Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark
brach.
»All right, Ed, ich hole mein Gewehr!«
Er ging hinauf, holte sein Gewehr und sein Bündel, zahlte seine Zeche, ging hinüber in den Mietstall und holte sein Pferd.
»Augenblick noch, Ed!« rief er dem alten Vormann zu. Dann trabte er zurück zu dem Vorbau des Boardinghauses.
Da stand der Schneider, der Bürgermeister und sieben ältere Männer, die ihm entgegenblickten.
»Es tut mir leid, Mister Black«, sagte Wyatt. »Sie haben sich wirklich viel Mühe gegeben. Und wenn ich einmal Sheriff werden sollte, frage ich zuerst in Ellsworth an, ob der Job zufällig frei ist. Paßt gut auf die beiden Mörder auf. Ich habe einen Job bei Wyan Roopers angenommen. So long!«
Nur der kleine Schneider hatte so viel Herz, dem Davontrabenden nachzuwinken…
Wenn Ellsworth gewußt hätte, was für ein Sheriff ihm da für immer verlorenging, hätte er sicher ein anderes Aufgebot zusammengetrommelt, um den wertvollen Mann zurückzuhalten.
Viele Jahre später, wenn der Missourier längst der berühmte Marshal von Dodge City sein sollte, ein Mann, den man von den Schneebergen Kansas bis hinunter in die glühenden Sandstädte Mexikos kannte, sollte der kleine Schneider Black einmal in einer stillen Stunde zu dem kugeligen Mayor sagen: »Wenn ich damals Mayor gewesen wäre, wäre er heute noch hier, und unsere Kinder könnten in Boston, New York und San Franzisco erzählen, daß sie aus der Stadt kommen, wo Wyatt Earp Marshal ist…«
*
Schon seit Wochen schob sich die große Herde über die Savanne nach Nordwesten.
Vor Fort Morgan oben in Colorado schlug Wyatt dem Rancher eine dreitägige Rast vor.
Nervös kratzte sich der staubbedeckte Wyan Rooper das Kinn. Er preßte die Augen zusammen und plinkerte in die untergehende Sonne.
»Können wir uns denn einen so langen Aufenthalt leisten, Wyatt?«
»Ich glaube schon.«
»Peshaur wird mit seiner Herde längst weit in Wyoming sein.«
»Sicher. Er hat den Treck von Ellsworth aus schnell eingeholt und wird jetzt oben in den Bergen sein.«
Der Rancher nahm den Hut vom Kopf und wischte sich über die heiße Stirn.
»Ich begreife nicht, wie Sie ihm zuvorkommen wollen.«
»Haben Sie Vertrauen, Mister Rooper. Wir schaffen es schon. Wenn es auch noch ein verdammt hartes Stück Arbeit ist!«
Selbst der Trail bis hier herauf war harte, schwere Treiberarbeit gewesen. Die fünf Männer sackten jeden Abend zu Tode erschöpft aus ihren Sätteln. Aber das Treib-System des Missouriers hatte sich bewährt. Niemand behielt einen festen Posten. Es ging immer rundum, so daß niemals einer allzulange den großen Staub schlucken mußte. Der schwarze Leitstier wechselte in ständiger Folge den Führer, der ihn mit dem Lasso am Sattel fest hatte. Trotzdem war schon das zurückgelegte Stück eine furchtbare Anstrengung gewesen. Und das Schlimmste lag noch vor ihnen: der Trail hinauf in die Berge.
Während der blonde Hal Holz für ein Lagerfeuer zusammentrug, zog Wyatt sich wieder in den Sattel.
»Wohin?« forschte der Rancher.
»Ich reite in die Stadt. Es gibt einige Dinge zu kaufen…«
»Kann ich mitkommen?« fragte der rote Mac, den wohl der Gedanke an einen erfrischenden Schluck Whisky leitete.
Wyatt blickte zu der Herde hinüber. Die Tiere standen ruhig da. Auch sie waren von dem langen Weg ziemlich erschöpft.
»Meinetwegen können Sie mitkommen.«
Die beiden ritten im leichten Trab auf Fort Morgan zu. Um das alte Fort herum hatte sich in den letzten fünf Jahren eine kleine Stadt angesiedelt.
Die beiden staubbedeckten Männer ritten in die Mainstreet, als die Sonne unterging.
