, spricht der Herr Zebaoth.« Über den Propheten Haggai wissen wir so gut wie nichts. Geboren wurde er in babylonischer Gefangenschaft.

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      iPad???

      Nach Rückkehr aus der Gefangenschaft ins Land der Israeliten musste der zerstörte Tempel wiederaufgebaut werden. Die Prophezeiung des Haggai kündigt eine glorreiche Zeit für den Tempel an.

      Das zweite Spruchband »Cantate Dominum canticum novum Ps« ist als Zitat aus den Psalmen gekennzeichnet. Dort begegnet es uns gleich zwei Mal: Psalm 96, Vers 1 und Psalm 98, Vers 1: »Singet dem Herrn ein neues Lied; singet dem Herrn, alle Welt!«

      Rechts daneben – im Hintergrund – steht ein Mann in Grün mit schmutzig gelber Mütze (Person 4). Sein Spruchband trägt eine Prophezeiung aus dem Buch Sacharja Kapitel 3, Vers 8. Das Original in Latein: »Adducam servum meum orientem. Zach« Die Übersetzung: » … denn siehe, ich will meinen Knecht ›Spross‹ kommen lassen.« Bei Sacharja gibt es den theologischen Begriff »servus oriens« für den »Messias«, den »Gesalbten«, den »Erlöser«.

      Rechts daneben: Ein Mann in Blaugrau ohne Kopfbedeckung (Person 5). Seit Spruchband: Zitat aus dem Lukas-Evangelium Kapitel 1, Vers 35: »Darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.«

      Die nächste Person (Person 6) steht im Hintergrund, ist in Gelb gekleidet und hat – stark gekürzt – einen Vers aus dem Buch Maleachi auf seinem Spruchband (Kapitel 3, Vers 20): »Euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln.«

      Rechts außen steht ein in Rot gekleideter Mann ohne Kopfbedeckung. Sein Spruchband kündet: »Mulier amicta sole, et luna sub pedibus ejus Apoc«. Apoc verweist auf die Apokalypse oder Offenbarung Kapitel 12, Vers 1. Nach der aktuellen Luther-Ausgabe von 2017 heißt das: »Eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen« wird am Himmel erscheinen zum Ende der Zeit.

      Die Spruchbänder, die uns die Männer vom Limburger Gemälde entgegenhalten, und ich habe nicht alle zitiert, preisen entweder Gott, verkünden den Messias oder verweisen auf die Zeit der Apokalypse. Oder sie benennen die dargestellten Personen. Dargestellt werden sollen die königlichen Vorfahren Jesu von Jesse an…

      Person 1: König David,

      Person 2: König Salomon,

      Person 3: König Achaz,

      Person 4: König Joram,

      Person 5: König Raboam,

      Person 6: König Ahia,

      Person 7: König Ozias,

      Person 8: König Joatham,

      Person 9: König Aso,

      Person 10: König Josapha,

      Person 11: Maria mit dem Jesuskind,

      Person 12: König Manasses alias Manasse

      Person 13: König Ezechias, Ezechia, Hiskia oder Hiskias

      Gibt es im Dom von Limburg die Darstellung eines UFOs? Teil 4

      Roman Nickel hat sich durch geradezu detektivische Recherchen, die eines Sherlock Holmes würdig sind, in Sachen »Wurzel Jesse«-Gemälde im Dom zu Limburg verdient gemacht. Roman Nickel schreibt (1):

      »Die vier Personen, die die Wurzel Jesse flankieren, sind zwar nicht durch Spruchbändern namentlich bekannt, doch durch die Bibelzitate und die bildliche Darstellung eindeutig zu identifizieren. Es handelt sich um einige der wichtigsten Personen des Alten Testaments. Es sind Propheten, die in direktem Kontakt mit Gott standen und daher eine besondere Verehrung verdienen. Die Zitate zielen eben darauf ab, denn sie sind immer Ausschnitte aus Erfahrungen zwischen dem Propheten und Gott: Gott spricht durch den brennenden Dornbusch zu Moses, Aarons Stab fängt als göttliches Zeichen an zu sprießen, Jesaja und Ezechiel haben Träume/ Visionen von göttlichen Botschaften. Sie können also als Wegbereiter und Ankündiger des Messias verstanden werden und lassen sich auch als solche in diesem Gemälde interpretieren.«

Links_oben_Moses_mit_Dornbusch

      Links oben: Moses mit Dornbusch

      Foto: Eva und Rolf Streblow

      Beginnen wir mit dem ersten Bild (links oben): Das Zitat auf dem Spruchband lautet: »Rubo ardet et non comiretur Exod 3« 2. Buch Mose 3, 2: »Und der Engel des Herrn erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde.«

      Kein Zweifel: Es geht hier um die mysteriöse Szene »Moses und der brennende Dornbusch«. Kurios: Zunächst spricht der »Engel des Herrn« aus dem Busch, dann der Herr selbst (2. Mose Kapitel 3, Verse 2-6): »Und der Engel des Herrn erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde.

      Da sprach er: Ich will hingehen und diese wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt.

      Als aber der Herr sah, dass er hinging, um zu sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich.

      Er sprach: Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land!

      Und er sprach weiter: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.«

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