Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


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      Frau Brandt war wieder an ihrem Arbeitsplatz, rasch besprach Felix mit seiner Sekretärin alles Nötige. Und Manuel bekam auch noch seine Süßigkeiten, weil die Frau Brandt halt eine ganz Nette war.

      Und die Schokolade, in der sich auch noch kleine bunte Smarties befanden, mochte er besonders gern.

      Er freute sich, und das nicht nur über die Schokolade. Er freute sich auf Arizona, und am meisten freute er sich darüber, jetzt mit seinem Papa ins Krankenhaus fahren zu können, zu seiner Stiefmutter, die so ganz anders war als das, was man sich normalerweise, jedenfalls in Märchen, unter Stiefmüttern vorstellte.

      Er war zwar schon groß, aber so groß nun auch wieder nicht, um nicht die Hand seines Vaters ergreifen zu können und mit ihm, Hand in Hand, zu dem Fahrstuhl zu gehen. Es fühlte sich gut an, sehr gut sogar.

      *

      Als Felix und sein Sohn vor dem Krankenhaus ankamen, wollte Manuel sofort auf den Blumenladen zusteuern, um für Sandra einen üppigen Blumenstrauß zu kaufen. Doch das wusste Felix zu verhindern. So weit war er noch nicht, als Manuel jedoch eine Bemerkung machte, fiel Felix zum Glück eine glaubhafte Ausrede ein.

      »Manuel, überleg doch mal. Wir wollen Sandra davon überzeugen, mit nach Arizona zu kommen. Das müssen wir tun, wir allein. So einen Blumenstrauß könnte man doch als Bestechung auslegen, oder?«

      Das stimmte, sein Papa dachte wirklich an alles.

      Felix atmete auf, das war noch einmal gut gegangen. Es würde eh schwierig werden, in Manuels Gegenwart den richtigen Umgangston zu finden, denn natürlich würde der aufpassen wie ein Luchs. Da musste man wirklich jedes Wort auf die Goldwaage legen.

      Als sie das Krankenzimmer betraten, lag Sandra mit geschlossenen Augen im Bett, ihr Gesicht war blass und spitz und beinahe so weiß wie das Kissen, auf dem ihr Kopf lag.

      Manuel wollte auf das Bett zueilen, doch Felix hielt ihn zurück. Er wollte nicht, dass Sandra gestört wurde. Die allerdings schien den Besuch bemerkt zu haben, denn sie öffnete die Augen, ein freudiges Lächeln huschte über ihre Lippen.

      Jetzt ging Manuel auf das Bett zu, beugte sich zu seiner Stiefmutter hinunter und umarmte sie. Da hatte er überhaupt kein Problem, obwohl er doch ein Junge war.

      Sandra strich ihm übers Haar.

      »Schön, dass du da bist, Manuel«, flüsterte sie.

      Sie war wirklich froh, denn seine Gegenwart machte alles einfacher. Ein wenig wunderte sie sich allerdings schon, wie es kam, dass Vater und Sohn gleichzeitig zu Besuch kamen.

      Nun trat auch Felix ans Bett.

      »Hallo, Sandra«, sagte er, er umarmte sie noch immer nicht, gab ihr noch immer keinen Kuss. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht.

      Felix zog sich einen Stuhl ans Bett, Manuel blieb am Fußende des Bettes stehen. Man musste nicht sensibel sein, um zu sehen, dass es nicht gut um seine Eltern stand. Was sollte er jetzt tun? Konnte er etwas tun?

      Noch während er überlegte, sagte Felix: »Sandra, Manuel ist zu mir in die Firma gekommen, um mit mir zu reden. Er hat Angst, dass wir uns trennen. Er will dich nicht verlieren, und …«

      Er brach seinen Satz ab, weil Manuel leise das Krankenzimmer verließ. Er wurde jetzt hier nicht gebraucht, er konnte sich draußen auf den Gang stellen und beten und hoffen, dass die beiden sich wieder versöhnen würden wie damals.

      Nachdem Manuel gegangen war, blieb es einen Moment lang still, dann erzählte Felix seiner Frau alles, was sich zwischen ihm und seinem Sohn ereignet hatte.

      »Kannst du dich erinnern, Sandra? Manuel hat schon einmal die Initiative ergriffen.«

      Und ob sie sich erinnern konnte. Wer weiß, was geschehen wäre, hätte Manuel nicht so beherzt eingegriffen. Er war wirklich ein ganz wunderbarer Junge.

      Sie nickte, weil sie das Gefühl hatte, einen Kloß im Hals sitzen zu haben.

