Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman. Michaela Dornberg

Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman - Michaela Dornberg


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      Bettina war sich nicht sicher, ob er wirklich so darüber hinweggehen konnte, doch das wollte sie auch nicht hinterfragen. Es ging sie nichts an. Außerdem war Hubert Brodersen ein Gentleman, vom Scheitel bis zur Sohle. Allein seine gute Erziehung verbot es ihm, schlecht über Doris zu reden.

      »Herr Brodersen, Sie sind ein so großartiger Mensch, Sie werden beizeiten eine neue Partnerin finden.«

      Er lachte.

      »Danke für das Kompliment, Bettina. Aber lassen Sie es mal gut sein, für’s Erste bin ich erst mal bedient. Doch ich habe deswegen jetzt keinen Leidensdruck. Ich kann sehr gut allein sein. Doch ich würde jetzt lügen, wenn ich jetzt sagen würde, das sei eine erfüllende Lebensform. Mit Doris war es schöner. So, jetzt genug geschwatzt. Ich muss wieder an die Arbeit, und Sie haben auch genug zu tun. Danke für Ihre Anteilnahme.«

      Noch ein paar Worte, dann war das Gespräch beendet. Nachdenklich legte Bettina ihr Telefon weg. Er hatte es nicht ausgesprochen, viele Gegenargumente gesucht und gefunden, die aber allesamt nicht darüber hinwegtäuschten, dass er unter der Trennung furchtbar litt.

      Bettina bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Sie hatte Jan verlassen, und auch der hatte sich cool verhalten. Wie es ihm jetzt wohl ging? Das würde sie schon interessieren, doch das würde sie vermutlich niemals erfahren, es sei denn, Isabella Wood würde es ihr irgendwann einmal erzählen. Bislang hatte sie nicht einmal die Trennung von Jan und ihr kommentiert, als sie miteinander telefoniert hatten.

      Bettina blickte auf die Fotos ihres Vaters und von Thomas, nahm dann spontan das von Tom hoch, drückte einen Kuss darauf, um es dann beinahe verschämt wieder wegzustellen. Wenn das jemand beobachten würde, müsste er glauben, mit ihr sei etwas nicht in Ordnung. Auf ihren Lippen brannten noch die realen Küsse des Mannes, den sie über alles liebte, und jetzt knutschte sie sein Foto wie jemand, der den Liebsten seit Monaten nicht gesehen hatte. Aber es war halt so über sie gekommen. Sie stellte Toms Bild weg, dann zog sie das ihres Vaters hervor.

      »Ach, Papa«, flüsterte sie voller Bedauern, »wenn du das noch miterlebt hättest, unser Fahrenbach-Kräutergold auf einem solchen Siegeszug. Es hätte dich stolz gemacht und gefreut.«

      Sie stellte das Foto weg, dann wandte sie sich endgültig ihrer Arbeit zu.

      Inge Koch hatte ihr die Listen der säumigen Zahler auf den Tisch gelegt, die leider immer länger wurden, mit der Zahlungsmoral vieler Kunden wurde es wirklich immer schlimmer. Vor allem fiel ihr auf, dass stets Kandidaten dabei waren, die jedes Mal auf den Listen standen. Die wollte sie sich als Erstes mal herausgreifen und ernsthaft mit ihnen reden. Sie war die Lieferantin dieser Firmen, nicht deren Bank.

      Da die Listen alphabetisch geordnet waren, fing sie gleich mit dem Buchstaben »A« an, und da gab es doch diesen netten, freundlichen Herrn Aberbühler, jemand, der noch niemals das Zahlungsziel eingehalten hatte, ihr jedes Mal, wenn sie anrief, versuchte, »etwas vom Pferd« zu erzählen. Aber diesmal würde sie auf seine Geschichten aus Tausendundeiner Nacht nicht mehr hereinfallen, sondern ihn vor die Alternative stellen, entweder pünktlich zu bezahlen oder aber zu riskieren, von der Kundenliste gestrichen zu werden. Das würde sie ihm freundlich, aber bestimmt sagen.

      Bettina griff zum Telefon, wählte die Nummer und ließ sich mit Herrn Aberbühler verbinden …

      *

      Bettina hatte sich bis zum Buchstaben »K« durchgearbeitet, als sie ihre Listen beiseiteschob. Es waren anstrengende Gespräche gewesen, weil die Leute allesamt versucht hatten, ihr Geschichten zu erzählen, statt klar zuzugeben, dass sie erst andere Lieferanten bezahlt hatten oder sonstige Rechnungen, weil diese Gläubiger nicht so kulant waren wie die Firma Fahrenbach.

      Nun, Bettina war gespannt, ob die Kunden ihre Versprechungen halten würden, wenn es nur fünfzig Prozent tun würden, müsste in den nächsten Tagen ein wahrer Geldsegen auf ihren Konten eingehen und diese sofort sehr viel freundlicher aussehen lassen.

