Pieter Maritz, der Buernsohn von Transvaal. August Niemann
sagte der Knabe sanft und voll Andacht. »Wir wollen Gott bitten, daß er uns hilft, dann wird er uns helfen, wie er Daniel in der Löwengrube half — und unsern Pferden möge er auch helfen!«
Nach diesen Worten kniete er nieder und sprach das Vaterunser. Er sprach es mit solchem Ernst und solcher gläubigen Zuversicht, daß das Gebet tiefen Eindruck auf den Lord machte, obgleich er die Worte nicht verstand. Zu Anfang lächelte er, dann aber ward er ernst und betrachtete den frommen Knaben mit Bewunderung. Pieter Maritz legte sich, nachdem er gebetet hatte, nieder, und bald verrieten seine tiefen ruhigen Atemzüge, daß er schlief. Lord Adolphus Fitzherbert wollte ihm nachahmen, aber trotz aller Müdigkeit blieb er noch lange wach. Er dachte an die Heimat und ein blondlockiges junges Mädchen mit Rehaugen. Niemals, so dachte er, würde er das Mädchen wiedersehen. Endlich ward aber auch er von den unaufhörlichen Klängen einer Musik eingewiegt, die von der fröhlichen Versammlung der Schwarzen zu ihm herübertönte. Mit den bald wehmütigen, bald kreischenden Klängen der Kalabaßviol mischte sich der Ton der Mundharmonika, und die mit Ochsenfleisch vollgestopften Räuber tanzten nach den einförmigen Melodien die ganze Nacht hindurch, als hätten sie nicht den Tag vorher beim Viehraub gar manche Meile durch Berg und Thal zurückgelegt.
Als die Gefangenen wieder erwachten, wußten sie nicht, ob es früh oder spät am Tage sei, denn nur ein dämmerndes Licht herrschte an ihrem Aufenthaltsorte, und sie hätten nicht sagen können, woher es kam. Vielleicht fiel es durch Spalten in der obern Decke der großen Höhle herein und verbreitete sich bis in ihren Winkel. Die Fackeln waren erloschen, der rote Schein des großen Feuers leuchtete nicht mehr. Doch lagen noch zwei der Schwarzen, welchen ihre Bewachung übergeben worden war, quer in dem Eingange zu ihrem Gefängnis und schienen zu schlafen. Sie lagen auf ihren Mänteln von Tierfell am Boden, den Assagai neben sich und versperrten ihrer Länge nach den Eingang, eine lebendige Schwelle, über welche die Gefangenen hätten hinwegschreiten müssen, wenn sie hätten fortgehen wollen. Aber sie dachten nicht daran. Ihr Aufenthalt war so beschaffen, daß sie an Flucht vorläufig nicht denken konnten. Unbekannt mit dem Orte, wo sie sich befanden, wußten sie nur, daß Hunderte von Männern in der Höhle lagerten und daß vor dieser Höhle ein See sich erstreckte.
Während sie aber nach dem Erwachen ihre Gedanken miteinander austauschten und, trüben Ahnungen hingegeben, nur leise miteinander sprachen, entstand in der großen Höhle plötzlich Leben und Bewegung. Viele Stimmen wurden laut und der Klang von Waffen scholl herüber. Die am Boden liegenden Wächter richteten sich auf und lauschten. Mit den Augen war nichts zu erkennen, da es nicht hell genug war, doch konnte das Ohr wohl wahrnehmen, daß etwas Ungewöhnliches vorgehen müsse. Es währte auch nicht lange, so erschien eine Anzahl von bewaffneten Männern im Dämmerlicht der Höhle und näherte sich den Gefangenen.
»Man will uns holen,« sagte der Engländer zu dem Knaben. »Dies möchte wohl unsere letzte Stunde sein. Ich bin wirklich neugierig, zu sehen, in welcher Weise diese Niggers Hinrichtungen zu vollziehen pflegen. Wären wir fetter, so möchte ich doch wohl zu der Ansicht neigen, daß man uns rösten und fressen will.«
Pieter Maritz schüttelte den Kopf. Tiefer Ernst lag auf seinem Gesicht, aber seine Augen blitzten von so mutiger Entschlossenheit, daß der im Galgenhumor scherzende vornehme junge Mann ihn von neuem mit hoher Achtung ansah.
Inzwischen war der bewaffnete Trupp ganz nahe herangekommen, und die Gefangenen erkannten, daß Titus Afrikaner selbst an ihrer Spitze war. An seiner Seite stand ein Mann, den sie tags zuvor noch nicht gesehen hatten. Dieser war eine so bemerkenswerte Erscheinung, daß sie ihn gewiß nicht vergessen haben würden, wenn er am vergangenen Abend mit im Kreise des Häuptlings gewesen wäre. Er hatte an Hautfarbe und Gesichtsschnitt große Ähnlichkeit mit Titus Afrikaner, doch war er größer und stärker gebaut. Er trug eine Mütze von dunkelgrauem Affenfell auf dem schwarzen krausen Haar, und um seine Hüften schlang sich ein Mantel von demselben Stoff. Er trug an seinem nackten rechten Arm, der frei aus dem Mantel hervorsah und dessen Hand den Lauf einer Büchse umschloß, ähnliche goldene Ringe wie der Häuptling selber. Etwas Vornehmes und Gebieterisches in seiner Haltung wie die eigentümliche Farbe seines Anzugs brachten Pieter Maritz auf die Vermutung, daß dies der Bruder des Häuptlings, daß es Fledermaus sei.
Titus Afrikaner richtete das Wort an die Gefangenen. »Dies ist der Tag, an welchem ihr sterben müßt,« sagte er. »Aber ihr sollt noch lange genug leben, um zu sehen, wie die Basutofürsten im Kampfe ihre Feinde schlagen. Die Weißen sind heimtückisch und treulos, sie töten die Schwarzen, die mit ihnen ein Bündnis geschlossen haben, aber die Basuto töten ihre Feinde im offenen Kampfe. Die Buern ziehen die Berge heran, um ihr Vieh wiederzuholen. Sie sollen ihre eigenen Leiber in den Bergen liegen lassen.«
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.