Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 4 – Familienroman. Michaela Dornberg
gemacht, ihn einladen zu dürfen. Verrückte Welt! Verrückte Nicki!
Roberta würde ihrer Freundin so gern helfen, schon allein aus dem Grund, um endlich Ruhe zu haben. Doch sie kannte keinen Mathias, und ihre Umfragen hatten ebenfalls nichts ergeben. Es gab zwar den einen oder anderen Mathias, aber bei denen passte weder das Alter noch das Aussehen.
Es wäre schön, wenn Nicki endlich den Mann fände, mit dem sie glücklich sein konnte, damit sie endlich zur Ruhe käme. Doch Nicki griff immer daneben, bis auf das eine Mal, als sie Roberto Andoni kennengelernt hatte. Er wäre der Richtige gewesen, doch den hatte sie verlassen, und als ihr klar geworden war, dass es ein Fehler gewesen war, da hatte Roberto sich anderweitig orientiert, da hatte er seine Susanne gefunden, mit der er glücklich war, und die Krönung dieses Glücks war die kleine Valentina. Eine Tatsache, die die arme Nicki beinahe zerrissen hatte, denn Valentina hätte auch ihre Tochter sein können, wäre sie mit Roberto zusammengeblieben.
Dieser Mathias hatte sie von Roberto abgebracht, über den redete sie nicht mehr. Aber wo war Mathias?
Es war ganz schön etwas los im malerischen Sonnenwinkel und Umgebung.
Roberta war froh, ihren Lars gefunden zu haben. Sie verbrachten wundervolle Zeiten miteinander. Manchmal bekam Roberta sogar ein schlechtes Gewissen, weil sie so glücklich war, während ihre Freundin Nicki mit dem Schicksal haderte.
Roberta lief eilig zum ›Seeblick‹, traf hier und da Leute aus dem Sonnenwinkel, Patienten. Ja, seit Roberto Andoni der Wirt des ›Seeblicks‹ war, war da ordentlich etwas los.
Aber Roberto gab sich auch alle Mühe, seine Gäste mit kulinarischen Köstlichkeiten zufriedenzustellen, er bemühte sich um alle Gäste. Die Vorbesitzer hatten ihre Sache auch gut gemacht, doch das war kein Vergleich zu dem, was jetzt geboten wurde. Dazwischen lagen Welten, und Roberta wünschte sich, Roberto und Susanne würden noch lange den ›Seeblick‹ betreiben, und das nicht nur wegen des hervorragenden Essens, wegen des stimmigen Ambientes, sondern vor allem, weil Roberto und Susanne ihr gute Freunde geworden waren. Roberto war nicht eine Sekunde sauer auf sie gewesen, weil sie Nickis Freundin war. Das war ja manchmal so, dass bei Trennungen das gesamte Umfeld mit in Mitleidenschaft geriet.
Roberta freute sich auf ein gutes Glas Wein, und natürlich hoffte sie, auch einen Blick auf die kleine Valentina werfen zu dürfen, in die sie so richtig vernarrt war und die vorher nicht gekannte Sehnsüchte in ihr weckte.
Oben angekommen, ging Roberta nicht direkt ins Restaurant hinein, sondern lief um das Haus zur Terrasse, auf der man sich im Sommer tummelte, jetzt standen nur noch ein paar einsame zusammengestellte Tische und Stühle herum, die man irgendwann auch abtransportieren würde. Die schönste Zeit des Jahres war vorbei, in der man bis in die Nacht hinein draußen sitzen konnte. Von diesem Platz hier hatte man einen gigantischen Blick auf den Sternsee, der in seiner ganzen Pracht vor einem lag. Ja, das Restaurant trug seinen Namen ›Seeblick‹ nicht umsonst. Von nirgendwo sonst sah der See so beeindruckend aus wie von hier oben, und das zu jeder Tages- und Jahreszeit.
Ach ja, es war schon schön, in dieser herrlichen Gegend zu leben, in der viele Leute Urlaub machten. Zunächst war der Sonnenwinkel für sie ein Fluchtort gewesen, da hatte sie ihre Wunden geleckt nach diesem schrecklichen Rosenkrieg mit ihrem Exmann Max. Das war längst vorbei, der Sonnenwinkel war ihr Lebensmittelpunkt geworden, hier war sie angekommen. Und Roberta konnte sich nicht vorstellen, hier noch einmal wegzugehen.
Erst als sie fröstelte, wandte sie sich ab und lief in das Restaurant, in dem sie von Roberto Andoni freudig begrüßt wurde. Sie mochte Roberto sehr gern, doch wegen ihm allein war sie nicht gekommen.
