Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman - Toni Waidacher


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sprach, daß sein Wunsch sich nicht erfüllte...

      *

      »Thomas, wann gehen wir denn endlich auf die Kirchweih?«

      Lisa Hofstetter zupfte ihren Onkel am Arm. Der junge Bauernsohn lachte und griff nach ihr.

      »Sei net so ungeduldig, kleine Maus«, sagte er. »Ich bin ja gleich soweit.«

      Franz, sein Bruder, kam gerade aus der Haustür.

      »Na, läßt sie dir keine Ruhe?«

      Thomas zwinkerte ihm zu.

      »Die Burschen werden alle neidisch schauen, wenn sie mich mit so einem feschen Madl sehen«, meinte er.

      Die Sechsjährige drehte sich selbstbewußt um die eigene Achse. Lisa trug ein hübsches Kleid, die blonden Haare hatte ihre Mutter in einem langen Zopf gebändigt, der über die kleinen Schultern hing.

      »Wenn ich mal groß bin, werd’ ich dich heiraten«, hatte sie einmal zu ihrem Onkel gesagt und ihn dabei treuherzig angeschaut.

      »Oje«, meinte Thomas daraufhin, »dann bin ich ja schon ein alter Mann.«

      »Das macht nix«, war Lisas Meinung, »so junge Burschen mag ich sowieso net.«

      Dabei hatte sie Florian Drechsler im Sinn gehabt, den Sohn vom Nachbarhof, mit dem sie, just an diesem Morgen, Streit gehabt hatte.

      »Weißt’ was?« hatte Thomas Hofstetter daraufhin vorgeschlagen. »Wir können zwar net heiraten, aber dafür gehn wir zusammen auf die Kirchweih.«

      Das Gespräch hatte schon vor Monaten stattgefunden, und beinahe jeden Tag fragte Lisa, wann denn nun Kirchweih sei. Als ihr Onkel dann beim Mittagessen erzählte, daß heute der große Tag gekommen sei, da konnte sie es gar nicht mehr abwarten, endlich loszugehen.

      Klara Hofstetter, Franz’ Frau kam, eine Strickjacke in der Hand, aus dem Haus.

      »So, ihr zwei, dann kann’s ja losgeh’n.«

      Sie zog Lisa die Jacke an und setzte sie auf den Kindersitz, den Thomas schon auf die Rückbank seines Autos gestellt hatte.

      »Viel Spaß«, riefen die Eltern hinterher, als der Wagen vom Hof fuhr.

      »Den werden wir haben, was, Spatzl«, sagte Thomas, während er gutgelaunt die Richtung nach St. Johann einschlug.

      Natürlich löste er sein Versprechen gerne ein, aber es gab auch noch einen anderen Grund, warum der gutaussehende Bursche sich auf die Kirchweih freute, und der hieß Christel Ottinger.

      Im letzten Jahr war ihm das Madl vom Kinderkarussell zum ersten Mal aufgefallen. Es saß in der kleinen Kabine und verkaufte die Fahr-chips, mit denen die Kleinen dann ihre Fahrten ›bezahlten‹. Mehr als den Namen wußte Thomas eigentlich nicht, nur daß Christel ihm in den letzten zwölf Monaten nicht aus dem Sinn gegangen war, und er hoffte, daß das kleine Unternehmen auch in diesem Jahr den Weg zur Kirchweih in St. Johann gefunden hatte.

      Oft hatte er sich gefragt, warum er sein Herz ausgerechnet an eine Frau verloren hatte, die zu einer Gesellschaftsschicht gehörte, die der Volksmund gemeinhin als ›Fahrendes Volk‹ bezeichnete, und die auch nicht immer gut gelitten war?

      Natürlich hatte sich diese Einstellung mit den Jahren geändert, aber Thomas wußte genau, daß er seinen Eltern nicht damit kommen durfte, Christel heiraten zu wollen.

      Aber soweit war es auch noch gar nicht. Niemand, auch seine Angebetete, wußte nicht von dieser Liebe, die er heimlich, seit einem Jahr, in seinem Herzen trug.

      Der Bauernsohn parkte seinen Wagen auf dem dafür vorgesehenen Acker, gleich neben der Festwiese. Lisa sprang heraus.

      »Ich kann schon die Musi’ hörn«, rief sie und klatschte begeistert in die Hände.

      Ihr Onkel schmunzelte und nahm sie an die Hand.

      »Na, dann wollen wir mal.«

      Obwohl es der erste Tag war, hatten schon zahlreiche Besucher den Weg hierher gefunden. Thomas und Lisa reihten sich in den Strom der Vergnügungssuchenden ein und betraten die Festwiese. Viele bekannte Gesichter begegneten ihnen, und alle lächelten fröhlich, während es nach gerösteten Mandeln und Bratwürstchen roch.

