Butler Parker 156 – Kriminalroman. Günter Dönges
kleinen, privaten Werkstatt zu entwickeln.«
»Helfer der Menschheit, Parker? Darüber könnte man stundenlang diskutieren und sogar streiten«, meinte der Anwalt und machte ein skeptisches Gesicht.
Parker, der darauf antworten wollte, kam nicht mehr dazu. Die Türglocke hatte geläutet. Er verbeugte sich knapp und begab sich hinüber zum verglasten Vorflur. Rechts davon öffnete er einen Wandschrank und schaltete die Fernsehkamera ein, die unter dem Vordach der Tür draußen installiert war. Es dauerte nur eine Sekunde, bis auf einem kleinen Monitor im Wandschrank ein Bild zu sehen war.
Was der Butler sah, überraschte ihn zwar einigermaßen, doch seine Stimme klang höflich und neutral wie stets, als er Mike Rander den Besuch eines Roboters ankündigte, der Einlaß begehrte.
*
»Das also ist Willie«, sagte Mike Rander, der inzwischen neben dem Butler stand und sich den Roboter auf dem Monitor anschaute.
»In etwa, Sir«, gab Parker zurück, »diese Version dürfte ein wenig größer sein und bewegt sich auf Laufbändern, falls meine Sinne mich nicht trügen.«
Der Roboter vor der Haustür läutete erneut. Er fuhr seinen Arm teleskopartig aus und drückte dann mit der rechten Fingerklaue auf den Klingelknopf. Das Gebilde war nach Schätzung des Butlers etwa 1,50 m groß, sah ein wenig schlanker aus als Willie und besaß eine Art menschliches Gesicht. Aber auch in dieser Ausführung gab es drei Augen, einen menschlich geformten Mund und sogar so etwas wie eine Nase. Die beiden Augen rechts und links von der Nase zeigten ein wechselndes Farbspiel.
»Der Knabe scheint uns einen Höflichkeitsbesuch abstatten zu wollen«, meinte der Anwalt spöttisch, »er hat aber die Blumen für Mylady vergessen.«
»Möglicherweise, Sir, wurde diesem Gebilde aufgetragen, ein anderes Gastgeschenk als Blumen zu überbringen«, antwortete der Butler.
»Moment mal, Parker, haben Sie etwas entdeckt, was ich noch nicht mitbekommen habe?« erkundigte sich der Anwalt sofort.
»In der linken Handklaue, Sir, befindet sich ein Gegenstand, den meine Wenigkeit noch nicht einwandfrei zu identifizieren vermochte.«
»Können Sie mir mal ’ne Großaufnahme liefern, Parker?« bat Mike Rander. Parker deutete eine Verbeugung an und bewegte dann einen kleinen Steuerknüppel, der sich auf dem reichhaltig ausgestatteten Armaturenbrett des Wandschranks befand. Daraufhin bewegte sich die Kamera unter dem Vordach, kippte ein wenig nach unten und lieferte anschließend die von dem Anwalt gewünschte Großaufnahme.
»Das sieht nach einem Revolver aus«, sagte Mike Rander.
»Man kann in der Tat eine Art Lauf ausmachen«, erwiderte der Butler.
»Wer kann uns diesen Roboter auf den Hals geschickt haben? Dafür kommt doch nur dieses Genie in Betracht, wie?«
»Eine andere Deutung, Sir, bietet sich zur Zeit in der Tat nicht an«, meinte der Butler.
»Das muß ja ein recht ulkiger Zeitgenosse sein«, redete der Anwalt weiter und schüttelte den Kopf, »was machen wir jetzt, Parker? Von wo aus wird dieser Blechknabe gesteuert?«
»Wahrscheinlich drüben von der Durchgangsstraße aus, Sir. Sind Sie daran interessiert, das Gebilde näher kennenzulernen?«
»Natürlich, Parker, aber ich möchte nicht gerade beschossen werden.«
»Dem kann abgeholfen werden, Sir.«
Parker betätigte den elektrischen Öffner, worauf die schwere Tür aufging. Der Roboter stieß einen piepsenden Laut aus und rollte auf seinen Laufbändern sofort in den verglasten Vorflur. Dabei hob er den linken Panzerarm und richtete den Gegenstand auf Parker und Rander, die sich hinter der Glastür des Vorflurs aufgebaut hatten.
Einen Wimpernschlag später war giftig-zischendes Geräusch zu vernehmen. Gleichzeitig damit erzitterte der Vorflur, der aus solidem Panzerglas bestand. Butler Parker und Mike Rander, die sich automatisch zur Seite geworfen hatten, starrten verblüfft auf ein kreisrundes Loch, das in die Scheibe aus Panzerglas gestanzt worden war. Der Durchmesser betrug etwa zwei Zentimeter, wie sich später zeigte.
