Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl

Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen - August Sperl


Скачать книгу
Lande und er wird's auch thun im eroberten Lande. Aber ich denk' mir halt, Menschenköpfe sind keine Stupfrüben, und ehe ein halbes Jahr ins Land gegangen ist, wird er sich an manch einem harten Schädel gestoßen haben im Fürstentum der Oberpfalz. Hab' ich nicht recht?«

      Hansjörg Portner schwieg, und der andre gähnte.

      Im Hausflure ertönten lachende Männerstimmen, und sporenklirrend kam ein Trupp junger Leute in die dämmerige Stube.

      »Wirtschaft!« schrie einer und stieß die Waffe auf den Boden, während die andern lachend einen Tisch an der Wand gegenüber der Nische besetzten.

      Mit unterwürfiger Miene schob sich der Wirt zur Schenkthüre herein:

      »Euer Gnaden befehlen?«

      »Wein, aber vom besten!«

      »Wie kommt Saul unter die Propheten – wie kommt der kurfürstliche Sekretarius unter die Söhne des Mars?« lachte ein hochgewachsener Beamter Seiner Durchlaucht und setzte sich geräuschvoll zu den Offizieren.

      »Ei was, Herr von Kriemhofen, Ihr sollt uns immer willkommen sein!« rief ein junger Dragonerleutnant und zwirbelte den kleinen Schnurrbart, der in zwei Borstenbüscheln senkrecht emporstarrte. »Habe die schandbaren Schwänklein, mit denen Ihr angefüllt seid wie eine Blunse mit Speckstückeln –«

      »Blunse, was sein Blunse?« fragte ein Wallone vom Ende des Tisches her.

      »Blutwurst, Herr Bruder,« antwortete der Leutnant.

      »I, zu viel Ehre!« lachte der Sekretarius und zog den Kopf zwischen die Schultern.

      »Habe sie noch gar wohl im Gedächtnis von der hohen Schule. Ich sag' euch, ihr Herren Brüder, das ist ein Durchtriebener, dieser Herr von Kriemhofen!« vollendete der Leutnant.

      »Nur heraus damit! Aber wir sind ausgepicht; darf schon ein brenzliger Schwank sein, wenn er uns behagen soll!« rief einer.

      »Na, nur abwarten!« sagte der Leutnant. »Aber verändert habt Ihr Euch, Kriemhofen! Und doch ist mir's gestern schon beim Empfange aufgefallen – der Schreiber, der lange, dicke, da drüben hinterm Vizedom, der kommt dir so bekannt vor – wo hast du den doch schon gesehen? Und ich strenge mein Gehirn an –«

      »Was der Herr Bruder sonst nicht allzu oft übers Gewissen bringt,« meinte der Rittmeister, setzte sich, stellte die Waffe zwischen die Kniee und faltete die Hände über dem Korbe.

      Die andern lachten, der Leutnant aber rief:

      »Wozu auch? Dazu sind die Herren von der Feder vorhanden!«

      »Und ist auch im Grunde kein so großer Unterschied zwischen Feder und Schwert,« sagte Kriemhofen und lehnte sich zurück.

      »Oho!« riefen mehrere Offiziere.

      »Reden lassen!« befahl der Rittmeister.

      »Ich denke, das Schwert ist eine Waffe und die Feder nicht minder, ihr Herren.«

      »Wie die Pranke des Löwen und die gespaltene Zunge der Viper!« rief ein Kornett aus der Ecke, und schallendes Gelächter erhob sich in der Runde.

      »Reden lassen!« brüllte der Rittmeister und lachte, daß es ihn stieß.

      »Die Herren haben recht und haben nicht recht, wie man's nimmt,« sagte Kriemhofen und wiegte das schwarzlockige Haupt. »Aber ich kenne einen Löwen, der sich des Schwertes bedient und damit zuschlägt, daß die Funken sprühen, und zuzeiten das Schwert hinlegt und zur Feder greift, daß Königreiche wanken.«

      Der Wirt kam mit den vollen Kannen, der Rittmeister warf einen stechenden Blick auf den Sekretär, stand auf, hob seinen Becher und rief:

      »Der Herr der Schwerter und der Federn, unser durchlauchtigster Kurfürst Maximilianus vivat hoch!«

      Klirrend erhoben sich die Herren und stießen die Becher aneinander.

      »Und den Tod allen seinen Widersachern!« rief Kriemhofen und trank seinen Becher leer.

      »Den Tod, den Tod!« schrieen sie in der Runde und ließen sich geräuschvoll auf die Stühle nieder.