      Natürlich führte der erste Weg zum Kinderkarussell. Schon auf der Fahrt hatte Lisa davon gesprochen, in einem der kleinen Autos fahren zu wollen. Als sie dort ankamen drehte sich das Karussell gerade, obwohl es kaum besetzt war. Aus den Lautsprechern erklangen alte Schlager.

      Thomas hatte erwartungsvoll zu der kleinen Kabine gesehen, in der er Christel zu sehen hoffte. Zu seiner Enttäuschung saß dort aber ein alter Mann. Ihr Vater, vermutete der Bauernsohn und ging hinüber, um die Chips zu kaufen.

      Gleichzeitig machte er sich darüber Gedanken, warum das Madl nicht die Aufgabe des Verkaufens übernommen hatte.

      War es anderswo beschäftigt? Oder gar krank? Oder war Christel – noch schlimmer! – in diesem Jahr vielleicht gar nicht mitgekommen?

      Zu fragen wagte Thomas Hofstetter nicht. Er bezahlte den geforderten Preis für drei Fahrten und nahm die Chips entgegen. Das Karussell hatte inzwischen angehalten, und Lisa sucht sich bereits ein kleines Auto aus. Rotlackiert, mit einer Hupe, die einen Heidenlärm machte, wenn die Kleine darauf drückte. Schmunzelnd reichte er ihr einen Chip und stellte sich etwas abseits. Ein junger Mann ging herum und sammelte die Chips bei den Kindern wieder ein.

      Der Alte in der Kabine, der auch gleichzeitig die Ansagen machte, gab das Signal zum Start. Lisa hupte, als sich das Karussell langsam in Bewegung setzte und schließlich ein bißchen an Fahrt gewann. Sie winkte ihrem Onkel zu, und Thomas winkte zurück, während er immer wieder zu der Kabine hinüberschaute, und zu den Wohnwagen, die hinter dem Fahrgeschäft standen.

      Aber von Christel Ottinger war nichts zu sehen.

      *

      Max kam etwas später zum Abendessen ins Pfarrhaus als sonst. Die Einsätze auf dem Festplatz bedeuteten immer eine Änderung im Dienstplan. Jeweils zwei Beamte gingen Streife, und nach dem Essen würde der Bruder des Geistlichen noch einmal für ein paar Stunden dort Dienst haben.

      »Bis auf die beiden Streithähne, heut’ mittag, ist alles ruhig«, berichtete er zufrieden.

      Er hatte auch nicht damit gerechnet, daß es gleich heute zu Ausschreitungen kommen würde. Die ›heiße Phase‹, wie es bei ihm und seinen Kollegen genannt wurde, würde erst am Freitagabend beginnen, wenn die übermütigen jungen Burschen aus den Nachbardörfern auf das Volksfest kamen. Dann mußte durchaus damit gerechnet werden, daß nach einigen überzähligen Maß Bier die Gäule mit den Besuchern durchgingen.

      »Mir tut’s Madl leid«, sagte Sebastian. »Es hat ohnehin kein leichtes Leben. Der Wenzel kann von Glück sagen, daß die Christel noch bei ihm ist und sich net schon längst einen Burschen zum Mann genommen hat. Da müßt’ er als Vater eigentlich darauf bedacht sein, daß es so bleibt.«

      »Ich hoff’, daß meine Worte den beiden Mahnung genug waren«, seufzte Max und griff zum Brot. »Jedenfalls werd’ ich net lang’ fackeln und hart durchgreifen.«

      »Und ich werd’ wohl noch mal mit ihnen reden müssen«, meinte der Geistliche. »Jetzt mögen sie zwar erst einmal klein beigegeben haben, aber immerhin sind’s drei Tag’, die sie da auf dem Festplatz zusammenhocken.«

      Sebastian schenkte Mineralwasser ein. Sonst gab es zum Abendessen im Pfarrhaus schon mal ein Glas Bier, aber da Max nur Essenpause, aber noch keinen Dienstschluß hatte, wurde heute darauf verzichtet.

      »Außerdem frag’ ich mich, wie sich die beiden Söhne vom Anton verhalten werden?« fuhr der Seel-sorger fort. »Ich erinner’ mich, daß sie im letzten Jahr net aufgefallen sind, als die beiden Alten sich gestritten haben.«

      Der junge Polizist verdrehte die Augen, als sein Bruder ihn an die Episode erinnerte. Während der Kirchweih im vergangenen Jahr hatte es schon einmal einen heftigen Streit zwischen den beiden alten Schaustellern gegeben. Damals waren sie allerdings


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