Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher


Скачать книгу
Eggensteiner schlug die Hände zusammen.

      »Ich mach’ mir die größten Vorwürfe«, bekannte er. »Natürlich hätt’ ich erst weitere Informationen einziehen müssen. Besonders auch über diese Frau Erbling. Ich konnt’ ja net ahnen, was für eine Person das ist.«

      Er blickte Sebastian aus wässrigen Augen an.

      »Kannst’ mir noch mal vergeben? Ich bereu’ aus tiefstem Herzen, was da gescheh’n ist.«

      Der gute Hirte von St. Johann erhob sich.

      »Komm mal mit«, sagte er und verließ das Arbeitszimmer.

      Der verdutzte Amtsbruder folgte ihm. »Frau Tappert, sein S’ doch so gut und kochen S’ uns einen schönen Kaffee«, bat der Geistliche seine Haushälterin. »Und schneiden S’ auch was von Ihrem wunderbaren Apfelkuchen ab. Wir setzen uns hinaus auf die Terrasse.«

      Im Pfarrgarten grünte und blühte es. Es war eine einzige Blumenpracht, und in den Obstbäumen lockten die dicksten Früchte zum Pflücken.

      »Also, das schaut ja ganz wunderschön aus«, nickte Blasius Eggensteiner anerkennend. »Wenn ich dagegen an uns’ren Garten denk’!«

      »Wart’s nur ab«, beruhigte Sebastian ihn. »Wenn du erst mal ein paar Jahre in St. Anna gewirkt hast, dann wird’s bei dir genauso ausschau’n.«

      Blasius Eggensteiner hatte erst vor kurzem das Amt des Geistlichen in Engelsbach übernommen, nachdem die Pfarrei nach dem Tod des alten Seelsorgers einige Jahre verwaist gewesen war.

      Sebastian Trenker, der sich die Aufgaben dort mit einem Amtsbruder aus Garmisch-Partenkirchen teilte, hatte immer wieder bei seinem Bischof darauf gedrängt, daß die Pfarrstelle wieder neu besetzt werden müsse. An seinem siebzigsten Geburtstag überraschte Bischof Meerbauer dann den Bergpfarrer mit der Ankündigung, daß ein Nachfolger gefunden sei. Indes wurde Sebastians Freude getrübt, als er den Namen des Geistlichen erfuhr.

      Ausgerechnet Blasius Eggensteiner war dazu ausersehen worden.

      Der Bergpfarrer kannte ihn vom gemeinsamen Studium her und hatte denkbar schlechte Erfahrungen mit ihm gemacht. Blasius war ein Meister im Schmieden von Intrigen und Ränken, und eine erste Kostprobe, daß sich daran nichts geändert hatte, war die Diffamierung Sebastians bei Bischof Meerbauer gewesen.

      Während die beiden Männer sich über den Garten unterhielten, hatte Sophie Tappert Kaffee gekocht und den Kuchen angeschnitten. Natürlich fehlte auch eine Schüssel mit geschlagener Sahne nicht auf dem Gartentisch.

      Blasius Eggensteiner lief unwillkürlich das Wasser im Munde zusammen, als er die Pracht sah.

      Daß er gut und gerne aß, sah man seiner rundlichen Figur an, und wahrscheinlich war es seiner Haushälterin, Hermine Wollschläger, zu verdanken, daß er nicht mehr zunahm. Die hatte nämlich rigoros den Riegel vor die Völlerei geschoben und kochte nur noch Magerkost.

      »Ich darf doch?« fragte der Besucher und nahm sich ein Stück.

      »Greif nur zu«, munterte Sebastian ihn auf.

      Blasius Eggensteiner gab einen ordentlichen Berg Sahne auf den Kuchen.

      Sebastian Trenker hatte Kaffee eingeschenkt. Während der ganzen Zeit überlegte er, welchen Grund dieser Besuch haben konnte. So ganz mochte er den Beteuerungen seines Amtsbruders nicht trauen. Dazu hatte er früher zu oft schlechte Erfahrungen mit ihm gemacht.

      Indes war er gewillt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen.

      »Also, was die Sache angeht, derentwegen du hergekommen bist«, sagte er. »Reden wir net mehr davon.«

      Bruder Blasius hatte den Kuchen schneller gegessen, als Sebastian gucken konnte. Er stellte den Teller, den er in der Hand gehalten hatte, auf den Tisch zurück und sah den Bergpfarrer ergriffen an.

      »Du bist zu großmütig, Sebastian«, sagte er. »Vergelt’s dir Gott.«

      Er sah auf die Kuchenplatte.

