Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 4 – Familienroman. Michaela Dornberg
die …, nein, darüber wollte Frau Müller jetzt nicht nachdenken. Aber eines noch – hoffentlich schnappte man diese grässliche Frau, ins Gefängnis gehörte die, am besten weggesperrt für immer.
Frau Müller lief schneller, denn gerade entdeckte sie eine Frau, die ihr Haus verließ. Die war redefreudiger als die Frau Auerbach.
Frau Müller winkte.
»Hallo, Frau Herkenrath, warten Sie bitte, ich muss Ihnen was sagen.« Hoffentlich kannte die die Geschichte noch nicht …
*
Jörg und Stella Auerbach, geborene Rückert, zogen an einem Strang. Auch für Stella war Schweden eine Herausforderung, ein neues Land, eine neue Sprache. Darauf freute sie sich. Und während Jörg zu seinen Eltern und Großeltern fuhr, um ihnen die wunderbare Neuigkeit mitzuteilen, besuchte Stella ihre Eltern.
Seit ihre Mutter sich verändert hatte, war es ein wenig besser geworden, doch die Vergangenheit ließ sich dadurch nicht ausradieren, in der Stella und ihr Bruder Fabian meist wechselnden Kinderfrauen überlassen gewesen waren, während ihre Eltern High Life machten und unbedingt Mittelpunkt der Gesellschaft sein wollten. Stella war ja noch eher geneigt, unter die Vergangenheit einen Strich zu ziehen und zu versuchen, die Gegenwart erträglich zu gestalten. Schließlich waren es ihre Eltern, da konnte man schon mal eine Faust in der Tasche machen. Fabian blieb distanziert. Es waren seine Eltern, gut, doch lieben musste er sie nicht.
Wahrscheinlich war Fabian so streng, weil er mit der warmherzigen, liebevollen Ricky, geb. Auerbach verheiratet war, die ihm gezeigt hatte, was Leben sein konnte. Und Inge und Werner Auerbach waren ja auch Menschen, die ihre Familie über alles liebten.
Stella war gespannt, wie ihre Eltern die Neuigkeit aufnehmen würden.
Als sie in das Wohnzimmer der prunkvollen Villa kam, saßen die beiden in Rosmaries Salon und blickten ihr gespannt entgegen.
»Stella, der Zeitpunkt, den du für deinen Besuch gewählt hast, ist äußerst ungünstig«, sagte ihr Vater, nachdem sie einander begrüßt hatten, »und hast du keinen Kuchen für uns gebacken?«
Das tat Stella normalerweise, wenn sie nachmittags zu ihren Eltern ging, aber augenblicklich stand ihr nicht der Kopf danach, für sie einen Kuchen zu backen.
»Nein, ist ja auch keine Kaffeezeit«, sagte Stella und setzte sich.
»Ich bin ja gespannt, was du uns zu sagen hast«, sagte Rosmarie, »bist du schwanger?«
Sie wäre es gern, doch das Thema war bei ihnen jetzt wirklich endgültig durch, nachdem Jörg ihr klargemacht hatte, dass für ihn die Familienplanung abgeschlossen sei.
Anfangs war Stella ja ziemlich sauer deswegen gewesen, doch wenn sie jetzt mitbekam, wie viel Arbeit die kleine Teresa machte, dann war sie doch froh, mit Windelwechseln nichts mehr zu tun zu haben, außerdem wäre für Schweden ein Kleinkind eine zusätzliche Belastung. Nein, es war schon gut so wie es war.
»Ich bin nicht schwanger«, sagte Stella, »und ehe ihr mir sagt, dass ein weiteres Enkelkind doch ganz entzückend wäre, ich kann euch damit nicht mehr dienen, unsere Kinder reichen uns.«
Ihr Vater wollte etwas sagen, doch als Stella das bemerkte, kam sie ihm einfach zuvor.
Sie erzählte ihren Eltern von den Plänen, nach Schweden zu gehen, sprach über das großartige Jobangebot für Jörg. Als sie fertig war, blickte sie ihre Eltern an. Begeisterung sah anders aus, vor allem, nachdem Stella auch erzählt hatte, dass das Haus verkauft sei.
»So eine verrückte Idee, gleich alle Brücken abzubrechen, da sind Fabian und Ricky schlauer, die vermieten ihr Haus im Sonnenwinkel, und das hättet ihr auch tun können, ein Haus in allerbester Lage verkauft man nicht so einfach.«
Stella ärgerte sich.