      »Sandra, Manuel hat mir wieder mal die Augen geöffnet. Wir zwei sollten versuchen, einen Weg ohne Schuldzuweisungen zu finden. Vergessen kann ich nicht, aber ich liebe dich, und ich denke, du bist gestraft genug. Wollen wir uns beide bemühen, uns wieder ganz vorsichtig einander zu nähern?«

      Wieder nickte sie nur.

      »Ich denke, wenn wir oben auf dem Anwesen wohnen bleiben, da holt uns die Vergangenheit ein, da werden die Schatten nie verschwinden. Und deine Mutter und Carlo werden auf jeden Fall verkaufen. Blieben wir, müssten wir uns auf neue Nachbarn im Herrenhaus einstellen, willst du das?«

      Diesmal schüttelte sie den Kopf.

      »Sandra, hast du einmal über Arizona nachgedacht?«

      Endlich sagte sie etwas.

      »Ja, Felix, ich habe lange nachgedacht, und ich habe auch mit Mama darüber gesprochen. Sie will es auch, und selbst wenn es nicht so wäre, würde sie es allein schon wegen Carlo tun. Der ist voller Enthusiasmus, dessen Lebensgeister sind wieder erwacht, er hat seine Krankheit vergessen und hat schon so viele Pläne für Arizona. Ich glaube, er kann uns alle anstecken. Und die Kinder, die sind kein Problem, die freuen sich auf etwas Neues, und wenn Pferde im Spiel sind, dann hat man eh gute Karten.«

      Sie blickte ihren Mann an.

      »Felix, Arizona ist ein Neuanfang …, auch für uns, für unsere Beziehung? Du glaubst nicht, welche Vorwürfe ich mir mache, welche Schuldgefühle ich habe. Es lässt sich nichts rückgängig machen …, ich … ich … ich liebe dich, und ich möchte dich nicht verlieren. Doch ich möchte auch nicht nur neben dir herleben, ich möchte, dass es wieder …«, sie seufzte, »ach, wie es war, so wird es niemals mehr werden, das weiß ich. Es steht zu vieles zwischen uns. Aber …«, sie blickte ihn an, »ich weiß nicht …«

      Er nahm ihre Hand, die blass und kraftlos auf der Bettdecke lag.

      »Sandra, ich weiß es auch nicht. Doch ich denke, wenn wir beide uns bemühen, dann können wir es schaffen, schon allein der Kinder wegen, und ich …, nun, was immer auch geschehen ist, ich habe nicht aufgehört dich zu lieben. Man kann wütend auf einen Menschen sein, aber Liebe kann man nicht töten, nicht, wenn man wirklich liebt.«

      Sie begann zu weinen, und er zog schnell ein Taschentuch aus seiner Tasche und wischte behutsam die Tränen weg.

      »Nicht weinen, Tränen machen alles noch schlimmer, ziehen einen herunter.«

      Sie wagte ein kleines Lächeln, in dem eine Spur von Zuversicht lag.

      »Ich weine doch, weil ich …, nun ja, weil ich Hoffnung habe, dass unsere Liebe stärker ist als all das Schreckliche, das geschehen ist.«

      Er steckte sein Taschentuch wieder weg.

      »Sandra, das hoffe ich auch. Aber ich denke, jetzt sollte ich mal nach Manuel sehen und ihn hereinholen. Er ist fabelhaft, wäre er nicht zu mir gekommen, dann wäre ich jetzt nicht hier. Dabei ist es doch überhaupt nicht so schwer, kleine Schritte aufeinander zuzugehen.«

      »Ja, Felix, Manuel ist wirklich großartig, er hat einen so großartigen Charakter, ein großartiges Herz, eine großartige Seele …, ich liebe ihn, und das von der ersten Sekunde an, als ich ihn sah. Er war damals schon ein ganz besonderes Kind.«

      Felix stand auf.

      »Ich hole ihn jetzt, einverstanden? Und dann sagen wir ihm gemeinsam, dass du mit nach Arizona gehen wirst. Das wirst du doch, oder?«

      Sandra musste ihre Tränen unterdrücken. Sie hätte am liebsten wieder geweint, doch diesmal vor Freude. In all dem Dunkel, in all dieser Düsternis zeigte sich ein kleiner Lichtstreif.

      »Meine Mutter ist bereit, mit ihrem Carlo bis ans Ende der Welt zu gehen. Da darf ich ihr doch wohl nicht nachstehen. Ja, ja, ja. Ein Neubeginn in Arizona, das hört sich ganz wundervoll an. Und bitte, hole Manuel herein. Wir sagen ihm, dass alles, was immer auch geschehen wird, wir ihm zu verdanken haben.«

      Das stimmte, Felix musste es nicht bestätigen.

      Manuel


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