Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman - Marie Francoise


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runzelte Dr. Daniel die Stirn. »Haben Sie Schmerzen?«

      Kerstin schüttelte den Kopf. »Nein, Schmerzen sind es eigentlich nicht. Es zieht ein wenig im Unterleib und… na ja, jetzt habe ich ein bißchen Angst.« Sie sah Dr. Daniel an. »Glauben Sie, das kommt davon, weil ich die Kontrolluntersuchungen nicht habe machen lassen?« Ein wenig hilflos zuckte sie die Schultern. »Wissen Sie, Herr Doktor, meine Schwester hat mir gesagt, daß diese Untersuchungen schrecklich unangenehm sind, und weil ich die Spirale so gut vertragen habe, dachte ich…« Wieder zuckte sie die Achseln.

      Dr. Daniel seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch das dichte blonde Haar. »Es ist leider eine weit verbreitete Unart, die Kontrolluntersuchungen nicht durchführen zu lassen, weil sie ein bißchen unangenehm sind. Und ob Ihre Beschwerden mit dieser Nachlässigkeit zusammenhängen, kann ich so natürlich nicht sagen.« Er stand auf. »Gehen wir mal nach nebenan ins Untersuchungszimmer.«

      Kerstin folgte dem Arzt, dann trat sie in eine durch einen Vorhang abgetrennte Umkleidekabine und machte sich frei. Obwohl sie normalerweise nicht besonders prüde war, hatte sie die Untersuchungen beim Frauenarzt nicht allzu gern. Dazu kam, daß Dr. Daniel trotz seiner fünfzig Jahre noch ein ausgesprochen attraktiver Mann war. Sie atmete tief durch, dann ging sie hinaus und kletterte ein wenig mühsam auf den Untersuchungsstuhl. Und plötzlich hatte sie schreckliche Angst vor dem, was sie bald erfahren würde. Wenn ihr nun etwas Ernstliches fehlte – und das vielleicht nur, weil sie zu feige gewesen war, um die Kontrolluntersuchungen durchführen zu lassen.«

      »Ich werde zuerst einen Abstrich nehmen«, erklärte Dr. Daniel, während er zu ihr trat. »Diese Krebsvorsorgeuntersuchung hätte ebenfalls schon vor einem halben Jahr durchgeführt werden müssen.«

      Kerstin schluckte. »Ich weiß, Herr Doktor.« Sie schwieg kurz, dann sprach sie ihre Ängste doch aus. »Glauben Sie, daß das… sehr schlimm ist… ich meine… könnte es sein, daß ich… Krebs habe?«

      Dr. Daniel lächelte sie an. »Das wollen wir ja nicht hoffen. Und was Ihre Beschwerden betrifft – die können eine Menge Ursachen haben.«

      Dr. Daniel legte das Glasplättchen mit dem Abstrich unter das Mikroskop, dann runzelte er besorgt die Stirn. Die deutlich sichtbaren Veränderungen gefielen ihm überhaupt nicht. Kerstin spürte sein Zögern.

      »Ist etwas nicht in Ordnung, Herr Doktor?« fragte sie leise.

      »Möglicherweise«, antwortete Dr. Daniel ehrlich, dann trat er wieder zu ihr. »Ich werde jetzt die Spirale entfernen, und vielleicht setzen wir im Moment besser keine neue ein. Wir sollten erst sichergehen, was genau die Ursache für Ihre Beschwerden ist.«

      Kerstin konnte nur nicken. Die Angst schnürte ihr förmlich die Kehle zu. Und obwohl Dr. Daniel sehr vorsichtig war, zuckte Kerstin zusammen, als er die Spirale entfernte.

      »Hat das weh getan?« wollte Dr. Daniel wissen.

      »Ein bißchen«, gab Kerstin zu, und auch das war etwas, was dem Arzt ganz und gar nicht gefiel.

      »Es kann sein, daß ich Ihnen noch mal weh tun muß«, erklärte er, »aber ich muß Sie gründlich untersuchen.«

      Wieder zuckte Kerstin zusammen.

      »Schon vorbei«, beruhigte Dr. Daniel sie. »Sie können sich jetzt anziehen, Frau Wenger.«

      Während Kerstin die Umkleidekabine betrat, verließ Dr. Daniel das Untersuchungszimmer und klopfte an die nächste Tür, dann trat er ein.

      »Darf ich dich einen Augenblick stören, Kurt?« fragte er seinen Kollegen, mit dem er einst studiert hatte und in dessen Praxis er seit mittlerweile fünf Jahren mitarbeitete.

      Dr. Kurt Gebhardt stand auf. »Natürlich, Robert. Was gibt’s denn?«

      »Ich habe einen Abstrich unter dem Mikroskop und möchte, daß du ihn dir mal anschaust«, erklärte Dr. Daniel.

