Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark
auch ohne zu wissen, wie es um Ben steht.«
»Und –?«
In diesem Augenblick zerriß eine ohrenbetäubende Detonation die Luft. Steinsplitter und Holzstücke wirbelten bis in die Gasse herüber.
Wyatt rannte zum Hoftor.
»Was war denn das?« fragte Miller keuchend hinter ihm.
»Das Sheriff Office!« sagte Wyatt ruhig.
»Glauben Sie im Ernst, daß die Cowboys Thompson in die Luft sprengen wollten?« fragte Black den Missourier.
»Nein. Sie haben nur eine Wand herausgesprengt. Und zwar garantiert so, daß Ben nichts abgekriegt hätte, wenn er noch im Loch säße.«
Die drei lauschten in die Dunkelheit.
»Das fängt ja gut an«, ächzte der Mayor.
»Aber es muß durchgestanden werden«, versetzte Wyatt. »Wenn Sie noch mehr Schwächen zeigen, Mayor, tanzen Ihnen die Treiber auf dem Kopf herum.«
»Aber sie werden Ben doch suchen?«
»Sicher werden sie das. Und wenn sie merken, daß er nicht mehr da ist, müssen sie annehmen, daß er getürmt ist…«
*
Wyatt hatte sich von dem mutigen kleinen Mann und dem Mayor getrennt. Er wollte gerade sein Pferd in der Gasse losmachen, als er Peshaurs Stimme bis auf die Gasse neben Smokys Saloon hinaus hörte.
»Das war also Essig. Macht nichts. Ben ist uns zuvorgekommen.«
Plötzlich hörte Wyatt die Stimme von Bill Thompson.
»Komisch finde ich es doch. Es ist sonst gar nicht die Art meines Bruders, auf und davon zu laufen. Wen hat er denn zu fürchten? Der Mayor, dieser feiste Halunke, hätte es nie und nimmer gewagt, ihm Widerstand entgegenzusetzen. Daran gibt’s keinen Zweifel. Und wer hätte ihn sonst aufhalten wollen?«
Peshaur gab zu bedenken: »Der Postfahrer, dieser verdammte Earp hatte doch einen Höllennerv!«
Thompson lachte böse: »Ja, den hatte er.«
Das Gespräch drehte sich bald wieder um andere Dinge.
Der Missourier saß schon im Sattel, als er Peshaur halblaut sagen hörte:
»Los, Lad, laß den Rancher kommen.«
Wyatt rutschte sofort wieder aus dem Sattel und preßte sich dicht an die Hauswand. Durch einen Spalt des Fensters konnte er erkennen, daß ein hochgewachsener Mann von vielleicht fünfundvierzig Jahren hereingeführt wurde. Er trug graue Kleidung und einen breitrandigen Hut.
Geg ging auf ihn zu.
»Hallo, Mister Rooper. Ich hoffe, daß alles in Ordnung ist. Sie sagten also, daß Cliff Benston oben in Montana fünfundzwanzig Bucks für ein Texas-Rind zahlt?«
Der Rancher hatte ein kerniges, ernstes Gesicht.
»Yeah, so ist es. Er zahlt den Preis übrigens für jedes Rind, weil Rinder oben eine Seltenheit sind. Die Leute zahlen da für ein Pfund Fleisch irrsinnige Preise.«
»Es ist gut«, entschied Peshaur. »Sie haben das Geschäft vermittelt. Fünfhundert Bucks waren dafür vereinbart. Hier ist die Hälfte. Den Rest kriegen Sie oben in Montana. All right?«
Der Rancher nickte. »All right.«
»Good, dann reiten Sie los, und bestellen Sie Benston, daß wir mit der Herde auf dem Trail seien.«
»Mit wieviel Tieren?« forschte der Rancher.
»Mit zweitausend.«
Rooper zog die Brauen zusammen.
»Ich hatte Ihnen doch gesagt, daß das Wahnsinn ist. Sie bekommen eine so große Herde nicht über die großen Gebirgspässe und auch nicht durch die Schluchten. Das ist alles schon von anderen Leuten vor Ihnen probiert worden. Nehmen Sie dreihundert Rinder, und wenn Sie die Hälfte davon über die Strecke bringen, haben Sie doch ein anständiges Geschäft gemacht.«
Peshaur grinste schmutzig.
