Wyatt Earp Staffel 3 – Western. William Mark D.
er einen Revolvermann gegen sie angeworben hatte. Es mußte also eine Sache geben, die das Licht des Tages und die Öffentlichkeit scheute.
Was für ein Mann war Mike gewesen?
Wer war Pollock?
Was hatten die Duncers mit Ward gehabt?
Hatten sie vielleicht Sherman gegen Ward losgeschickt? Diesen Gedanken wies Wyatt wieder von sich, da die beiden Duncers Sherman mit keinem Wort erwähnt hatten. Sie hatten überhaupt nicht von der Möglichkeit seines Todes gesprochen. Wenn sie Sherman, oder wie der Mann auch heißen mochte, losgeschickt hätten, würden sie von ihm gesprochen haben.
War er vielleicht Pollock?
Nein, denn es fehlte dazu eine Bemerkung der Duncers über Wards Ende.
Nein, sie hielten Ward im Gegenteil für lebendig; sie waren sogar fest davon überzeugt, daß er ihnen den Revolverschwinger auf den Hals gehetzt hatte.
Soviel war also klar.
Wenn Wyatt nur gewußt hätte, wo Pollock steckte.
Webster würde morgen die Story mit dem Colt und dem verwundeten Mann in Scott zum besten geben.
Wyatt hatte sich während seines Aufenthaltes auf der Hogart-Ranch lange Gedanken darüber gemacht, ob der Mörder weiter nach Südosten geritten war, nachdem er ihn aus dem Hinterhalt niedergeschossen hatte, oder ob er gleich umgekehrt war.
Wenn er weitergeritten war, mußte er das Grab gefunden haben.
Wenn nicht, konnte Wyatt gegen ihn noch die Story losschicken, daß Ward noch lebte. Deshalb hatte er auch Webster gegenüber von einem verwundeten Mann gesprochen, von dem er den Revolver gekauft hatte.
Webster würde eine Weile still sein, früher oder später aber würde er das drückende Geheimnis doch preisgeben. Vor allem würde er erzählen, daß Doc Holliday bei ihm war.
Mit diesen Gedanken schlief der Missourier ein.
*
Noch vor Sonnenaufgang saß er im Sattel und ritt aus der Stadt.
Er hatte beschlossen, auf Shermans Fährte zu bleiben. Sie hatte ihn nach Hatch geführt. Völlig unerwartet hatte er dort Dinge erfahren, die von äußerstem Interesse für ihn waren. Auch wenn er noch keinen rechten Zusammenhang zwischen ihnen finden konnte.
Am Mittag tauchte mitten aus tafelglattem Land am Horizont eine kleine Stadt auf.
Nur wenige Häuser. Vielleicht drei Dutzend.
Als Wyatt den Ortseingang erreichte, bilckte er auf eine leere Straße.
Ein struppiger Hund verließ seinen Platz unter einem Vorbau und lief jaulend und schweifwedelnd davon, als er den Reiter bemerkte.
Zur Linken saßen vor einer offenstehenden Tür zwei alte Männer in Schaukelstühlen. Sie wippten leise hin und her und blinzelten dem Reiter entgegen.
Am Vorbaudach hing an zwei verrosteten Ringen ein großes verwittertes Schild: Barbershop. Es schwang im dünnen Westwind quietschend hin und her.
Schräg gegenüber war ein Blacksmith.
Wyatt stieg vor einem offenstehenden Tor vom Pferd.
Als er in die Schmiede trat, konnte er niemanden entdecken.
»Hallo.«
»Yeah?« kam es rasselnd aus einer dunklen Ecke.
Wyatt sah sich um und sah mitten zwischen eisernen Wagenreifen, Gitterteilen und Metallbehältern ein zusammengekauertes uraltes Männchen sitzen.
»Ich suche den Blacksmith!«
»Yeah, da gibt’s nichts zu suchen. Was wollen Sie?«
»Mein Pferd hat einen schadhaften Huf. Hinten links.«
»Nicht meine Schuld«, kam es rasselnd aus dem zahnlosen Mund des Alten.
