Pieter Maritz, der Buernsohn von Transvaal. August Niemann

Pieter Maritz, der Buernsohn von Transvaal - August  Niemann


Скачать книгу
Metallknöpfe von seinem Rocke, zogen ihm seine Börse voll Guineen und Silberstücke sowie seine mit Edelsteinen besetzte goldene Uhr aus der Tasche und bemächtigten sich des goldenen Etuis mit den Cigaretten. Nur die Kleidung ließen sie ihm. Alsdann legten sie ihn auf die Tragbahre, und zwei starkgebaute Kaffern mit schwellenden Muskeln hoben die Bahre auf und gingen in schnellem Schritte mit ihm davon. Einen traurigen Anblick gewährte der vordem so elegante Offizier. Sein Gesicht war blutig, sein Haar klebte von geronnenem Blut zusammen, sein Anzug war zerrissen und mit Wasser, Blut und Schlamm bedeckt, seine hohen Stiefeln waren von Dornen zerkratzt und trugen so sehr die Spuren des mühseligen Rittes, daß von ihrem früheren Glanz fast nichts mehr zu entdecken war.

      Hinter der Tragbahre ward Pieter Maritz weggeführt. Auf jeder Seite ging einer der Kaffern, und sie vertrauten wohl darauf, daß er ihnen nicht entlaufen könne, denn sie banden ihn nicht, sondern ließen ihn frei gehen. Beide Pferde wurden am Zügel hinterhergeführt, und ihnen folgte die ganze Schar der Leute, welche unter dem Befehle des Mannes mit dem Löwenfell standen.

       Pieter Maritz sah, daß der weite und schnelle Ritt bis in die unmittelbare Nähe des großen Waldes geführt hatte, den er von der Höhe von Botschabelo aus als einen fernen bläulichen Streifen entdeckt hatte, und er konnte am Stande der Sonne erkennen, daß es in südöstlicher Richtung weiterging. Bald trat der Zug in den Wald ein, und kühlender Schatten umgab ihn und linderte die Pein des schnellen Fußmarsches in der glühenden Hitze. Denn mit großer Schnelligkeit ging es vorwärts. Die beiden starken Kaffern, welche den Offizier trugen, schienen von ihrer Last gar keine Beschwerde zu haben. Sie schritten mit elastischem Gange dahin, über Steine und unebenen Boden mit derselben Sicherheit wie auf ebener Grasfläche. Auch im Walde verminderte sich die Eile des Marsches nicht. Es gab hier gar kein Unterholz, keine Büsche und Sträucher standen zwischen den Bäumen, sondern die gewaltigen Stämme der Seidenwollenbäume, schattigen Tamarinden und Delebpalmen ragten wie Säulen in einem riesigen Dome empor und wölbten gleich einem Dache in großer Höhe ihre Wipfel.

      So ging es wohl eine Stunde weiter, und Pieter Maritz sah voll Mitleid, mehr für den verwundeten Engländer als für sich besorgt, auf die Tragbahre, wo der elend zugerichtete Offizier noch immer bewußtlos lag. Aber jetzt erreichte der Zug eine Stelle, wo sich runde Hütten, zeltähnlich geformt, doch ohne Spitze, erhoben und wo der blaue Rauch von einer Feuerstelle zu dem Laubdach der Bäume emporstieg. Der Zug machte Halt, und Pieter Maritz sah eine Menge von Männern und Weibern zusammenlaufen, um die Ankömmlinge zu betrachten. Die Tragbahre ward in der Nähe einer der Hütten niedergesetzt, und der Mann mit dem Löwenfell sprach mit einem weißhaarigen Schwarzen, der langsam aus der Hütte hervorkam. Dieser Alte mußte wohl den Beruf eines Arztes unter seinem Stamme ausüben, denn er fing alsbald an, den Verwundeten zu untersuchen. Pieter Maritz blieb neben der Tragbahre und sah seinem Verfahren zu. Mit geschickter Hand wusch der Kaffernarzt das Blut von der Stirn und holte alsdann einen fein zugespitzten Knochen und sehr dünne Sehnen von irgend einem Wild herbei. Damit nähte er den klaffenden Riß sorgfältig und genau zusammen. Alsdann holte er eine Handvoll Kräuter aus der Hütte hervor, zerkaute sie mit seinen gewaltigen vorspringenden Kinnladen zu einem Brei, legte diesen auf den zugenähten Riß und band ein dünn geschabtes Stück Leder darüber, so daß die Stirn wie von einem großen Pflaster bedeckt war. Hierauf lagerte er den Verwundeten bequem im Schatten auf weichem Moos und Blättern und setzte sich zusammengekauert auf die eigenen Hacken daneben, die Arme um die dürren Beine geschlungen, das Kinn auf den Knieen.

      Währenddessen hatten sich die schwarzen Krieger um das Feuer versammelt, wo mehrere große Töpfe brodelten und große Fleischstücke teils über den Flammen brieten, teils in den Kohlen lagen und mit Stäben umgewandt wurden. Der Mann mit dem Löwenfell lud auch ihn ein, an der Mahlzeit teilzunehmen, und Pieter Maritz, welcher sehr hungrig geworden war, setzte sich geduldig mit in den Kreis und nahm gleich den anderen ein Stück Fleisch zur Hand und aß. Mit traurigem Blicke sah er zu Jager hinüber, der nebst dem Rappen an einen Pfahl gebunden in der Ferne stand und mit seinem ehemaligen Verfolger zusammen friedlich an demselben Futter kaute. Würde er jemals wieder in Freiheit auf des treuen Tieres Rücken sitzen? Was wollten diese Räuber beginnen? Der Anführer zeigte keine Neigung, sich auf Erklärungen einzulassen.

