Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher


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war das verwunderlich?

      Ulli war in die väterliche Firma eingespannt, sie hatte alle Hände voll zu tun, ihr Studium zu beenden. Da war es doch nur natürlich, daß man nicht mehr so stürmisch war wie am ersten Tag. Obgleich sie zugeben mußte, daß sie genauso wenig für ihre Beziehung getan hatte wie er, gab sie Ulli letztlich doch die Schuld am Scheitern. Schließlich war er es, der sie betrogen hatte. Mit einer Frau, die er höchstens ein paar Tage kennen konnte.

      So viel bin ich ihm also wert, dachte sie bitter, während sie in ein weiteres Taschentuch weinte.

      Das stolze Gesicht zeigte Tränenspuren, die Augen waren gerötet.

      »Ich muß zu ihm«, stieß Constanze hervor, ohne auf die Worte ihrer Freundin einzugehen. »Ich muß mit ihm reden. Er soll es mir ins Gesicht sagen.«

      »Bist du verrückt?« entfuhr es Petra. »Dem Kerl auch noch hinterherlaufen? Mensch, Constanze, du kannst an jedem Finger zehn haben! Das hast du doch gar nicht nötig.«

      Die junge Frau schüttelte den Kopf.

      »Vielleicht ist es ja nur ein Urlaubsflirt«, sagte sie leise. »Ich will die Frau sehen, die Ulli so den Kopf verdreht hat, daß er alles aufs Spiel setzt.«

      »Denk’ doch an die Prüfungen«, wagte Petra einzuwenden. »Deine Diplomarbeit. Du wolltest am Wochenende daran arbeiten.«

      Constanze sah sie an.

      »Glaubst du wirklich, daß ich mich jetzt darauf konzentrieren kann?« fragte sie schulterzuckend. »Dann gebe ich sie eben erst in der übernächsten Woche ab. Ich kann doch jetzt nicht auch nur einen vernünftigen Satz schreiben.«

      Petra Reuter sah sie nachdenklich an.

      »Dann komme ich mit«, sagte sie entschlossen.

      Constanze hob den Kopf.

      »Du? Aber wieso…?«

      »Glaubst du wirklich, daß ich dich in diesem Zustand alleine fahren lasse?« entgegnete sie. »Womöglich baust du noch einen Unfall auf der Fahrt, so durcheinander, wie du jetzt bist. Es kommt gar nicht in Frage, daß du alleine fährst. Entweder wir beide oder gar nicht.«

      Sie sah die Freundin lächelnd an.

      »Danke. Das ist lieb von dir.«

      Constanze von Werenhofen richtete sich auf und griff nach dem Telefon. Doch kaum hatte sie den Hörer abgenommen, legte sie ihn wieder auf die Gabel zurück.

      »Sag bloß, du wolltest Ulli anrufen und ihm mitteilen, daß wir kommen?« fragte Petra.

      »Nein.« Constanze schüttelte den Kopf. »Ich habe nur überlegt, ob ich meinen Vater anrufen soll oder Ullis Eltern. Sie wissen doch noch von nichts.«

      Sie strich sich nachdenklich eine Strähne aus der Stirn.

      »Aber vielleicht ist es auch ganz gut. Erst mal muß ich mit Ulli sprechen. Vielleicht ist es wirklich nur eine Liebelei, über die er den Kopf verloren hat.«

      Petra schüttelte den Kopf über soviel Optimismus.

      »Wenn wir morgen früh fahren wollen, dann wird es jetzt Zeit zu schlafen«, meinte sie. »Ich gehe in die Küche und koche Tee, und wenn ich wiederkomme, dann liegst du brav im Bett.«

      Sie verschwand nach draußen, und Eva ging ins Badezimmer. Als die Freundin nach einiger Zeit mit einem dampfenden Teebecher zurückkam, lag sie brav unter der Bettdecke, die sie bis unter das Kinn gezogen hatte.

      »So, den trinkst du jetzt«, befahl Petra. »Ich habe einen ordentlichen Schuß Rum hineingetan. Damit schläfst du wie ein Bär.«

      »Danke, Petra«, lächelte Constanze.

      Die Freundin löschte das Licht und schloß die Tür hinter sich. Constanze lag im Dunkeln und trank den heißen Tee in kleinen Schlucken. Petra hatte wirklich nicht mit dem Rum gespart, aber auch reichlich Zucker hineingetan, so daß der herbe Geschmack des Alkohols gemildert wurde.

      Die junge Frau spürte, daß sie allmählich müde wurde. Trotzdem waren ihre Gedanken immer noch bei Ulli Vogler. Sie konnte nicht begreifen, daß alles vorbei sein sollte.