»Sicher nicht. Ich wollte Sie nur bitten, ein paar Nägel in das Eisen zu setzen.«
»Ich habe Mittagsruhe.«
»Dann geben Sie mir ein paar Nägel und einen Hammer, ich mache es selbst.«
»Geht nicht.«
»Weshalb nicht?«
»Weil ich der Blacksmith bin.«
Wyatt lachte. Das war typisch für ihn. Er ärgerte sich nicht, platzte nicht aus der Haut, wie es fast jedem anderen Reiter ergangen wäre, er lachte.
Da stand der Alte auf und kam auf ihn zu.
Wyatt überragte ihn fast um doppelte Haupteslänge.
Der kahlköpfige Mann wischte über seinen rußigen Schädel, der oben drei ulkige Falten hatte und rieb sich dann das stoppelbärtige Kinn. »Wo ist der Gaul?«
»Neben dem Tor.«
Der Schmied setzte seine krummen Beine in Bewegung und watschelte zur Tür. Die viel zu lange grüne Schürze ließ seinen Gang noch entenhafter erscheinen.
Plötzlich stand ein schlanker, hochgewachsener Mann im hellen Tor. »Ich brauche einen neuen Huf, rasch!«
Der Alte hob den Kopf und ging dann weiter an dem Mann vorbei, um sich den Falben anzusehen.
Da stemmte der Mann im Tor die Hände in die Hüften und rief scharf: »Ich habe gesagt, daß ich einen neuen Beschlag für eines meiner Tiere brauche. Sie haben wohl wieder mal dreckige Ohren, Haverlon.«
Der Schmied blieb stehen. Ganz langsam wandte er sich um. »Ich habe zuerst eine andere Arbeit, dann kommt Ihr Eisen an die Reihe. Und die Bemerkung mit den dreckigen Ohren können Sie sich sparen, sonst können Sie sich den Huf draußen irgendwo auf einer Ranch aufnageln lassen! Ich bin nicht einer Ihrer Keeper oder Gambler!«
Der Schmied ging weiter zum Tor.
Da beugte sich der andere Mann vor und riß den zwergenhaften Blacksmith zurück. »Hör zu, Brother! Die halbe Stadt gehört mir –«
»Lassen Sie mich los!« zeterte Haverlon. »Es interessiert mich nicht, was Ihnen gehört. Dieses Stück Land und die Schmiede gehören Ihnen nicht...«
Da stieß der Fremde den Blacksmith so hart gegen das Tor, daß die Bohlen dröhnten.
Wyatt kam heran.
Da hörte er den Schmied sagen: »All right, Mister Pollock, Ihnen gehört halb Page City und meinethalben auch halb Hatch. Aber dies ist mein Grund! Ich sage Ihnen jetzt, daß Sie verschwinden sollen, und zwar sofort!« Er griff hinter sich an die Innenseite des Tores und hatte plötzlich eine Schrotflinte in der Hand.
Pollock stand breitbeinig und lächelnd da. Er hatte den Fremden in der Schmiede bemerkt. »Sehen Sie sich diesen albernen Zwerg an, Mister! Ist er nicht komisch!«
»Nein. Ich kann nichts Komisches an ihm finden.«
Pollock blickte den Fremden genauer an. »Ihnen gehört wohl der Gaul da?«
»Yeah, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Hören Sie, Freund, mein Name ist Cass Pollock...«
»Und Ihnen gehört die halbe Stadt, ich weiß. Ich weiß aber auch, daß Ihnen die Schmiede nicht gehört und daß Sie sich außerdem nicht benehmen können.«
Wyatt stand jetzt draußen vorm Tor.
Pollock musterte ihn forschend.
Er war ein großer, gutaussehender Mann. Er sah fast zu gut aus. Ein Dandy, wie er im Buche stand. Brünett, gepflegt, mit einem winzigen Schnurrbart auf der Oberlippe und einer dünnen handgestopften Zigarette zwischen den Lippen. Er hatte eine helle weiße Haut, und Wyatt konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß der Mann gepudert war. Der nur halbhohe graue Zylinder war nach neuester Mode gearbeitet, ebenso der Anzug aus hellgrauem, feinem Tuch. Die schwarzen Glanzlederstiefel waren spitz und paßten so wenig nach Page City wie der ganze