Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark
nickte. »Yeah – das kann sein.«
»Es kann nicht nur sein, Scott, es ist so!«
»Well, das leuchtet mir ein.«
»Deshalb muß ich den Bahnbau um jeden Preis und mit allen Mitteln verhindern!«
Der »Tex« brummte: »Überall werden Bahnen gebaut, Boß. In Dodge – sogar nach Witchita wollen sie Schienen legen. Von Norden herunter haben sie eine eiserne Spur durch halb Colorado glegt. Auch hier wird eines Tages eine Bahn gebaut werden. Ob sie nun Clyde Henderson oder sonst jemand baut, das ist doch einerlei.«
»Richtig!« rief der Rancher erregt. »Deshalb ist mir der Gedanke gekommen, selbst die Bahn zu bauen. Ich werde den Eisenweg nach Santa Fé legen, verstehen Sie, ich, Austin Portland!«
Der »Tex« nickte. »Vielleicht könnte man eine Menge Ärger aus der Welt schaffen, wenn Sie sich mit dem Bankier einigen würden.«
»Einigen?« fauchte der Rancher. »Wie denn, he?« Das war wieder der alte, rauhe herrische Ton.
Der Vormann hob den Kopf und versetzte gelassen: »Sie bauen die eine Hälfte der Strecke und er die andere.«
»Ha! Daß ich verrückt wäre! Dann müßte ich ja auch den Gewinn mit ihm teilen.«
»Das ist sicher. Wie im Diggercamp – und wie beim Pokern!«
Portland schob das Kinn vor. Heiser krächzte er: »Nein, Scott – das werde ich niemals tun. Niemals!« Als er die zusammengezogenen Brauen des »Texaners« sah, schwenkte er sofort um. »Henderson hat eine Lizenz von der Regierung. Er würde niemals in eine Partnerschaft mit mir einwilligen. Es wäre ja auch verrückt, wenn er es täte.«
Der »Vormann« zog die Schultern hoch und ließ sie langsam wieder fallen. Ruhig glitt sein Blick über die hügelige Landschaft. »Vielleicht gewährt Ihnen die Regierung einen Teil der Strecke, weil Sie doch durch die Bahn Ihre alte Postlinie verlieren.«
»Nein!« brüllte Portland unbeherrscht und stampfte mit dem Fuß auf. »Henderson hat alle Trümpfe in der Hand – aber hat nicht meinen Kopf. Ich werde den Eisenweg nach Santa Fé bauen und niemand anders.«
»Well«, brummte der Vormann und blickte gelangweilt auf seine staubigen Stiefelspitzen.
Aber auch jetzt hatte der Rancher noch nicht den Mut, dem merkwürdigen Burschen die Wahrheit zu sagen, den heißesten Punkt der Sache zu erklären: Daß ausgerechnet der berühmte Marshal Earp den Bahnbau bewachte.
Portland fürchtete plötzlich noch mehr als zuvor, daß der hartschädelige »Texaner« abspringen würde.
Und doch mußte er es ihm sagen.
Die Gelegenheit schien ihm nach der Abendmahlzeit oben in den Bergen gekommen zu sein. Er führte den »Vormann« vom Lager weg, bot ihm eine seiner Zigarren an, bekam aber einen Korb und redete nichtsdestotrotz wild gestikulierend auf den »Cowboy« ein. »Ich habe Vertrauen zu Ihnen, Scott. Sie sind der einzige Mann in der Crew, der wirklich etwas taugt…«
»Prächtige Aussichten, wenn ich an einen Kampf mit den Arbeitern denke.«
»Scott, wir werden es nicht ganz leicht haben…«
»Sicher nicht. Die anderen schießen auch mit heißem Blei.«
»Das ist es nicht allein. Henderson ist ein Fuchs, ich sagte es Ihnen schon… Er…« Ach, es fiel dem sonst so selbstherrlichen Mann höllisch schwer, so um den heißen Brei herumreden zu müssen.
Wyatt blickte ihn aus den Augenwinkeln heraus an. »Hören Sie, Boß, weshalb laufen wir hier herum? Ich möchte mich gern schlafen legen. Ich halte nichts von Redereien.«
Portland zuckte zurück. Er hatte eine seiner üblichen hitzigen Antworten auf der Zunge, schluckte sie aber hinunter. »Scott – da ist noch etwas, das ich Ihnen nicht gesagt habe: Henderson hat einen Mann angeworben, der den Bahnbau bewachen soll.«
Wyatt blickte sich mit sehnsüchtigen Augen nach dem flackernden Lagerfeuer um. »Eine gute Idee von ihm. Kann ihm niemand verdenken«, knurrte er gähnend.