Als Wyatt am Sheriff Office vorbeiritt, hielt er an. Er fixierte ein kleines Plakat, das auf der Türfüllung angebracht war.
Dann stieg er vom Pferd, warf Mac seine Zügelleine zu und ging auf das Office zu.
Er sah es, noch ehe er die unterste Stufe der Vorbautreppe erreicht hatte. Zwei fettgedruckte Namen sprangen ihm entgegen: Ben Thompson und Abraham Clinholm, gesucht wegen Mordes.
Wyatt wischte sich über die Augen.
Die beiden waren also entkommen! Und wahrscheinlich schon seit langem, sonst hätte der hiesige Sheriff den Steckbrief bestimmt noch nicht gehabt.
Wyatt ging zu seinem Kameraden zurück.
Der blickte ihn fragend an. »Was Besonderes?«
Der Missourier schüttelte den Kopf. »Nichts Besonderes.«
Da hatte er nun den Spieler und den gefährlichen Revolverschwinger unter Einsatz seines Lebens festgenommen und den Ellsworthern sogar die Arbeit des Einsperrens abgenommen. Und sie hatten sie entkommen lassen. Eine ganze Stadt hatte nicht Kraft genug gehabt, die beiden Mörder festzuhalten.
Während des Einkaufs im General-Store überlegte Wyatt: Die beiden würden die erlittene Schlappe nicht so hinnehmen. Sie würden ihm folgen. Vor allem der bösartige Ben Thompson würde den Tod des Bruders rächen wollen. Aber auch der gipsgesichtige Revolvermann würde Rache nehmen wollen. Schließlich hatte sein »Ruf« durch die Niederlage in Ellsworth gewaltig gelitten.
Wyatt zahlte die Waren und ging mit Hal hinaus.
Das war es also gewesen, was ihn hierhergetrieben hatte. Ein dunkles Gefühl hatte ihn in die Stadt geführt. Jetzt wußte er es.
Thompson und Clinholm waren frei. Sie würden sich an seine Fersen heften. Und es war sicher nicht allzu schwer, der breiten Fährte zu folgen, die annähernd dreitausend Rinder hinterlassen hatten.
Die beiden Reiter packten das Salz, den Kaffee, den Zucker und die Zündhölzer in die Satteltaschen und stiegen auf.
In Fergusons Gesicht zuckte es.
Wyatt bemerkte, daß er sich die Augen nach einer Schenke aussah.
»Da drüben, Mac, da ist der Saloon ›Zum toten Indianer‹. Da gibt’s sicher einen Brandy!«
Über das Gesicht des Rindermannes flog ein breites Grinsen der Dankbarkeit.
Wyatt hatte diesen Mac Ferguson in den vergangenen Wochen schätzengelernt; ihn und die beiden andern. Vor allem der grauhaarige Vormann hatte sich als erstklassiger Cowboy erwiesen.
»Ich gebe einen aus!« sagte Ferguson feixend.
»Danke, ich trinke nicht. Aber ich komme gern mit«, meinte Wyatt.
Sie banden ihre Tiere am Querholm an und zwängten sich durch die viel zu enge Tür in den dunklen Schankraum.
Hier herrschte schon Betrieb. An den Tischen saßen die Männer und spielten Poker.
An der Wand gegenüber der Tür stand ein altes Orchestrion und hämmerte den Colorado-Song.
Ferguson steuerte direkt auf die Theke zu.
Wyatt folgte ihm.
Vorn am Schanktisch lehnte ein Mann, der die Figur eines Gorillas hatte. Zweifellos war er ein Mestize; riesengroß, mit ausladenden Schultern, kurzer Stirn, starkem Haarwuchs und unsteten Augen.
Er kippte sich gerade ein volles Glas Brandy durch die Kehle und sah sich neugierig nach den beiden neuen Gästen um.
Mac bestellte eine Flasche Kentukky-Dry und zahlte gleich.
Wyatt bekam auch ein Glas und nahm einen winzigen Schluck, um sich die Kehle auszuspülen.
Das nahm der Gorilla zum Anlaß, eine dröhnende Lache anzustimmen.
»Hey, Boys!« brüllte er mit Stentorstimme. »Habt ihr das gesehen! Dieser Bursche hat nur einen Fingerhut von unserem