Wie ich Livingstone fand. Henry M. Stanley

Wie ich Livingstone fand - Henry M.  Stanley


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ein oder werden von habsüchtigen Häuptlingen unter den albernsten Vorwänden aufgehalten, wogegen kleine unbemerkter vorüberziehen.«

      Die Ballen und Perlen wurden richtig nach Sur Hadschi Pallus Haus geschickt, und ich brachte den Tag damit zu, mich innerlich über mein großes Glück zu freuen, des jungen Hindus geschäftliche Begabung, die Größe und den Einfluss von Tarya Topan und Herrn Webbs Güte anzuerkennen, die meine Abreise von Bagamoyo so sehr beschleunigt hatten. In meinem Geist gelobte ich, dem Sur Hadschi Pallu ein prächtiges Geschenk und eine große Reklame in meinem Buch angedeihen zu lassen, und mit frohem Herzen machte ich diese Soldaten für ihren Marsch nach Unyanyembé fertig.

      Der Abgang der ersten Karawane klärte mich auch in Bezug auf die Honga oder den Tribut auf. Dieser musste für sich allein zusammengepackt werden und aus den allerbesten Tuchen bestehen, denn die Häuptlinge sind nicht nur habgierig, sondern auch sehr wählerisch und nehmen das dünne, farbige Zeug der Pagazis nicht an, müssen vielmehr außerordentlich schöne und sehr teure Dabwani, Ismahili, Rehani oder Sohari und Doti von breitem Scharlachtuch erhalten. Der Tribut für die erste Karawane betrug 25 Dollars. Da ich mehr als 140 Pagazis abzuschicken hatte, so würde dieses Tributgeld schließlich 330 Dollars in Gold betragen, wobei noch ein Agio von 25 Cents auf jeden Dollar zu rechnen ist. Dieses bedenke, o Reisender! Ich setze dir diese Tatsache zur speziellen Belehrung auseinander.

      Aber ehe mich meine erste Karawane verließ, mussten der würdige Jüngling Sur Hadschi Pallu und ich zu einer schließlichen Verständigung über die Geldangelegenheiten gelangen. Am Morgen, an dem die Abreise stattfinden sollte, kam Sur Hadschi Pallu in meine Hütte und überreichte mir mit der ehrbarsten Miene der Unschuld eine Rechnung darüber, dass er jeden Pagazi mit 25 Doti als Mietgeld nach Unyanyembé versehen habe, und bat sich sofortige Bezahlung in Gold aus. Worte können das Erstaunen, das ich fühlte, gar nicht ausdrücken, dass dieser so schlau aussehende Jüngling so bald den mündlichen Kontrakt vergessen haben sollte, den ich mit ihm am Morgen vorher abgeschlossen hatte, welcher dahin lautete, dass von den 3000 in meinem Zelt lagernden Doti, die ausdrücklich für das Mieten von Pagazis angeschafft waren, jeder meiner Lastträger von Bagamoyo nach Unyanyembé bezahlt werden solle. Als ich ihn fragte, ob er sich des Kontraktes erinnere, bejahte er dies; seine Gründe, ihn so bald zu brechen, bestanden darin, dass er lieber seine eigenen Zeuge als die meinigen verkaufe, für seine Tuche brauche er aber Geld und könne für dieselben keine anderen in Tausch nehmen. Ich gab ihm jedoch zu verstehen, dass er, da er die Pagazis für mich anschaffe, meine Pagazis auch mit meinen Zeugen zu bezahlen habe; dass ich ihm nicht mehr Geld zu zahlen gedenke als genau die Summe, die nach meinem Dafürhalten den Mühen, die er als mein Agent gehabt, entspreche, und dass er nur auf diese Bedingungen hin in dieser Angelegenheit wie in jeder anderen für mich zu handeln habe, kurz, dass der »Musungu« nicht daran gewöhnt sei, sein Wort zurückzunehmen.

      Das Vorstehende fasst eine große Anzahl Worte in wenige zusammen. Es repräsentiert ein einstündiges Zwiegespräch, einen bösen Zank von einer halben Stunde, ein Gelübde des Sur Hadschi Pallu, dass, wenn ich seine Zeuge nicht nehme, er sich auch um mein Geschäft durchaus nicht kümmern werde, viele Tränen, Bitten schmerzliche Reue und noch manches andere, worauf ich einfach erwiderte: »Tun Sie, was ich von Ihnen verlange, oder tun Sie gar nichts!« Schließlich kam die Sache zu einem glücklichen Ende. Sur Hadschi Pallu verließ mich mit heiterem Gesicht, denn er nahm Poscho für drei Soldaten und Honga für die Karawane mit sich. Wohl mir, dass es so endete und dass die späteren Streitigkeiten ähnlicher Art immer so friedlich verliefen, sonst bezweifle ich, dass meine Abreise von Bagamoyo so rasch vor sich gegangen wäre, wie es der Fall war. Da ich gerade bei diesem Thema bin, welches faktisch jeden Augenblick meiner Zeit in Bagamoyo in Anspruch nahm, so kann ich gleich in Bezug auf Sur Hadschi Pallu und seine Verbindung mit meiner Expedition ausführlicher sprechen.

