Im Sonnenwinkel Staffel 5 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 5 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Name war während dieser Tage kein einziges Mal gefallen.

      »Heute musst du aber ordentlich essen«, sagte Malwine am Vortag der Beerdigung zu Katja.

      »Wenn Jan heimkommt«, erwiderte Katja müde.

      »An ihm bleibt doch jetzt alles hängen«, meinte Malwine. »Wenn Heinz kommt, dann erst auf die letzte Minute. Ich wünschte, er wäre wirklich krank und könnte nicht kommen.«

      Selbst der Gedanke, ihm begegnen zu müssen, konnte Katja nicht erregen. Es war bedeutungslos für sie geworden.

      »Wie ein Mensch sich nur so verändern kann«, fuhr Malwine fort. »Er war ein netter Junge. Er brachte Leben ins Haus. Jan war immer so still und ernst.«

      »Hat es eigentlich Differenzen zwischen Vater und Jan gegeben?«, fragte Katja geistesabwesend.

      »Differenzen? Du meinst Streit? Mit Jan kann man sich nicht streiten. Er hatte immer seine Ansichten. Und Geld war für ihn unwichtig. Er ist ein Idealist.« Malwine blickte auf die Uhr. »Jetzt wird Jan bald kommen. Würdest du bitte die Wärmeplatte anstellen?«

      Katja wollte es tun, aber als sie durch die Diele ging, läutete es. Sie glaubte, dass Jan kommen würde, und öffnete die Tür. Vor ihr stand Heinz.

      »Du, Katja?«, entfuhr es ihm. Unsicherheit zeichnete sich in seinem Mienenspiel ab.

      Er schloss die Tür hinter sich und ging auf Katja zu. Sie wich Schritt für Schritt zurück und presste ihre Arme dicht an ihren Körper, als er die Hand ausstreckte.

      »Ich kam, so schnell ich konnte«, sagte er. »Ich war krank. Das hast du sicher schon erfahren. Es tut mir entsetzlich leid, dass ich Vater nicht mehr sehen konnte. Hast du kein Wort der Begrüßung für mich, Katja?«

      »Ich muss die Wärmeplatte anstellen«, erklärte sie mechanisch, als Malwine in der Küchentür erschien Heinz ging jetzt auf sie zu, aber auch sie wich zurück.

      »Mein Gott, was habe ich euch denn getan?«, fragte er.

      »Das können Sie sich selbst fragen«, antwortete Malwine grimmig.

      »Du hast früher nicht Sie zu mir gesagt«, stieß Heinz hervor.

      »Das war einmal«, erwiderte Malwine trocken.

      Er war ihr in die Küche gefolgt und machte die Tür hinter sich zu.

      »Ein paar Fragen wirst du mir beantworten müssen«, meinte Heinz gereizt.

      »Ich muss gar nichts«, entgegnete Malwine aggressiv. »Jan wird bald kommen.«

      Und da wurde schon die Tür aufgeschlossen.

      Auch Katja hatte es gehört und flüchtete in seine Arme. Heinz sah es mit einem zynischen Lächeln.

      »Ach, so ist das«, bemerkte er. »Man hat sich arrangiert.«

      »Katja ist meine Frau«, erklärte Jan kühl. »Wir haben am Tag vor Vaters Tod geheiratet.«

      Ein keuchender Atemzug war in der darauffolgenden Stille vernehmbar.

      »Und darauf hat Vater der Schlag getroffen«, äußerte Heinz sarkastisch.

      »Wie kann ein Mensch nur so gottlos daherreden«, murmelte Malwine. »Komm, Katja, wir gehen hinauf«, sagte Jan. »Wir sprechen uns später, Heinz.«

      »Heute nicht mehr. Unter den gegebenen Umständen ziehe ich es vor, im Hotel zu wohnen.«

      Gleich darauf war er verschwunden. Malwine hängte die Sicherheitskette ein.

      »Und ihr werdet jetzt essen!«, befahl sie energisch. »Es gibt keinen Widerspruch! Ihr braucht jetzt Kraft und eure Nerven.«

      *

      Liliane staunte, als Heinz so bald bei ihr im Hotel erschien.

      »Hat man dich gar nicht eingelassen?«, fragte sie anzüglich.