      Nachdem sie gespeist hatten, setzten sich die Schwarzen neben der Feuerstelle wieder im Kreise zusammen, indem sie sämtlich auf den Fersen hockten, und schwatzten sehr lebhaft. Dabei ließen sie die Beutestücke unter Ausrufen des Entzückens von Hand zu Hand gehen, und der Knabe konnte trotz seiner Niedergeschlagenheit das Lachen nicht unterdrücken, als er sah, daß sie die Cigaretten aus dem Etui nahmen, hin und her drehten und endlich in der Weise rauchten, daß sie in jedes Nasenloch eine steckten. Der feine türkische Tabak schien ihnen außerordentlich zu gefallen, denn sie patschten sich vor Vergnügen auf den Bauch. Den Revolver des Engländers betrachteten sie mit großer Neugierde. Sie schienen eine solche Waffe noch nicht zu kennen, gingen aber sehr gewandt damit um und erklärten einander die Einrichtung, so daß es klar war, sie seien mit Schußwaffen vertraut.

      Pieter Maritz, der hin und wieder einen Blick nach dem Verwundeten und dessen treulich neben ihm hockenden Arzte warf, bemerkte jetzt, daß der Scharlachrock sich bewegte. Er lief alsbald dorthin und sah, daß der Leutnant die Augen aufgeschlagen hatte und träumerisch umhersah. Augenscheinlich war er noch ein wenig in seiner Ohnmacht befangen und wußte nicht recht, ob er lebe oder nicht. Erst nach einer Weile wurde sein Blick verständnisvoller und nahm einen zornigen Ausdruck an, als er auf den Knaben fiel. Dann faßte der Verwundete aber auch den alten Kaffern auf der andern Seite seines Lagers ins Auge und geriet in großes Erstaunen. Er wollte sich aufrichten, war aber vor Schmerzen und Steifigkeit dazu nicht imstande, sondern sank gleich wieder zurück.

      »Was hat dies alles zu bedeuten?« fragte er.

      Pieter Maritz redete ihm freundlich zu und erklärte ihm, was geschehen sei. Der Leutnant hörte zuerst halb ungläubig, dann aber mit dem äußersten Schmerze zu.

      »Ich wollte lieber, ich hätte den Hals gebrochen!« murmelte er voll Ingrimm und schloß dann finster und trotzig die Augen.

      Der Kaffernarzt war inzwischen aufgestanden und braute nun in einem Gefäße, welches aus einem Straußenei gearbeitet war, ein Getränk, welches er für heilkräftig halten mochte. Er mischte den milchigen Saft von Kräutern mit Wasser, drückte eine Apfelsine darüber aus und brachte diesen Trank dem Verwundeten. Dieser sah das Gefäß und den Inhalt mit höchst verächtlicher Miene an, mochte aber wohl sehr durstig sein, denn er probierte und trank dann alles aus.

      Eine dunkle Gestalt erschien jetzt neben seinem Lager, der Anführer der Bande war herangeschritten. Er hatte seinen Mantel zurückgelassen und stand fast nackt da, die geschmeidigen und muskelstarken Glieder in ihrem schönen Ebenmaß zeigend. Die weißen Raubtierzähne um seinen Hals leuchteten auf der glänzend schwarzen Haut, der breite Armring funkelte gleich dunkelfarbigem Golde, und eine weiße Straußenfeder wallte von seinem Haupte. Der Engländer betrachtete ihn voll Staunen über den kriegerischen Stolz, der sich in seiner Haltung aussprach, und mochte wohl verwundert sein über den Unterschied, den er zwischen diesem freien Krieger und den sklavischen Schwarzen fand, die er bis jetzt während seines kurzen Aufenthaltes in Afrika kennen gelernt hatte. Doch war Lord Adolphus Fitzherbert keineswegs in Furcht, sondern zeigte den Stolz des Briten und des vornehmen Mannes auch in der Gefangenschaft und daniederliegend.

      »Sprecht Ihr englisch, mein schwarzer Freund?« fragte er mit energischem Tone.

      Der Anführer schüttelte den Kopf zum Zeichen, daß er nicht verstanden habe.

      »Wenn Ihr diesem Manne etwas zu sagen habt, so will ich es ihm gern übersetzen; er versteht holländisch,« sagte Pieter Maritz freundlich zu dem Offizier.

      Der Leutnant wandte sich zu dem Knaben und nickte dankend. »Ihr seid sehr gütig,« sagte er, »und ich werde Euch verbunden sein, wenn Ihr diesen Halunken mitteilen wollt, daß ich sie alle werde hängen lassen, wenn sie mich und mein Pferd nicht dahin zurückbringen, von wo sie mich geholt haben.«

      Der Knabe schüttelte den Kopf. »Ihr handelt nicht klug, Mynheer,« erwiderte er. »Ihr könnt niemand hängen lassen, wenn diese Kaffern Euch umbringen, und wir sind doch beide in ihrer Gewalt.«

      »Sie


Скачать книгу