Wie ich Livingstone fand. Henry M. Stanley

Wie ich Livingstone fand - Henry M.  Stanley


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Töne von diesen wollköpfigen Burschen zu hören, bekannte französische Musik in diesem einsamen Hafen zu vernehmen.

      Ich genoss eine sehr erquickende Nachtruhe und suchte bei Tagesgrauen mit frischem Mut für das neu beginnende Leben mein Feldlager auf. Als ich die Tiere zählte, fehlten zwei Esel, und als ich meine afrikanischen Tauschwerte musterte, war eine Rolle Draht, Nr. 6, nicht zu finden. Offenbar hatten sich alle meine Leute auf den Boden geworfen, um zu schlafen, und hatten die Tatsache vergessen, dass auf dem Mrima viele Diebe nachts umherschleichen. Ich schickte also Soldaten in die Stadt, um dieselbe samt ihrer Nachbarschaft zu durchsuchen. Vor dem Abend entdeckte man einen der fehlenden Esel außerhalb der Stadt, wie er Maniokblätter fraß, aber das andere Tier und die Drahtrolle fanden sich nicht.

      Unter den Leuten, die mich an diesem ersten Tag meines Aufenthalts in Bagamoyo besuchten, befand sich Ali bin Salim, ein Bruder des berühmten Sayd bin Salim, früher Ras Kafilah, der bei Burton und Speke und darauf bei Speke und Grant gewesen war. Er war mit seinen Salaams sehr freigebig, und außerdem sollte sein Bruder mein Agent in Unyamwezi sein; ich zögerte mithin nicht, sein Anerbieten, mir zu helfen, anzunehmen. Aber leider wurde dieser Ali bin Salim gegenüber meiner dem Weißen eigenen Arglosigkeit zu einer Schlange, zu einem wirklich bösen Dorn in meinem Fleische. Ich wurde in sein bequemes Haus zum Kaffee gebeten und ging dorthin; der Kaffee war gut, aber ohne Zucker, seine Versprechungen waren zahlreich, aber ohne Wert. Er sagte zu mir: »Ich bin Ihr Freund, ich wünsche Ihnen zu dienen, was könnte ich für Sie tun?« Ich antwortete: »Ich bin Ihnen sehr dankbar, ich bedarf eines guten Freundes, der die Sprache und Sitten der Wanyamwezi kennt und imstande ist, mir sowohl die Pagazis zu verschaffen, die ich brauche, als auch meine Weiterreise zu beschleunigen. Ihr Bruder ist mit den Wasungu (den weißen Männern) bekannt und weiß, dass Sie Ihr Wort halten. Schaffen Sie mir 140 Pagazis, und ich will Ihnen dafür zahlen, was Sie fordern.«

      Mit salbungsvoller Höflichkeit sagte die Schlange, die ich hegte und pflegte: »Ich wünsche nichts von Ihnen, mein Freund, für einen so kleinen Dienst. Bleiben Sie ruhig und zufrieden. Sie sollen sich keine 14 Tage hier aufhalten. Morgen früh komme ich und werde mir Ihre Güter ansehen, um zu berechnen, was nötig ist.« Als ich mich von ihm verabschiedete, war ich von dem beglückenden Gedanken beseelt, dass ich bald auf dem Wege nach Unyanyembé sein würde.

      Am nächsten Tag besuchte Ali bin Salim, getreu seinem Versprechen, mein Feldlager mit sehr wichtiger Miene und teilte mir, nachdem er den Haufen Zeugwaren besichtigt hatte, mit, dass ich sie mit Makandas, das heißt Binsenbeuteln, bedecken müsse. Er sagte, er werde mir einen Mann schicken, um dazu Maß zu nehmen, riet mir aber, mit diesem nicht wegen der Beutel zu handeln, da er selbst alles in Ordnung bringen werde.

      Während wir mit lobenswerter Geduld die 140 Pagazis, die uns Ali bin Salim versprochen hatte, erwarteten, beschäftigten wir uns mit allem, was man für nötig halten konnte, um die ungesunde Seegegend zu durchziehen, sodass wir sie passieren könnten, ehe das schreckliche Fieber uns mutlos und schlaff machte. Ein kurzer Aufenthalt in Bagamoyo zeigte uns schon, was fehlte, was überflüssig und was notwendig war. In einer Nacht wurden wir von einem Sturm und furchtbarem Regen heimgesucht. Ich hatte Pagazizeug im Wert von 1500 Dollars in meinem Zelt. Am Morgen besah ich es, und siehe da, der Drillich hatte den Regen wie ein Sieb hereingelassen, und jeder Meter Tuch war nass. Es bedurfte zweier Tage, um die Tuche zu trocknen und wieder zusammenzufalten. Das Drillichzelt wurde also verworfen und eins aus Hanfsegeltuch Nr. 5 gemacht. Erst darauf gewann ich die Überzeugung, dass meine Zeugballen und die Munition für ein Jahr sicher seien und der Masika Trotz bieten könnten. In der Eile unserer Abreise von Sansibar und da ich damit nicht bekannt war, wie man Ballen zu packen habe, hatte ich mich dem besseren Urteil und der Erfahrung eines gewissen Dschetta, eines Kommissionärs, unterworfen, der mir meine Ballen für den Transport herrichtete. Dieser wog die Ballen nicht beim Zusammenpacken, sondern legte einfach Merikani, Kaniki, Barsati, Dschamdani, Dschoho, Ismahili schichtweise aufeinander und schnürte alles in Ballen. Ein paar Pagazis kamen in mein Lager und fingen an zu unterhandeln, wünschten aber erst die Ballen zu sehen, ehe sie den Handel abschlössen. Sie versuchten es, sie zu heben, aber o weh! – der Versuch schlug fehl, und sie gingen wieder ab. Ich ließ darauf eine genaue Saltersche Federwaage aufhängen und hängte einen Ballen an dieselbe; der Zeiger wies 105 Pfund oder 3 Frasileh nach, also gerade 35 Pfund oder 1 Frasileh Übergewicht. Als ich alle Ballen in dieser Weise geprüft hatte, bemerkte ich, dass die Arbeit Dschettas, die nur nach allgemeinen Schätzungen gemacht worden war, trotz seiner Erfahrung mir bedeutende Mühe verursachte. Ich ließ also durch die Soldaten die Ballen wieder öffnen und zusammenpacken.