      Was war nur geschehen?

      Diese Frage stellte sich Constanze von Werenhofen, bis sie endlich in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel.

      *

      »Sag’ mal, was hat der Pfarrer Eggensteiner eigentlich mit dem Bruckner-Markus zu schaffen?« fragte Max am nächsten Tag beim Mittagessen.

      »Wie kommst du darauf, daß die was miteinander zu tun haben?« entgegnete Sebastian Trenker überrascht.

      Der junge Polizeibeamte, der in St. Johann für Ruhe und Ordnung sorgte, zuckte die Schultern.

      »Ich weiß net«, antwortete er. »Gestern nachmittag hab’ ich deinen Amtsbruder am Rathaus vorfahren und hineingehen sehen.«

      Der Geistliche rieb sich nachdenklich das Kinn.

      »Gestern nachmittag, sagst du? Wann genau war denn das?«

      Max überlegte.

      »So kurz nach fünf Uhr. Ich war gerad’ ins Auto gestiegen, um zu Claudia zu fahren.«

      »Hm, da ist der Blasius gerade von mir fort…«, überlegte Sebastian laut.

      »Ach, er war hier?«

      »Ja. Das war eine ganz merkwürdige Geschichte. Angeblich hat er sich bei mir entschuldigen wollen, was ich ganz ungewöhnlich fand, denn mein lieber Amtsbruder ist ja sonst net so zartbeseelt, daß ihm seine Fehler leid tun, vom Bereuen mal ganz zu schweigen.«

      Die Frage, was der Geistliche von St. Anna beim Bürgermeister von St. Johann gewollt hatte, beschäftigte Sebastian noch den ganzen Tag. Indes kam er nicht so oft dazu, weiter darüber nachzudenken. Am Abend wurden Gäste erwartet. Neben Eva und Ulli, die Sebastian eingeladen hatte, wurde auch Claudia Bachinger erwartet. Die attraktive Journalistin wohnte in Garmisch-Partenkirchen, wo sie bei der Zeitung arbeitete. Meistens kam sie schon am Freitag nach St. Johann, um ihren Liebsten zu besuchen. Gestern allerdings hatte sie einen Termin gehabt, der halb beruflich und halb privat war. In der Stadthalle trat ein bekannter Volksmusiker auf. Vor geraumer Zeit hatte Claudia dafür gesorgt, daß Fred Brandner, der in Garmisch geboren worden war, sein ganz persönliches Glück gefunden hatte. Der Künstler hatte ihr für den Auftritt zwei Ehrenkarten zukommen lassen; und so war Max zu seiner Freundin gefahren, um gemeinsam mit ihr den Abend zu genießen.

      In der Küche des Pfarrhauses war Sophie Tappert schon seit dem Morgen mit der Vorbereitung für das Essen beschäftigt. Für Claudia, die am Nachmittag eingetroffen war, schien es selbstverständlich, daß sie mit Hand anlegte. Zum einen machte es ihr Freude, andererseits profitierte sie dabei auch von den Kochkünsten der Haushälterin. Unterdessen waren Sebastian und Max damit beschäftigt, im Keller die passenden Weine auszusuchen.

      »Glaubst’, daß der Pfarrer Eggensteiner und unser Bürgermeister zusammen was aushecken?« fragte der Polizist.

      Der Bergpfarrer prüfte gerade eine alte Flasche Rotwein. Er hielt sie gegen das Licht einer Kerze und schaute, ob der Inhalt trübe war.

      »Möglich wär’s«, meinte er. »Schließlich wär’s net das erste Mal, daß der Bruckner-Markus sich mit jemandem verbündet, um einen seiner unsinnigen Pläne durchzusetzen. Was das aber mit dem Blasius zu tun haben könnt’, ist mir im Moment noch schleierhaft.«

      Markus Bruckner war seit Jahren Bürgermeister des kleinen Alpendorfes. Im Laufe der Zeit hatte er immer wieder versucht, seine Vorstellungen von St. Johann als modernen Touristenort durchzusetzen. Diese Bemühungen fanden ihren Anfang in einer geplanten Seilbahn zum Gletscher hinauf, gingen so weit, aus dem Jagdschlößchen im Ainringer Wald ein Spielcasino zu machen und gipfelten in einem monströsen Hotelneubau auf Gemeindegrund.

      Dieses geschäftige Treiben war bisher allerdings immer am Widerstand Sebastian Trenkers gescheitert. Sanfter Tourismus war für den


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