      Sein Groll musste sich Luft verschaffen.

      »Da kommt man nach Hause, und was findet man vor?«, murmelte er.

      »Katja Reck als Frau deines Bruders«, erwiderte sie ironisch. »Ich habe es bereits in der Zeitung gelesen. Die Anteilnahme gilt besonders dem jungen Ehepaar, das von einem so harten Schicksalsschlag getroffen wurde.«

      »Mir ist nach Spott nicht zumute«, sagte er.

      »Ich spotte nicht, mein Lieber. Es scheint, du hast dich verkalkuliert.«

      »Das werden wir ja sehen!«

      »Warum hast du dich dann vertreiben lassen? Gerade jetzt müsstest du doch deine Stellung behaupten.«

      »Ich darf keinen Fehler machen. Ich muss überlegen.«

      »Dann überlege. Ich habe jetzt Hunger.«

      »Wir lassen uns das Essen heraufbringen. Es braucht mich niemand zu sehen.«

      Sie zeigte sich nachgiebig. Noch war ja nicht alles verloren.

      »Ich möchte wissen, wie diese Ehe zustande gekommen ist«, überlegte Heinz, während sie auf das Essen warteten.

      »Katja war in mich verliebt«, fuhr Heinz fort. »Sie kann Jan erst nach ihrer Rückkehr aus Kanada begegnet sein.«

      »Und darauf folgte eine Blitzhochzeit. Eine gekränkte Frau ist zu allem fähig.«

      »Aber Jan muss etwas für sie übrig haben, sonst wäre er nicht zu einem solchen Schritt fähig gewesen.«

      »Vielleicht war es ein Kuhhandel, von deinem Vater inszeniert.«

      Seine Augenbrauen schoben sich zusammen. Er dachte angestrengt nach.

      »Ich muss mit Gerlinde sprechen!«, sagte er überstürzt.

      »Wer ist Gerlinde?«, fragte Liliane aufhorchend.

      »Katjas Mutter. Ja, ich muss sie noch heute Abend sprechen. Ich rufe sie an.«

      *

      »Du gehst noch aus, Mama?«, meinte Michael betroffen.

      »Muss ich dich um Erlaubnis fragen?« Ihre Stimme überschlug sich. Rote Flecken brannten auf ihren Wangen.

      Michael blickte ihr gedankenvoll nach, als sie grußlos das Haus verließ.

      Er hatte wohl gehört, dass sie telefonierte, aber kein Wort verstanden. Er hatte auch nicht die Absicht gehabt, sie zu belauschen, aber dieser Ausgang musste wohl mit dem Telefongespräch in Verbindung stehen.

      Sie waren sich nicht nähergekommen während dieser Tage, obgleich er sich darum bemüht hatte. Er wollte es einfach nicht als Tatsache betrachten, dass ihn nichts mehr mit seiner Mutter verband. Doch die Kluft war tiefer als je zuvor. Auch Sebastians Tod hatte nichts daran geändert.

      Früher war Mama doch nicht so, dachte Michael. Sind es diese kritischen Jahre? Will sie sich gewaltsam an die Jugend klammern, die doch nicht ewig festzuhalten ist?

      Nicht das geringste Interesse zeigte sie für ihre Enkelkinder. Die Bilder von ihnen hatte sie nur flüchtig betrachtet.

      Während er über seine Mutter nachgrübelte, fuhr Gerlinde zu einem kleinen Weinlokal, das ziemlich weit entfernt war.

      Heinz war gekommen, gerade erst, und er wollte sie gleich sehen. So bildete sie es sich jedenfalls ein, und sie war von einer fieberhaften Spannung erfüllt.

      Sie war vor ihm am Treffpunkt und musste noch gut zehn Minuten warten, bis er kam. Sie hatte sich wieder in den Wagen gesetzt, weil das Lokal sehr gut besucht war und sie neugierige Blicke fürchtete.

      Ein Taxi hielt. Heinz stieg aus. Gerlinde sprang so schnell aus ihrem Wagen, dass sie fast gefallen wäre.

      »So sehen wir uns wieder«, sagte er.

      »Warum bist du nicht früher gekommen?«, fragte Gerlinde drängend. »Vielleicht hast du alles verdorben.«

      »Was alles?«, fragte er sarkastisch.


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