      »Den kann einer haben, der mit dem Durchlauchtigen anbindet,« sagte der Leutnant und zwirbelte seinen Schnurrbart.

      »Drum giebt's auch viele, die's nicht aufs Aeußerste ankommen lassen,« meinte Kriemhofen. »Im Fürstentum der Oberpfalz getraut sich keiner mehr zu mucken.«

      »Schade!« sagte der Rittmeister. »Hab' ich wunder gedacht, zu was für Kämpfen und Blutbädern unser Regiment in die Oberpfalz beordert wird, und als wir durch die Dörfer marschierten, standen sie allerorten mit krummen Buckeln, schleppten herbei, was nur immer möglich war – in Teufels Namen, was sollen wir denn schaffen hier oben in der Steinpfalz, wenn es nichts zum Dreinschlagen giebt?«

      »Hier hat eben die Feder das beste Teil vorweggenommen, Herr Rittmeister!« sagte Sekretär Kriemhofen selbstgefällig. »Damit kommen wir wieder auf unsern vorigen Diskurs.«

      »Holla,« rief der Rittmeister, »da fragt doch einmal Eure Kollegen von der Feder im Landl ob der Enns, was sie ohne das Schwert zuwege gebracht hätten gegen die rebellischen Bauern!«

      »Das ist ein ander Volk,« meinte der Sekretär.

      »Und warum sind wir dann hergerufen worden ins Fürstentum der Oberpfalz?« rief der Kornett höhnisch.

      »Gut ist gut, und besser ist besser,« meinte Kriemhofen und wischte über den Aermel seines schwarzen Wamses.

      »Aha!« riefen die Offiziere im Kreise.

      »Friede zwischen Schwert und Feder, ihr Herren!« sagte der Rittmeister und zwinkerte mit den stechenden Augen. »Also kann's vielleicht doch noch andres zu thun geben in Amberg für einen alten Haudegen, als Prozessionenlaufen? Uns soll's recht sein – nicht wahr, ihr Herren Brüder?«

      »Es lebe der Krieg!« rief einer aus der Runde. »Es lebe der Krieg!« riefen sie wild durcheinander, und wieder klangen die Becher.

      »Licht!« schrie der Rittmeister. Und im Nu brachte der Wirt die brennenden Kerzen.

      »Der Krieg stirbt nicht, solang es noch einen Ketzer giebt im heiligen römischen Reiche,« sagte der Rittmeister und that einen tiefen Zug. »Vivat Maximilianus, unsers Herrgotts Freund und aller Ketzer Erzfeind! Ja, ihr Herren, was sind denn die Regimenter der Liga viel andres als große Bruderschaften, geworben und begründet zur Ausrottung der Ketzerei?«

      »Bruderschaften?« lachte der Leutnant.

      »Bruderschaften vom heiligen Schwert!« rief der Rittmeister. »Und wenn einer von uns heut oder morgen ins Gras beißt, und der heilige Petrus verwehrt ihm den Eingang ins Himmelreich – sagt: ›du hast mehr Sünden auf dem Gewissen als ein junger Hund Flöhe im Pelz, marsch ins Fegfeuer, wo's am heißesten ist‹ –, so braucht unsereiner nur zu antworten: ›Platz da, Herr Petrus, gebet Raum für einen Soldaten der Liga!‹ – Und wetten, er giebt Raum und murmelt in seinen Bart: ›Um Vergebung, guter Freund, das ist allerdings ein ander Sach!‹ – Spricht unsereiner: ›Hättet's mir wohl an der Feldbinde ansehen können, Hochwürdiger, wes Standes ich bin!‹ – antwortet er: ›Verzeiht, ich bin gar alt, meine Augen sind schwach geworden in der langen Zeit, gehe alleweil mit dem Gedanken um, dem Ignatius die Himmelsschlüssel abzugeben.‹ – ›Dem Ignatius Loyola?‹ sagt unsereiner. – ›Dem und keinem andern,‹ sagt der heilige Petrus. – Lacht unsereiner: ›Na, dann hat's erst recht keine Not für einen braven Soldaten der Liga!‹«

      Die Offiziere hoben die Becher und lachten und schrieen durcheinander. Der Verwachsene aber in der dunkeln Nische neben Hansjörg Portner flüsterte:

      »Hat er das nun im Ernste oder spöttlich gemeint, Herr?«

      »Was kümmert's mich?« sagte Portner und trank aus seinem Kruge.

      »Euer Bier mag warm sein,« flüsterte der Kleine; »jede halbe Stunde einen Zug!«

      »Also, vor den Bauern brauchen wir uns nicht zu


Скачать книгу