Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Xaver! Das wird er nicht. Aber da können wir nichts machen. Er ist alt genug. Und wenn der liebe Herrgott die beiden schon in einem Zugabteil zusammengebracht hat, dann wird es auch weitergehen. Da bin ich mir gewiß.«

      Meta steckte die Stricknadeln in das Teil und legte es zur Seite.

      »Ich werde morgen früh in die Frühmesse gehen und eine dicke Kerze anzünden.«

      »Ja, tue das, Meta.«

      Dann gingen sie auch schlafen.

      *

      Bald schliefen alle im Haus, außer Dorothea, die sich jetzt Anna nannte. Sie saß in der Dunkelheit am offenen Dachfenster und schaute in den Sternenhimmel. Es war klar. Der Mond schien und die steilen Berge ringsum konnte Anna mehr ahnen als sehen. Sie genoß die Stille. Ein leichter milder Wind wehte einen Duft über das Tal. Die junge Frau versuchte zu erraten, um was es sich dabei handeln könnte. Sie konnte den Geruch aber nicht zuordnen. War das so ein Duft der Natur, der etwas ankündigte? So wie Antonius es beschrieben hatte. Es wurde zunehmend kühler und windiger. Ganz schnell zogen sich über dem Tal ein paar Wolken zusammen. Ein kurzer und heftiger Regen ging hernieder.

      Anna blieb am offenen Fenster und atmete den Geruch des Regens ein. Er roch anders als daheim. Als die Glocke der Kirchturmuhr Mitternacht schlug, legte sie sich ins Bett und

      fiel sofort in einen tiefen und

      traumlosen Schlaf.

      *

      Als sie erwachte, schaute sie verwundert auf ihre Uhr. Es war noch sehr früh. Noch nicht einmal sechs Uhr. Irgendwo krähte ein Hahn. Geräusche, die sich nach einem Pferdefuhrwerk anhörten, drangen durch das Fenster. Anna stand auf und schaute hinaus. Vor dem Haus hielt ein kleines Fuhrwerk mit zwei Pferden. Meta stand dabei und redete mit einem älteren Mann. Dann fuhr er weiter und Meta ging ins Haus. Anna kroch wieder ins Bett. Aber sie konnte nicht mehr einschlafen. Sie fühlte sich ausgeruht und frisch wie noch niemals zuvor. Sie war so voller Kraft und Lebensfreude. So stand sie auf und wusch sich, zog sich an und ging hinunter in die Gaststube. Dort war schon Betrieb. Meta, Xaver und auch Toni hatten alle Hände voll zu tun. Alle Tische waren besetzt. Die Gäste wollten ihr Frühstück haben. Sie begrüßten Anna nur mit einem Kopfnicken. Zuerst stand die junge Frau etwas hilflos neben dem Tresen, dann lief sie Meta einfach in die Küche nach.

      »Was kann ich helfen?«

      Als wäre das ganz selbstverständlich, sagte Meta:

      »Es muß noch mehr Kaffee aufgebrüht werden. Du kannst die Brotscheiben aufschneiden und auf die Eier aufpassen.«

      Sie reichte Anna eine Dirndlschürze. Anna zog sie an und krempelte die Ärmel ihres eleganten hellen Pullovers aus einem Seidewollgemisch nach oben. Sie packte an. Das Kaffeeaufbrühen machte keine Schwierigkeiten. Mit den Eiern kam sie auch klar. Allerdings war das Brot schneiden eine schwierige Aufgabe, so ohne elektrische Brotschneidemaschine. Wortlos nahm Meta ihr das Messer aus der Hand.

      »Schau! Immer ganz gerade halten und gleichmäßig durchziehen. Dann gelingt das schon. Machst es doch ganz gut.«

      Anna errötete und versuchte es. Nach mehreren Scheiben gelang es ihr schon besser. Die Brotscheiben waren zwar noch immer nicht gleichmäßig dick, aber das schien Meta nicht zu stören.

      »Schau, Madl, das wird schon. Es sind so richtig deftige Kanten. Das mögen die Leute. Wenn du besser dickere Scheiben schneiden kannst, dann mache sie dicker.«

      Nachdem Anna fünf große Laib Brot aufgeschnitten hatte, taten ihr der Arm und das Handgelenk weh. Sie war aber sehr stolz auf ihre Leistung. Meta gab ihr weitere Anweisungen, so als gehöre sie immer dazu. Gleichzeitig zeigt sie Geduld und Güte. Anna wurde es so richtig warm ums Herz.