»Doch, ja, ein anständiges Geschäft schon – aber kein gutes. Und ich werde ein gutes Geschäft machen, Mister Rooper. Ich bringe zweitausend Rinder auf den Trail.«
»Und wieviel wollen Sie davon nach Montana durchbringen?«
»Sie sagten ja, daß man in den Mountains hundert Stück einbüßen müßte.«
Rooper schüttelte den Kopf.
»Sie haben mich nicht richtig verstanden, Mister. Ich sagte: Wenn Sie dreihundert Rinder mitnehmen, werden Sie die Hälfte verlieren.«
Peshaur zog die Brauen zusammen.
»Wollen Sie damit etwa sagen, daß ich von zweitausend Longhorns die Hälfte verlieren könnte?«
»Mehr, viel mehr. Sie schaffen es nicht, eine so gewaltige Herde über den Tecca-Paß zu bringen. Die Pfade sind oft so schmal, daß kaum ein einzelnes Rind Platz hat. Und vergessen Sie nicht, daß diese Paßpfade von schroffen Abgründen gesäumt sind. Wenn die Herde unruhig wird, stürzt sie sich selbst in die Tiefe. Ich sagte ja schon: Das war alles schon da. Jimmy Cahoon versuchte vor zwei Jahren nur vierhundert Longhorns über die Berge nach Montana zu bringen –«
»Und –?« fragte Peshaur lauernd.
»Er war froh, daß er ganze dreißig Rinder ans Ziel brachte. Und er schwor, daß er es nie wieder versuchen würde.«
»Well, ich werde mir die Sache überlegen, Rooper. Trotzdem können Sie Benston sagen, daß ich über tausend Longhorns bringen werde, und wenn die Bergpfade uns bis in die Wolken führen würden.«
Rooper setzte seinen Hut auf. Ehe er den Türdrücker faßte, fragte er:
»Sind die Tiere all Ihr Eigentum, Mister Peshaur?«
Der Texaner zog die Augen zu engen Spalten zusammen.
»Was soll diese Frage, Rancher?«
»Benston wüßte gern, woher die Tiere kommen, die er kauft.«
Peshaur nahm eine gepuderte Zigarre aus der Reverstasche seiner Jacke, riß ein Streichholz an und sagte durch die Rauchwolke:
»Yeah, es sind alles meine Tiere. Erstklassige, starke Longhorns aus dem Panhandle…«
Rooper ging.
Und eigentlich hätte Wyatt auch reiten können. Was gingen ihn schließlich die Viehgeschäfte Peshaurs an? Aber er blieb. Die letzte Antwort, die der Treiber dem Rancher gegeben hatte, war ihm doch recht merkwürdig vorgekommen.
Und kaum war der Rancher gegangen, als Peshaur lachend und in hämischem Ton sagte:
»Wenn er wüßte, woher die Rinder wären, würde er wahrscheinlich von dem Geschäft abspringen!«
Die andern Männer lachten mit.
Thompson meinte: »Willst du wirklich mehr als tausend Tiere über die Mountains treiben, Geg?«
»Ich versuche es.«
»Du wirst kein Glück haben. Rooper hat recht: Die Paßwege sind oft unpassierbar. Du kannst es mir glauben. Ich bin einmal mit Ben oben über den Tecca geritten. Ich sage dir, es war eine Schinderei.«
»Einerlei«, versetzte Peshaur hart. »Die Tiere kosten mich keinen Cent. Jeff Callagan und Charly McIntosh haben sie in den letzten drei Wochen zusammengetrieben. Die Herde ist längst unterwegs. Ich könnte den Trail also gar nicht mehr aufhalten. Und ehrlich gestanden, mir ist es einerlei, wieviel Rinder unterwegs durchgehen. Wichtig ist nur, daß wir das Geschäft machen. Ich verdiene ja an jedem Rind hundert Prozent. Und wenn Benston tatsächlich fünfundzwanzig gute Bucks zahlt, so habe ich schon bei hundert Rindern 2.500 Bucks verdient. Und da ich nur mit zwei Leuten zusammenarbeite, mache ich in jedem Fall ein enormes Geschäft. Die Treiber kriegen normalen Lohn. No, Fellow, das wird das Geschäft. Rooper