      Der 15. Tag, zu welchem mir Ali bin Salim die Pagazis versprochen hatte, ging vorüber, und keine Spur von einem Pagazi zeigte sich in meinem Lager. Ich schickte also den stierköpfigen Mabruki, einen von Burtons Gefährten, zu Ali bin Salim, um ihm meine Salaams zu überbringen und die Hoffnung auszudrücken, dass er sein Wort halten werde. Nach einer halben Stunde kam Mabruki mit der Antwort von dem Araber zurück, dass er in ein paar Tagen imstande sein werde, alle die Pagazis zusammenzubringen, »aber«, fügte Mabruki schlau hinzu, »Bana, ich glaube ihm nicht; er sprach so laut zu sich selbst, dass ich es hören konnte: ›Warum sollte ich diesem Musungu Pagazis verschaffen?‹«

      Nach meiner Überzeugung war es jetzt Zeit zu handeln. Ali bin Salim sollte einsehen, dass es ein übel Ding sei, mit einem Weißen, der ernstlich abreisen wollte, sein Spiel zu treiben. Ich ritt also in sein Haus, um ihn zu fragen, was er eigentlich meine.

      Seine Antwort war, Mabruki hätte eine Lüge gesagt, die so schwarz sei wie sein Gesicht; wenn er (Ali) je etwas Derartiges gesagt hätte, so wolle er selbst mein Sklave oder ein Pagazi werden. Aber hier brachte ich den redseligen Ali zum Schweigen und erwiderte ihm, dass ich nicht daran denken könne, ihn als Pagazi zu benutzen, oder von einem Menschen, der mich einmal, wie Ali bin Salim, hintergangen hätte, irgendeinen Dienst annehmen wolle. Es wäre daher besser, wenn Ali bin Salim aus meinem Lager wegbliebe und weder in Person noch durch Vertreter mit demselben verkehre.

      Ich hatte 14 Tage verloren. In dieser Not erinnerte ich mich des Versprechens, das mir der große Kaufmann von Sansibar, Tarya Topan, der mohammedanische Hindu, gemacht hatte, dass er mir einen Brief an einen jungen Mann namens Sur Hadschi Pallu geben wolle, der in Bagamoyo am besten imstande sein sollte, Pagazis zu verschaffen.

      Ich schickte also meinen arabischen Dolmetscher Selim in einer Dhau nach Sansibar mit der inständigen Bitte an Kapitän Webb, dass er mir von Tarya Topan den so lange verschobenen Einführungsbrief verschaffe. Dies war die letzte Karte, die ich ausspielen konnte.

      Am dritten Tag kam der junge Selim zurück und brachte mir nicht nur einen Brief an Sur Hadschi Pallu, sondern auch eine Menge guter Dinge aus dem stets gastfreien Hause des Herrn Webb. Sehr kurze Zeit nach dem Empfang des Briefes kam der ausgezeichnete junge Mann Sur Hadschi Pallu zu mir und teilte mir mit, dass er von Tarya Topan gebeten sei, für mich 140 Pagazis nach Unyanyembé so rasch wie möglich zu mieten. Dies wäre, wie er sagte, sehr kostspielig, denn es gäbe eine Menge arabischer und wasawahilischer Kaufleute, welche auf jede Karawane lauerten, die aus dem Innern käme, und diese pflegten 20 Doti oder 80 Meter Zeug jedem Pagazi zu zahlen. Da viele dieser Kaufleute nicht willens oder imstande gewesen wären, mehr zu zahlen, so hätten sie sechs Monate warten müssen, ehe sie ihre Leute bekommen hätten.

      »Wenn Sie«, fuhr er fort, »rasch fortzukommen wünschen, so müssen Sie 25–40 Doti bezahlen, und dann kann ich Sie vor Ablauf eines Monats expedieren.«

      Ich erwiderte ihm darauf: »Hier sind meine Zeuge für die Pagazis im Werte von 1750 Dollars oder 3500 Doti, welche ausreichen, um 25 Doti jedem der 140 Mann zu geben. Mehr als 25 Doti will ich nicht bezahlen. Schicken Sie mir 140 Pagazis mit meinem Zeug und Draht nach Unyanyembé, und ich werde Sie mit dem größten Geschenk, das Sie je erhalten haben, erfreuen.« Mit erquicklicher Naivität erwiderte der »junge Mann«, dass er kein Geschenk wünsche, er werde mir die betreffende Anzahl Pagazis schon besorgen, und dann könnte ich den »Wasungu« sagen, was für ein guter »junger Mann« er sei, und er werde infolge davon den Vorteil haben, dass sein Geschäft zunehme. Er schloss diese Erwiderung mit der erfreulichen Bemerkung, dass er schon 10 Pagazis in seinem Hause habe, und wenn ich so gut sein wolle, 4 Ballen Zeug, 2 Beutel Perlen und 20 Rollen Draht in sein Haus bringen zu lassen, so könnten die Pagazis unter Bedeckung von drei Soldaten am


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