Dann endlich brachen die Worte von den Lippen des Ranchers: »Dieser Mann heißt – Wyatt Earp.«
Der angebliche Texaner nickte. »Und –?«
Portland stand da wie aus Stein gehauen. He! Sollte diese ungeschlachtete Bursche etwas den bekannnten Marshal nicht kennen? Das wäre nicht einmal das schlechteste!
»Haben Sie noch nie den Namen Wyatt Earp gehört?« fragte er rostig.
Der andere nickte. »Sicher.«
Portland hielt den Atem an. Ob der »Cowboy« sich nichts aus großen Namen machte? Ob ihm einerlei war, gegen wen er kämpfen mußte? Schließlich war das ja möglich.
Was hätte Portland Besseres passieren können, als daß der Mann so gleichgültig war, daß er sich nicht einmal vor einem Wyatt Earp fürchtete.
Scott meinte in diesem Augenblick: »Er ist ein Mann mit einer schnellen Hand.«
»Mit einer sehr schnellen«, setzte Portland hinzu.
Wyatt nickte. Dann ging er langsam zum Lager zurück.
*
Es gab noch einen Mann, der zu dieser Stunde dabei war, einen Strich durch die Rechung des Raubranchers Austin Portland zu machen: Der Gefangene im Jail des Sheriff-Offices von Raton.
Colorado-Bill war zu dem Entschluß gekommen, Mitternacht nicht erst abzuwarten. No, er würde nicht gegen Wyatt Earp kämpfen. Als Kugelfang für diesen kahlschädeligen Viehzüchter würde er nicht verenden!
Er mußte versuchen, noch vor Mitternacht zu flüchten.
»He, Sheriff!« rief er.
Der kleine Jack Wooley kam mit tänzelnden Schritten in den Zellengang. Er war ein Sternträger von Austin Portlands Gnaden. Ein Mann, der all das tat, was ihm der Rancher befahl. »Was wollen Sie?« fragte er mit unsicherer, lächerlich hoher Stimme.
»Hören Sie, Sheriff«, begann der gerissene Schießer. »Ich weiß, daß ich sterben muß. Da möchte ich Ihnen noch ein Geheimnis anvertrauen. Weshalb soll ich es mit in die Erde nehmen. Weshalb soll nicht irgendein armer Teufel in den Nutzen kommen…«
Der Sheriff hatte nur das Wort. »Nutzen« gehört. Ganze sechzig Dollar bezog er monatlich für seine Arbeit. Und dabei hatte er eine verdammt durstige Kehle.
Er rümpfte die Nase, und sein trauriger Seehundbart zitterte dabei. »Was gibt’s denn?«
»Kommen Sie her, Sheriff. Ich kann nicht brüllen. Es ist eine ganz geheime Geschichte, die ich nur einem einzigen Menschen anvertrauen möchte.«
Der Hüter des Gesetzes legte den Kopf auf die Seite und schielte den Gefangenen mißtrauisch an. »Und weshalb gerade mir?«
»Weil Sie der einzige Mensch sind, mit dem ich noch sprechen kann. Also hören Sie zu, Sheriff. Ich habe vor einigen Monaten oben hinter der Grenze in den Park Ranges…« Der Revolverschwinger legte den Finger geheimnistuerisch auf den Mund und winkte dem Sheriff, näherzukommen.
Der blieb an der Tür stehen.
Da sagte Bill heiser: »Gut, dann werde ich es eben mit ins Grab nehmen. Es kann mir schließlich auch einerlei sein, ob noch ein armer Teufel was von dem Gold hat oder nicht.«
Das Wort »Gold« übte geradezu eine Zauberwirkung auf den unsauberen Mann mit dem großen Stern aus. Er streckte den verschrumpelten Vogelkopf mit dem dürren Hals vor und benetzte die Unterlippe gierig mit der Zunge.
Vor vielen Jahren war der damals fünfundzwanzigjährige Jack Wooley von St. Louis nach Californien hinaus auf die berühmtberüchtigten Goldfelder gezogen. Und das Schicksal hatte es nicht einmal schlecht mit dem hoffnungsfrohen kleinen Bruschen gemeint. Wooley hatte eine ganze Menge Kiesel großer Goldkörner gefunden – und alles innerhalb eines einzigen Monats in der damals wie ein Pilz aus der Erde geschossenen