      Sur Hadschi Pallu war ein gewandter junger Geschäftsmann, energisch, ein rascher Rechner und schien zum glücklichen Kaufmann geboren. Seine Augen ruhten nie, sie wanderten über jeden Teil meines Körpers, über das Zelt, das Bett, die Flinten, die Tuche, und nachdem sie ihren Rundgang beendet, fingen sie ihn schweigend von Neuem an. Seine Finger lagen nie still, sie hatten eine unruhige, nervöse Tätigkeit in ihren Spitzen und waren beständig im Begriff, nach etwas herumzufühlen. Während er mit mir sprach, pflegte er sich überzulehnen und das Gewebe meines Hosenstoffes, meines Rockes oder meine Schuhe und meine Socken zu befühlen. Dann fühlte er sein eigenes leichtes Dschamdani-Hemd oder Dabwani-Lendentuch an, bis sich seine Augen zufälligerweise auf einen neuen Gegenstand hefteten, sein Körper sich überbeugte und sein Arm sich mit den ungeheuren Fingern danach ausstreckte. Auch waren seine Kinnladen in einer beständigen Bewegung, die durch die schlechte Gewohnheit bedingt war, Betelnuss mit Kalk und bisweilen Tabak mit Kalk zu kauen. Sie gaben einen schnalzenden Ton von sich, ähnlich wie ein junges Ferkel beim Saugen. Er war ein frommer Mohammedaner und beobachtete die äußerlichen Zeremonien der wahrhaft Gläubigen. Er pflegte mich freundlich zu grüßen, seine Schuhe abzunehmen und in mein Zelt immer mit der Versicherung einzutreten, dass er nicht wert wäre, in meiner Gegenwart zu sitzen, und nachdem er sich gesetzt hatte, brachte er in umständlicher Weise sein Anliegen vor. Von Ehrlichkeit, wirklicher praktischer Ehrlichkeit wusste dieser Jüngling nichts; die reine Wahrheit war ihm völlig fremd; die Lügen, die er während seines kurzen Lebens gesagt hatte, schienen ihm schon den kühnen Blick der schuldlosen Jugend aus den Augen ausgelöscht, selbst den Schein aller Wahrhaftigkeit aus den Zügen verbannt, kurz ihn, ein Bürschchen von zwanzig Jahren, zu einem vollendeten Schurken und kompletten Betrüger gemacht zu haben.

      Während der sechs Wochen, die ich in Bagamoyo war und auf meine Leute wartete, hat mir dieser zwanzigjährige Bursche so viel Mühe gemacht, wie alle Schurken von New York zusammengenommen dem dortigen Polizeipräsidenten bereiten. Zehnmal den Tag ertappte man ihn auf Unehrlichkeiten, aber er schämte sich nie darüber. Er schickte zum Beispiel seine Rechnungen über das Zeug, womit er die Pagazis versehen hatte, ein und behauptete, dass er jedem 25 bezahlt hätte. Als ich jemand hinschickte, der die Sache untersuchen musste, stellte sich heraus, dass die größte Zahl 20 und die niedrigste 12 betrug. Sur Hadschi Pallu gab an, die Zeuge wären alle von erster Qualität gewesen, Ulyahtuche, welche auf dem Markt viermal so viel wert seien wie die gewöhnliche Sorte, die den Pagazis gegeben wird; aber eine persönlich angestellte Untersuchung erwies, dass es die dünnsten verkäuflichen Stoffe waren, zum Beispiel 2½ Fuß breite amerikanische Leinwand, wovon das Stück von 30 Metern in Sansibar 2¾ Dollars kostet, oder die geringste Sorte Kaniki, von denen gewöhnlich 20 Stück 9 Dollars kosten. Er kam auch noch persönlich in mein Lager, um 40 Pfd. Sami-Sami, Merikani und Bubuperlen als Poscho oder Rationen für die Karawane zu verlangen. Eine Besichtigung ihrer Vorräte vor der Abreise aus dem ersten Lager hinter Bagamoyo wies ein Manko von ungefähr 5–30 Pfund nach. Ferner betrog er mich auch um bares Geld, verlangte zum Beispiel 4 Dollars für die Kingani-Fähre für je 10 Pagazis, während das Fährgeld doch nur 2 Dollars betrug, und für Poscho eine ganz übertriebene Masse Pice (eine Kupfermünze, die ungefähr ¾ Cents beträgt). Vier Wochen lang wurde dies Betrugssystem täglich fortgesetzt. An jedem Tag entwarf er ein Dutzend neuer Pläne, jeden Augenblick schien er sich zu überlegen, wie er uns plündern konnte, bis ich schließlich nicht mehr wusste, wie ich ihn daran hindern sollte, denn wenn ich ihn der Menge seiner Genossen gegenüber enthüllte, so brachte das keine Schamröte auf seine fahlen Wangen, er hörte dann mit einem Achselzucken zu; das war alles, und dies konnte ich mir auslegen, wie ich wollte. Eine Drohung, sein Geschenk zu verkürzen, hatte gar keine Wirkung. Ein Vogel in der Hand war für ihn mehr wert als zwei auf dem Dach, und daher waren ihm gestohlene Waren im Werte von 10 Dollars, die er aber faktisch besaß, von größerem innerem Wert als 20 Dollars, deren Besitz ihm nach einigen Tagen zugesichert wurde, selbst wenn das Versprechen von einem »Musungu« herrührte.

      Farquhar und Shaw, meine Weißen, arbeiteten fleißig an wasserdichten Zelten von Hanfsegeltuch, denn ich ersah aus den vorangehenden Regengüssen, die die Annäherung der Masika bezeichneten, dass ein gewöhnliches Zelt von leichtem Zeug mich der Feuchtigkeit und meine Waren dem Verschimmeln aussetzen würden, und da jetzt noch Zeit war, alle die Irrtümer, welche sich aus Unwissenheit oder übergroßer Eile in meinen Plan eingeschlichen hatten, zu korrigieren, so dachte ich doch, dass es nicht klug wäre, die Dinge sich ganz selbst zu überlassen. Jetzt, wo ich mit ungeschwächter Gesundheit zurückgekommen bin, obgleich ich 23 Fieberanfälle in der kurzen


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