»Kann ich jetzt auch noch Susanne und die kleine Valentina begrüßen?«
»Tut mir leid, Susanne ist mit unserem Sonnenschein zu einer Tante gefahren, die leider nicht herkommen kann, weil sie eine Fußverletzung hat, aber Valentia unbedingt sehen möchte. Und da Susanne an dieser Tante hängt, erfüllt sie deren Wunsch. Sie ist gestern gefahren und kommt übermorgen wieder. Die beiden vermisse ich jetzt bereits. Mein Leben, das Haus, alles ist so leer.«
Roberta war ein wenig enttäuscht, und auch wenn sie nichts sagte, war ihr das anzusehen. Roberto Andoni bemerkte es sofort.
»Aber du gehst doch jetzt nicht gleich wieder, sondern du bleibst hier und leistest mir ein wenig Gesellschaft, oder?« Er blickte sie bittend an. »Ich kann gut ein bisschen seelischen Beistand gebrauchen. Außerdem möchte ich dir auch etwas erzählen. Und natürlich ist es immer schön, dich zu sehen, deine kluge Meinung zu hören.«
Selbstverständlich blieb Roberta. Roberto war ihr Freund, sie hatten sich immer etwas zu sagen.
Das Restaurant war wieder gut besucht, doch es war nicht so voll wie sonst, und das war gut so. Da hatten sie mehr Zeit, um miteinander zu reden. Roberta war gespannt auf das, was er ihr sagen wollte. Doch zunächst einmal wurde ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt. Auch wenn es hier im ›Seeblick‹ ein ausgezeichnetes Personal gab, waren die Gäste es gewohnt, dass der Chef sich auch am Tisch blicken ließ, um ein paar Worte zu plaudern. Vor Valentinas Geburt hatten Roberto und Susanne es sich geteilt, und damit waren die Gäste ebenfalls zufrieden gewesen. Seit Valentinas Geburt ließ sich Susanne kaum noch im Restaurant blicken, ihre Interessen hatten sich komplett verlagert. Also lag es bei Roberto allein, die Shake-Hands zu machen.
Ehe er diesen Job machte, bat er Roberta, auf jeden Fall seine neueste Creation, ganz köstliche Frutti die Mare zu probieren und dazu den entsprechenden Wein, den er auch aus allen Angeboten mit sehr viel Sorgfalt ausgewählt hatte.
Ja, so war er der Roberto, immer kredenzte er ihr etwas, manchmal war es Roberta schon peinlich, weil er kein Geld dafür haben wollte. Er war noch immer dankbar, dass Roberta so tatkräftig bei der Geburt der kleinen Valentina eingeschritten war.
Roberta beobachtete ihn, wie er von Tisch zu Tisch wanderte, charmant mit den Gästen plauderte.
Er machte das toll, doch das wussten die Gäste mittlerweile auch.
Nach einer Weile kam Roberto zu ihr zurück an den Tisch, setzte sich, schenkte Wein nach, Roberta schwärmte von den Köstlichkeiten, dann sprach er über seine Susanne und das große Glück seines Lebens, die kleine Valentina.
Roberta wollte ihn nicht unterbrechen, doch das alles kannte sie bereits. Darüber wollte er mit ihr reden?
Schon wollte sie ihn fragen, als er zu sprechen begann. »Roberta, du sollst es als Erste erfahren. Wir planen, unsere Zelte hier abzubrechen.«
Roberta hätte sich beinahe an ihrem Wein verschluckt, sie stellte das Glas ab, blickte ihn ganz entgeistert an.
»Was hast du da gesagt?«
Er nickte entschieden.
»Ja, wir werden nach Italien gehen, vermutlich in die Toscana. Und dort werde ich auf jeden Fall kein Restaurant mehr betreiben.«
Diese Neuigkeit musste Roberta erst einmal verdauen. Als er hergekommen war, hatte ihm die Denkmalschutzbehörde so viele Steine in den Weg gelegt, er hatte seine Pläne nicht verwirklich können, dennoch nicht aufgegeben. Und dann war das entstanden, was Gäste von weit und breit anlockte.
Und das wollte er aufgeben?
Roberta konnte es nicht glauben.
»Warum, Roberto?«, ächzte sie schließlich. »Der ›Seeblick‹ ist ein Schmuckstück, und du hast so lange und so intensiv gekämpft.«
Er nickte.
»Ja, das stimmt. Doch als das der Fall war, da war ich allein, hatte bestimmte Vorstellungen davon, wie mein Leben verlaufen sollte. Es ist ins Wanken geraten, als ich Nicki begegnete, mit einer solchen leidenschaftlichen Liebe hatte ich nicht gerechnet. Nicki hat mich verlassen, und dann kam Susanne. Mit ihr allein hätte es mit dem ›Seeblick‹ ganz wunderbar weitergehen können. Wir zogen beide an einem Strang, Susanne war die Richtige für das Geschäft. Aber dann …«
Er machte eine kurze Pause, sein Gesicht bekam einen schwärmerischen Ausdruck.
»Dann kam Valentina in mein Leben, wir waren