Grelles Feuerwerk blendete die beiden Männer, dann war weit hinten in der großen Wohnhalle eine Detonation zu vernehmen. Parker, der sich umgewandt hatte, nahm mit leichtem Staunen zur Kenntnis, daß eine alte Ritterrüstung an der gegenüberliegenden Wand in sich zusammenrutschte und scheppernd auf dem Boden landete.
»Mein Gott, das war ja fast so etwas wie eine Panzerfaust«, sagte Mike Rander und holte tief Luft, »Ihr Peters, Parker, scheint nicht besonders gut auf Sie zu sprechen zu sein.«
»Wenn Sie erlauben, Sir, wird meine Wenigkeit sich wundern«, erwiderte Josuah Parker, »der Roboter dürfte tatsächlich so etwas wie eine Miniatur-Panzerfaust abgeschossen haben.«
»Und jetzt durchdrehen«, stellte der Anwalt fest, »sehen Sie doch, er will um jeden Preis nähertreten.«
Mike Rander hatte keineswegs übertrieben.
Der Roboter hämmerte mit seinen Stahlklauen gegen die Panzerscheiben und entwickelte dabei eine unbändige Kraft. Die solide Stahlkonstruktion des Vorflurs erzitterte, die schweren Panzerglasscheiben gerieten in nicht unbeträchtliche Vibration.
»Ich hätte nichts dagegen, Parker, wenn Sie diesen Besucher stoppen würden«, sagte der Anwalt lässig, »auf einen Boxkampf mit dem Roboter bin ich überhaupt nicht scharf.«
»Wie Sie wünschen, Sir.« Parker schritt gemessen zurück zum Wandschrank und legte hier einen Kipphebel um. Mike Rander grinste schadenfroh, als sich der Boden unter den Laufbändern des Roboters öffnete und das Gebilde blitzschnell nach unten wegsackte. Eine Sekunde später war der Roboter verschwunden, und der Boden schloß sich wieder.
*
»Und wer ersetzt mir jetzt den Schaden?« fragte Agatha Simpson grollend. Sie musterte die lädierte Ritterrüstung durch ihre Lorgnette und schritt zurück zur Glastür, um das Durchschußloch eingehend zu studieren.
»Dafür können Sie wohl dieses Erfinder-Genie haftbar machen, Mylady«, erwiderte Mike Rander.
»Worauf Sie sich verlassen können, mein Junge«, antwortete die Detektivin und klappte ihre Stielbrille wieder zusammen, »allein die Rüstung kostet ein kleines Vermögen.«
»Wenn es erlaubt ist, Mylady, wird, meine Wenigkeit Mr. Harold Peters anrufen«, schaltete der Butler sich ein, »bei dieser Gelegenheit ließe sich dann feststellen, ob Mr. Peters sich in seiner Werkstatt befindet.«
»Wahrscheinlich sitzt der komische Vogel dort drüben in seinem Wagen«, sagte Mike Rander.
»Miß Porter geht bereits dieser Frage nach, Sir«, erwiderte der Butler, »sie benutzte den Hinterausgang, um sich unbemerkt jenen Wagen nähern zu können, die an der Durchgangsstraße parken.«
»Jetzt will ich diesen Roboter sehen«, verlangte die ältere Dame, »er steckt in der Fallgrube, Mr. Parker?«
»In der Tat, Mylady«, antwortete Josuah Parker gemessen, »wenn Mylady vielleicht einen Blick auf den Monitor werfen wollen?«
Parker geleitete seine Herrin zum Wandschrank und schaltete eine weitere, an der Decke der Fallgrube angebrachte Fernsehkamera ein. Lady Agatha beugte sich interessiert-neugierig vor, als das Bild auf dem Monitor erschien.
Der Roboter war ausgesprochen weich gefallen und befaßte sich mit den Schaumstoffstreifen, mit denen die Fallgrube ausgiebig gepolstert war. Diese weiche und nachgiebige Unterlage schien das Gebilde aus Stahlblech völlig irritiert zu haben. Der Roboter lag auf dem Rücken und kämpfte mit den Schaumstoffstreifen. Seine Fingerklauen hackten und schnitten durch die Streifen und richteten ein Chaos an. Immer wieder versuchte der Roboter, auf seine Laufbänder zu kommen, was jedoch gründlich mißlang. Stets rutschte er ab und kippte dann wieder um.
»Der Blechknabe macht noch einen verdammt munteren Eindruck«, stellte Mike Rander fest, »solch einen Besucher hatten wir noch nie, Parker, oder?«
»In