      Nach einer Stunde war der Sturm vorbei. Die Gaststube war leer. Toni und Xaver räumten die Tische ab. Anna und Meta spülten. Dann frühstückten sie gemeinsam. Sie saßen in der Küche der Gaststube. Jeder hatte einen großen Becher süßen Milchkaffee vor sich stehen. Meta gab noch guten Rahm in Annas Kaffee. Auf dem Tisch standen Brot und Butter und in der Mitte eine riesige schwarze Eisenpfanne. Darin waren Rühreier mit Speck. Wieder gab es keine Teller. Antonius wollte aufstehen und Anna einen Teller holen. Doch diese ging mit ihrer Gabel in die Pfanne und begann zu essen. Als Antonius’ Augen das sahen, leuchteten sie noch mehr.

      Während des Frühstücks wurde nicht gesprochen. Danach sagte Antonius:

      »Anna, ich weiß, daß die Berge, Bergwanderungen nicht zu deiner Leidenschaft gehören. Doch bist du schon mal da und vielleicht willst du dir unsere herrlichen Berge doch erobern. Ich muß rauf auf die Alm, zum Wenzel und seiner Frau Hilda. Der Bello ist oben bei ihnen. Wie du weißt, war ich verreist. Da habe ich Bello oben gelassen auf der Alm, bei den beiden. Hier ist es zu eng für ihn. Die Eltern haben auch keine Zeit, sich um ihn zu kümmern. Da oben hat er seinen Auslauf. Willst nicht doch mitkommen?«

      »Bello? Ich vermute, das ist ein Hund. Der Name klingt so nach Hund.«

      »Ja, Bello ist ein Hund. Ein Riesenvieh von Hund. Ein Rüde! Ein echter Neufundländer. Fast zwei Jahre alt.«

      Annas Gesichtszüge veränderten sich nun schlagartig. Sie sprang vom Stuhl auf und trat entschlossen vor ihn hin.

      »Oh! Schön! Großartig! Ich komme mit! Dann gehen wir? Gleich?«

      Antonius und auch seine Eltern waren völlig verblüfft. Toni wollte sichergehen, daß er Anna auch richtig verstanden hatte.

      »Du, da geht es rauf. Der Bello ist ganz oben auf der Sommeralm. Das ist eine richtig kleine Bergwanderung. Bist du dir da sicher?«

      »Ja, ja! los, komm!«

      Antonius war völlig überrascht. Das kam bei ihm selten vor. Er schaute nur in ihre Augen und sah da ein Feuer, das er sich nicht erklären konnte. Wo kam diese plötzliche Begeisterung her?

      »Was schaust du mich so an, Toni? Willst, daß ich mitkomme oder war das nur eine höfliche Frage, der Form halber? In Wirklichkeit hast du nicht damit gerechnet, daß ich ja sage.«

      »Nun, ich dachte, daß du und die Berge… na ja! Ich hatte dich gestern schon gefragt und den Eindruck gewonnen, daß Bergtouren und Berge nicht dein Ding sind. Das hat Sue ja auch gesagt. Da darf ich doch etwas verwundert sein, wenn du jetzt eine gewisse Begeisterung an den Tag

      legst.«

      »Falsch, Antonius Baumberger! Falsch! So war das nicht!«

      »Nicht?« fragte Xaver, der ebenfalls sehr erstaunt war.

      »Nein, Herr Baumberger, äh ich meine, nein, Baumberger!« Anne bemühte sich, sich den örtlichen Sprachgepflogenheiten anzupassen. »Ihr, nein – dein Sohn, ich will sagen, Bub, also der hat gefragt, ob er mir die Berge zeigen kann. Er hat nicht gesagt, daß es einen Neufundländer gibt, der Bello heißt.«

      Xaver Baumberger trank schnell noch einen Schluck Kaffee, um seine Überraschung zu verbergen.

      »Also, Toni, wenn das so war, dann hat Dorothea, ich meine Anna recht. Die Runde hast du verloren.« Dann wandte sich Xaver an Anna. »Du magst Neufundländer?«

      Annas Augen leuchteten.

      »Ich liebe Neufundländer über alles. Eigentlich mag ich alles, was Tier ist und vier Beine hat. Meine Großeltern hatten einen Bauernhof in Niedersachsen. Da war ich als Kind am liebsten. Sie hatten auch Neufundländer. Die haben sie sogar gezüchtet. Das sind prima Hunde. Sie sind groß und kräftig, dabei gutmütig und folgsam. Sie haben ein dickes robustes Fell, wie Teddybären. Und sie können kleine Wagen ziehen.«

      »Das weißt du?« Antonius staunte immer mehr.

      »Denkst du, ich kenn’ mich nur in Aktien aus, Toni?«

      »Zweite Runde geht ebenfalls an Anna!« stellte Xaver schmunzelnd fest.

      Xaver gefiel die junge Frau immer mehr. Sie schien doch eine gewisse Bodenständigkeit zu haben und wußte, was sie wollte. Sie konnte blitzschnell eine Entscheidung treffen und war dann auch wild entschlossen, dies sofort anzugehen. Darin


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