Aus tiefem Schacht. Fedor von Zobeltitz

Aus tiefem Schacht - Fedor von  Zobeltitz


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wahr, das wollen Sie doch? Ich soll Ihnen sozusagen helfen, die Geschichte in Gang zu bringen, die Kapitalien zu schaffen, die geeigneten Repräsentations- und Arbeitskräfte zusammenzutrommeln.... Nun schön, ich bin dazu bereit –, die Sache interessiert mich, denn eure Quelle fließt mir sozusagen an der Nase vorbei. Aber erst muß ich mich selber orientieren. Eure Analysen genügen noch nicht. Man muß offizielle Persönlichkeiten heranziehen, Berühmtheiten ersten Ranges.... Und dann: eine kurze Frage. Sie wissen, lieber Herr Bau –“ er zögerte einen Moment, weil ihm der Titel Bauunternehmer zu lang erschien, und fuhr dann rascher fort: „Sie wissen, lieber Baumeister, daß ich Ihrem Vater schon vor Jahresfrist anbieten ließ, die Graue Lehne mit der Buchwaldparzelle zu kaufen. Ich bin noch immer dazu geneigt. Nun haben sich durch die Auffindung der Quelle die Preisverhältnisse natürlich wesentlich geändert. Allein vielleicht würden wir doch noch einig werden. Überlegen Sie einmal daheim, ob wir nicht von neuem über das Terrain in Verhandlung treten können ...“ Er schaute aufmerksam auf seine Fingernägel.... „Ich will Ihnen was sagen, meine Herren: die Heilquelle ist ja ganz schön, aber erstens ist es doch noch sehr die Frage, ob aus ihr wirklich etwas zu machen ist. Solche Säuerlinge gibt es zu Tausenden im Lande – die meisten sind nicht viel wert. Und zweitens wird Ihnen die Geschichte unendlich viel Scherereien und Schwierigkeiten machen, – ach du lieber Gott, Sie haben ja gar keine Ahnung, was es heißt, solch ein weitausschauendes Unternehmen ins Leben zu rufen! Ob es sich überhaupt lohnen wird?“ Der Kommerzienrat zog die Schultern hoch. „Ich glaub’s eigentlich nicht. Nein, ich glaub’s nicht! Wir haben kleine Badeorte, die nicht leben und sterben können. Geschäfte werden da kaum zu machen sein – an eine Dividende ist vorläufig gar nicht zu denken.... Na – man muß abwarten! Jedenfalls überlegen Sie sich den Verkaufsgedanken noch einmal. Wenn ich die Graue Lehne im Besitz hätte – ich glaube – ich glaube, ich würde die Quelle ruhig weiter fließen lassen. Das Risiko ist zu groß – zu groß ...“

      Die drei Brüder hatten Schellheim mit keinem Wort unterbrochen. Aber von einem zum andern flog ein rascher Blick des Einverständnisses herüber, der zu sagen schien: nicht angst machen lassen, immer ruhig bleiben! Und nun antwortete Albert in respektvollem Tone:

      „Verzeihen Sie, Herr Kommerzienrat, aber wir verkaufen die Graue Lehne bestimmt nicht. Und wenn Sie uns hunderttausend Mark auf den Tisch legen wollten, wir tun es nicht. Der Vater denkt gerade so. Und wenn Ihnen eine Beteiligung an der Ausbeutung der Quelle zu unsicher dünkt, dann müssen wir eben weiter gehen, so leid uns das tun würde. Die Frankfurter Produktenbank hat sich schon bereit erklärt –“

      Schellheim fuhr auf. Solcher Unsinn! Man solle sich nur ja die Bankinstitute fern halten. Es gebe genug kapitalkräftige Leute.

      „Ich werde mir die Sache durch den Kopf gehen lassen, meine Herren,“ schloß er. „Senden Sie mir die Analyse und das sonstige Material über die Quelle zu. Wenn Sie noch zu Herrn von Hellstern gehen wollen – es soll mir recht sein. Solche Leute braucht man.... Also auf Wiedersehen!“

      Das war das Zeichen zum Aufbruch. Der Kommerzienrat reichte wieder jedem der drei die Hand und führte sie selbst nach dem Parkausgang. Dabei plauderte er ununterbrochen, berührte aber die Quellenfrage mit keinem Wort mehr. Er sprach über die Ernte, das Wetter, die Getreidepreise, über alles mögliche. Und während die drei Brüder die breite Fahrstraße einschlugen, die vom Auberge nach der Chaussee führte, blieb er noch eine geraume Weile am eisernen Parkportal stehen und schaute den Möllers nach. Der rötliche Bronzeton von Fritzens altväterischem Zylinderhut leuchtete fröhlich im Sonnenschein.

      „Geriebene Gesellschaft,“ murmelte der Kommerzienrat halblaut vor sich hin. Dann kehrte er auf die Terrasse zurück.

      „Nun, Papa?“ rief ihm Hagen entgegen. „Abgemacht?“

      „I bewahre,“ entgegnete Schellheim, und der Sohn spürte am Tone, daß etwas wie eine leichte Gereiztheit herausklang. „Hellstern hat recht: mit den Leuten ist schwer verhandeln. Ich mache auch nicht mit – ich werde mich hüten. Es ist nichts mit der Quelle – nichts! ...“ Er griff nach einer neuen Zigarre. „Wann geht euer Zug, Hagen? Um neun, nicht wahr?“

      „Ja, um neun, Papa.“

      „Schön, da könnt ihr mich noch gegen sechs auf die Felder begleiten. Ich will eine Umfahrt halten. Das ist so Sitte am ersten Erntetage – ich habe mich erkundigt. Und bei dieser Gelegenheit wollen wir einmal an der Grauen Lehne aussteigen. Man kann sich das – das Dings wenigstens mal ansehen.“

      Der kluge Hagen lächelte. Er wußte ganz genau, daß sich der Vater die Beteiligung an dem Quellenunternehmen nicht entgehen lassen würde.

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