      »Also, der schmeckt ja ganz wunderbar«, schwärmte er. »Ob deine Haushälterin mir wohl das Rezept für die Frau Wollschläger geben würd’?«

      »Ganz gewiß wird sie das«, nickte Sebastian.

      Sophie Tappert hatte, da sie immer wieder danach gefragt wurde, einige Zettel fertig geschrieben in der Schublade liegen.

      Pfarrer Trenker sah den Blick seines Besuchers, der begehrlich an der Kuchenplatte hing.

      »Nimm nur, wenn du noch magst«, forderte er Blasius Eggensteiner auf.

      »Na ja, wir sind halt alle Sünder«, meinte der mit einem Grinsen und langte zu.

      Ich hab’s immer noch net herausbekommen, was du eigentlich von mir wolltest, dachte der Bergpfarrer später, als er seinen Amtsbruder zur Tür brachte. So ganz nehm’ ich dir den reuigen Sünder nämlich net ab…

      Er winkte dem Geistlichen nach, der unten an der Straße in sein Auto gestiegen war. Pfarrer Eggensteiner winkte zurück und fuhr davon. Sebastian schaute hinterher und ging dann nachdenklich ins Pfarrhaus zurück.

      *

      »Morgen abend sind wir Gäste von Pfarrer Trenker«, sagte Ulli, als sie von ihrem Ausflug zurückgekehrt waren. »Heute möchte ich dich einladen. Im Restaurant des Hotels wird eine vorzügliche Küche serviert. Ich hole dich in einer Stunde ab, wenn es recht ist.«

      Sie standen vor der Pension Stubler. Eva nickte.

      »Ja, so viel Zeit mußt du mir schon lassen, um mich zurechtzumachen«, antwortete sie.

      Und ich brauche die Zeit, um zwei Telefonate zu führen, dachte Ulli, während er zum Hotel ging.

      Noch immer hatte er es nicht geschafft, mit Eva ein offenes Wort zu reden. Vielleicht, so hatte er überlegt, war es besser, zunächst einmal zu Hause für klare Verhältnisse zu sorgen. Und dazu gehörte, daß er seinen Vater informierte, und dann Constanze. Zuerst hatte er davon absehen wollen, weil er der Meinung war, daß es zu unpersönlich sei, wenn er es ihr am Telefon sagte. Doch er wollte so schnell wie möglich mit Eva sprechen. Am liebsten noch heute abend, nach dem Essen.

      Zuerst wählte er die Nummer von zu Hause. Sein Vater nahm ab und meldete sich.

      »Ulli, mein Junge«, freute er sich, »schön, von dir zu hören.«

      »Danke, Vater. Wie geht’s euch? In der Firma alles in Ordnung?«

      »Mutter und mir geht es gut«, antwortete sein Vater. »Von der Firma wollen wir lieber nicht sprechen. Ich bin froh, wenn alles unter Dach und Fach ist. Justus will gleich nach eurer Verlobung die Verträge unterzeichnen. Er hat schon das Hotel gemietet für die Feier.«

      Ulli merkte, wie sich ein dicker Kloß in seinem Hals festsetzte.

      »Ja, ich weiß«, erwiderte er. »Vater, deswegen rufe ich an…«

      »Na, du freust dich sicher auch, was?« rief Hans Vogler durch das Telefon.

      Sein Sohn konnte förmlich die Euphorie spüren, die seinen Vater gepackt hatte.

      »Mensch, dann hat das Elend ein Ende«, fuhr der Lebkuchenfabrikant fort. »Der Hesse, du weißt schon, der vom Betriebsrat, der löchert mich schon ständig, was denn nun aus der Firma wird. Die Leute haben natürlich Angst, daß wir schließen müssen und sie entlassen werden. Ist ja verständlich. Aber bis jetzt darf ich ja noch nichts über unseren Coup verlauten lassen. Du, die werden Augen machen, wenn wir denen in ein paar Wochen von der Fusion mit der Großbäckerei von Werenhofen erzählen!«

      Ulli hörte zu und hielt die Augen geschlossen. Er fand einfach keine Möglichkeit, seinen Vater zu bremsen. Nach einigen belanglosen Worten und Grüßen an die Mutter legte er auf und ließ sich nachdenklich auf das Bett sinken.

      Nach einer Weile blickte er auf die Uhr. Constanze würde wohl schon daheim sein. Er wählte ihre Nummer und wartete darauf, daß sie sich meldete.


Скачать книгу