      Sein Studienfreund folgte ihm und blickte wenig später durch das Mikroskop.

      »Das sieht nicht gut aus«, urteilte auch er, dann sah er auf. »Es kann eine Entzündung sein, aber…« Er stockte, und Dr. Daniel wußte, sofort, was er dachte. Es konnte nämlich auch Krebs sein.

      In diesem Augenblick kam Kerstin aus der Umkleidekabine. Sie hatte zwar gehört, daß Dr. Daniel sich mit jemandem beraten hatte, doch die Worte hatte sie nicht verstehen können. Allerdings machte sie gerade das unsicher. Jetzt blickte sie von einem zum anderen und wagte es nicht, auch nur eine Frage zu stellen.

      »Bitte, Frau Wenger, nehmen Sie Platz«, bot Dr. Daniel ihr an, dann setzte auch er sich, während Dr. Gebhardt abwartend stehenblieb.

      Dr. Daniel richtete den Blick seiner gütigen blauen Augen auf Kerstin, dann erklärte er so vorsichtig wie möglich: »Der Abstrich, den ich im Rahmen einer Krebsvorsorgeuntersuchung genommen habe, weist einige Veränderungen auf.« Er hob beschwichtigend eine Hand, als Kerstin entsetzt die Augen aufriß. »Bitte, Frau Wenger, erschrecken Sie nicht. Diese Veränderungen müssen nicht zwangsläufig Krebs bedeuten. Es kann sich auch um eine Entzündung handeln. Das kommt gerade bei Frauen, die eine Spirale tragen, nicht gerade selten vor. Aber ich muß sichergehen und den Abstrich einschicken.«

      In Kerstins Kopf herrschte nach diesen Worten ein einziger Aufruhr. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.

      Impulsiv griff Dr. Daniel nach ihrer Hand und drückte sie sanft.

      »Machen Sie sich keine allzu großen Sorgen, Frau Wenger«, bat er. »Ich weiß schon, das ist leichter gesagt als getan, aber…« Er stockte kurz, dann setzte er hinzu: »Kommen Sie in einer Woche wieder zu mir…, das heißt…« Er wechselte einen raschen Blick mit Dr. Gebhardt, dann sah er Kerstin an. »Ich kehre am Wochenende nach Steinhausen zurück.«

      Diese Eröffnung ließ Kerstin für einen Moment ihre Angst und Sorge vergessen. Sie brachte sogar ein Lächeln zustande.

      »Sie eröffnen Ihre Praxis wieder?« fragte sie und nachdem Dr. Daniel das bejaht hatte, fügte sie hinzu: »Das ist aber schön.«

      »Ich gehe also davon aus, daß Sie meinem Kollegen treu bleiben werden«, mischte sich Dr. Gebhardt jetzt ein.

      Kerstin nickte. »Natürlich, Herr Doktor. Ich bin ja auch aus Steinhausen.«

      Dr. Gebhardt lächelte seinen Studienkollegen an. »Zu deinen treuen Patienten kann man dir nur gratulieren, Robert.«

      Er zögerte einen Moment. »Ich glaube, hier werde ich nicht mehr gebraucht.« Mit einem herzlichen Lächeln verabschiedete er sich von Kerstin, dann verließ er das Zimmer.

      Dr. Daniel und seine Patientin waren wieder allein, und in diesem Augenblick kehrten bei Kerstin Angst und Sorge zurück. Dr. Daniel spürte, was in ihr vorging und ergriff wieder wie tröstend ihre Hand.

      »Also, Frau Wenger, ich werde den Abstrich einschicken und mir das Ergebnis gleich nach Steinhausen kommen lassen«, erklärte er. »Sobald ich es vorliegen habe, rufe ich Sie an, einverstanden?«

      Kerstin nickte. »Wird es… sehr lange dauern?«

      »Nein, Frau Wenger. Ich glaube nicht. Ich bin sicher, daß ich Ihnen bereits Anfang nächster Woche Bescheid geben kann.«

      Kerstin kämpfte mit sich, dann stellte sie die Frage, die ihr im. Herzen brannte, doch: »Und wenn es nun… Krebs ist?«

      »Daran sollten Sie gar nicht denken«, meinte Dr. Daniel. »Außerdem hat die Krebsforschung in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Krebs muß heute kein Todesurteil mehr sein.«

      Kerstin nickte zwar, doch die Angst saß ihr dabei wie ein großer Mühlstein im Herzen.

      Leise schloß Darinka Stöber die Haustür auf, dann sah sie sich nahezu ängstlich um, doch es schien niemand hier zu sein. Wie eine Verbrecherin schlich sie in ihr kleines Zimmerchen unter dem Dach und ließ sich dann aufatmend auf ihr Bett fallen. Sie war froh, daß sie ihren Großeltern nicht hatte begegnen müssen.

      Mit beiden Händen massierte


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