      Sie holte sich einen Kaffee, dann griff sie erneut zum Telefon, diesmal allerdings nicht, um weiter ihre Kunden anzurufen, sondern sie wollte versuchen Veronika zu erreichen. Sie hatten, seit Veronika ihre kleine Tochter Bettina auf den Hof gebracht hatte, erst einmal miteinander telefoniert. Sie würde sie jetzt nicht mehr beschwören, ihr Kind zu behalten, es nicht zur Adoption freizugeben. Dieser Zug war abgefahren, das Verfahren lief, das Yvonne und Markus zu den Eltern der Kleinen machen würde.

      Nein, sie wollte einfach nur hören, wie es Veronika ging, wie sie sich fühlte.

      Bettina hatte Glück, Veronika meldete sich schon nach dem dritten Klingelzeichen.

      »Guten Tag, Veronika, störe ich dich?«, erkundigte Bettina sich, nachdem sie sich gemeldet hatte.

      »Nein, überhaupt nicht, schön, dass Sie anrufen, Frau Fahrenbach.«

      »Hey, du klingst ja ausgesprochen gut gelaunt. Gibt es was zum Freuen?«

      »Das will ich wohl meinen«, rief Veronika glücklich. »Wir haben unsere Notenstände mitgeteilt bekommen, und ich …«, sie holte tief Luft, ehe sie weitersprach, »ich habe einen Durchschnitt von 1,7. Ich habe mich also schon gewaltig verbessert, doch ich weiß, dass ich noch besser werden kann.«

      »Veronika, herzlichen Glückwunsch, das ist doch ganz fantas­tisch. 1,7 ist ein Durchschnitt von dem viele nur träumen können.«

      »Ich weiß«, bestätigte Veronika, »aber für Medizin reicht es nicht, da muss ich noch besser werden, und ich schwöre Ihnen, dass ich es schaffen werde … Ich will Ärztin werden, und ich werde Ärztin. Davon kann mich nichts abbringen, ich weiß, dass das mein Weg ist, und wissen Sie, wer mein großes Vorbild ist? Die Frau Dr. von Orthen … Wie geht es ihr denn? Ich habe mit ihr telefoniert, da hat sie nicht so gut geklungen.«

      »Es geht ihr besser, in wenigen Tagen wird sie aus der Reha entlassen und zu uns auf den Fahrenbach-Hof kommen, da werden wir sehr gut auf sie aufpassen und sie aufpäppeln. Aber das, was du vorhast, wird sie freuen. Sie mag dich doch sehr gern und ist an deinem Leben interessiert. Ich werde es ihr erzählen.«

      »Das ist nicht nötig, Frau Fahrenbach«, sagte Veronika, »das weiß die Frau Doktor, und sie hat mich darin bestärkt, mein Ziel niemals aus den Augen zu verlieren … Sie ist eine so tolle Frau, hoffentlich wird sie wieder ganz gesund, das wünsche ich ihr von ganzem Herzen.«

      »Das wünsche ich auch.«

      Sie unterhielten sich darüber, was Veronika machte, woran sie den meisten Spaß hatte, und Bettina überlegte fieberhaft, wie sie das Gespräch auf das Thema bringen konnte, das sie am meisten interessierte – nämlich, wie Veronika damit fertig wurde, ihr Kind endgültig weggegeben zu haben. Veronika konnte ganz gut schauspielern und ihre Gefühle verdrängen. Sie würde so gern erfahren, wie es in dem jungen Mädchen aussah und ob sie sehr litt. Doch wie sollte sie es anstellen? Sie konnte nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen, da würde Veronika sofort dichtmachen.

      Veronika war es, die von diesem Thema anfing.

      »Frau Fahrenbach, ich möchte noch mal was zur kleinen Bettina sagen … Es war die richtige Entscheidung, sie weggegeben zu haben, sie wird es bei den Herzogs sehr viel besser haben als bei mir. Ich bin so erleichtert, und das in ers­ter Linie nicht, weil ich dadurch ein freieres Leben, mehr Zeit zum Lernen habe. Nein, weil ich weiß, dass sie dort geerdet, geliebt wird, weil sie einen Platz hat, wo sie hingehört. Ich finde die Leute sehr nett, und auch das Haus ist einsame Spitzenklasse … Und ehe Sie mir jetzt widersprechen und sagen, dass es auf solche Äußerlichkeiten nicht ankommt, muss ich sagen, dass es schon auch eine Rolle spielt. Klar ist Zuneigung wichtiger, aber wichtig ist auch, irgendwo dazuzugehören. Es ist furchtbar, draußen zu sein, daneben zu stehen. Das habe ich schließlich mein ganzes Leben lang gehabt, bis das Wunder geschah und ich Ihnen begegnete und durch Sie den Weg ins Paradies geebnet bekam. Ich weiß, wie sich das anfühlt, plötzlich jemand zu sein, als Person ernstgenommen und akzeptiert zu werden … Um all das zu haben muss die Kleine nicht kämpfen, sie wächst in einer komfortablen Welt auf, behütet, beschützt und … geliebt. Ich bin überzeugt davon, dass sie von ihren neuen Eltern die Liebe bekommt, die ich ihr nicht geben konnte,


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