»Wir sind nicht Fabian und Ricky, wir sind Stella und Jörg, und wir treffen unsere eigenen Entscheidungen. Und wenn es in Schweden nicht klappen sollte, wovon nicht auszugehen ist, dann gehen wir halt anderswohin, zurück werden wir nicht mehr kommen.«
»Und an uns denkt ihr wohl nicht«, rief Rosmarie, »dann bekommen wir unsere Enkelkinder kaum noch zu sehen.«
Stella ärgerte sich, sie hätte nicht herkommen dürfen, und wenn, dann mit Jörg, der ging mit seinen Schwiegereltern respektvoll um, doch ihm gegenüber verhielten sie sich zurückhaltender.
»Mama, wann seht ihr denn die Kinder? Es ist zwar besser geworden, aber wenn ich dagegen an meine Schwiegermutter denke.«
Das hätte sie jetzt nicht sagen dürfen, Rosmarie war wütend. Manchmal konnte man halt die Wahrheit nicht vertragen.
»Sie ist anders als du«, Stella versuchte, einzulenken, und deswegen sprach sie schnell über Stockholm, das Haus, das sie gefunden hatten, über die deutsche Schule, die es ganz in der Nähe gab.
»Hört sich alles gut an«, sagte Heinz Rückert. »Doch wenn es nicht klappt, wenn Jörg nicht so schnell eine neue Stelle findet, dann ist das Geld schnell aufgebraucht, und dann?«
»Dann gehen wir an unsere Reserve, wie ihr wisst, habe ich ja noch die Erbschaft von Tante Finchen, die beinahe noch unangetastet ist, weil Jörg für uns sorgen will. Und Tante Finchen hat mir einen ganzen Batzen hinterlassen, wie ihr wisst.«
Die Erbschaft von Tante Finchen …
Wenn Stella geahnt hätte, dass die für ihren Vater noch immer ein rotes Tuch war, hätte sie die jetzt wirklich nicht erwähnt.
»Eine Erbschaft, die normalerweise uns zugestanden hätte, es war unglaublich von Finchen, uns einfach zu übergehen und vor allem, die Arme zu spielen und dabei ein Vermögen zu horten. Uns einfach zu übergehen, ich weiß bis heute nicht, warum sie uns übergangen und dir alles zugeschustert hat.«
Hörte es denn nie auf?
Traurig blickte Stella ihren Vater an.
»Papa, ich habe mir die Erbschaft nicht erschlichen, für mich war Tante Finchen ebenfalls eine arme, verbitterte Frau.
Ich habe mich um sie gekümmert, ich habe sie eingeladen, bin zu ihrem Geburtstag gegangen, ja, ich habe sie sogar finanziell unterstützt. Sie hat uns alle an der Nase herumgeführt.
Außer mir hat es niemand getan. Gönnt mir die Erbschaft doch. Ihr habt genug Geld, mehr als ihr ausgeben könnt. Und müssen wir jetzt wirklich über die Erbschaft reden? Das ist schon eine Weile her, vergesst es endlich.«
Stella wäre jetzt am liebsten gegangen, und sie erzählte nur noch beinahe widerwillig, was auf Jörg, sie und die Kinder zukommen würde. Dass sie sich freuten, dass sagte sie schon gar nicht mehr.
Natürlich hatten ihre Eltern an allem etwas auszusetzen.
Eine Weile machte Stella das mit, doch dann stand sie unvermittelt auf.
»So, jetzt wisst ihr Bescheid, wir kommen dann noch einmal bei euch vorbei, um uns zu verabschieden.«
»Du gehst schon?«, erkundigte Rosmarie sich entsetzt.
»Wir müssen da noch weiterreden, ich will da noch einiges erfahren. Wenn es nicht ausgerechnet Schweden wäre …, von einem großen Headhunter angefragt zu werden, das ist schon was. Aber nun ja, ich habe immer gewusst, dass Jörg seinen Weg gehen wird, der kann schon was. Du kannst froh sein …«, Heinz Rückert brach zum Glück seinen Satz ab, doch Stella wusste, wie er weitergegangen wäre – »dass Jörg dich geheiratet hat.«
Ihr Vater hielt nicht viel von ihr, und er hatte ihre Leistungen immer heruntergemacht.
Stella verabschiedete sich von ihren Eltern.
»Jörg hätte in Frankreich bei den Raymonds arbeiten können. Cecile hat es ihm mehr als nur einmal angeboten.«
»Papa, Jörg hatte viele Jobangebote, immer wieder, weil er wirklich gut ist. Und Cecile, meine so spät aufgetauchte Stiefschwester, die ist wirklich nett, ich mag sie. Du bist ihr Vater, auch wenn du das lange Jahre nicht wusstest. Es ist zunächst einmal deine Baustelle, und