Mami Staffel 6 – Familienroman. Claudia Torwegge

Mami Staffel 6 – Familienroman - Claudia Torwegge


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ist es so, daß sich Ihr Gatte gezwungen sah, seine Firma in die Hände einer dritten Person zu überantworten, um seine persönliche Habe vor dem Fiskus zu retten.«

      Dr. Hoffmann und Nathalie sahen einen Moment betreten drein. Dann hob Nathalie den Kopf und sah abwechselnd in die Gesichter ihres Ehemannes und seiner Geliebten. Selbstzufriedene Siegesgewißheit strahlte ihr entgegen. Die beiden hatten ein hübsches Süppchen angerührt, das ihnen die fettesten Brocken garantierte.

      Werner Reinke war nach wie vor der Chef des Betriebes. Aber für den Fiskus war Marlies Gründing mit sofortiger Wirkung als Inhaberin der Bauschreinerei Reinke, nunmehr »Reinke und Co.« anzusehen. Damit konnte sich Werner auch vor allen Unterhaltsverpflichtungen drücken.

      Genau das war der Sinn der Sache. Schuldbewußt lächelnd eröffnete Werner seiner Frau, daß er leider total verschuldet sei und deswegen nicht in der Lage, seinen Kindern und ihr die monatlichen Zahlungen zukommen zu lassen. Nach dem Motto »Faß’ einem nackten Mann in die Tasche« hatte er sich allen Verpflichtungen entzogen.

      Diese Nachricht traf Nathalie wie ein Schlag ins Gesicht. Als Werner ihr damals eröffnete, daß er sich in seine Sekretärin verliebt hatte und fortan mit ihr leben wollte, war das Paar übereingekommen, die Trennung ohne den ganzen Scheidungskrieg hinter sich zu bringen, den andere Paare in dieser Situation anzetteln.

      Eine saubere Trennung, bei der alle Beteiligten ihr Gesicht und ihre Würde behielten, war angestrebt gewesen. Nein, Nathalie hatte sich nicht gegen die Scheidung gewehrt. Sie und Werner hatten sich schon vor langer Zeit auseinandergelebt. Aber um der Kinder willen hatten sie stets versucht, ihre Differenzen in sauberer, anständiger Form auszutragen, vor allem nicht vor den Augen und Ohren der Kinder.

      In aller Ruhe hatten sie sich zusammengesetzt und einen Plan aufgestellt. Nathalie sollte das Haus behalten, damit sie und die Kinder ein Dach über dem Kopf hatten. Werner überwies jeden Monat pünktlich einen bestimmten Betrag, der ausreichte, die Famlie zu ernähren. Nathalie arbeitete vormittags in der Boutique einer Freundin, so daß sie finanziell gut über die Runden kam.

      Alles schien seinen Gang zu gehen. Man hatte die Achtung voreinander behalten, respektierte sich und ging freundschaftlich miteinander um. Aber dann waren die Zahlungen unregelmäßig geworden, blieben auch mal ganz aus, und schließlich hatte Werner kleinlaut zugegeben, sich in finanziellen Schwierigkeiten zu befinden.

      Die Zeiten waren aber auch schlecht. Es gab kaum einen Betrieb in der Baubranche, der nicht über Verluste klagte. Also hatte Nathalie sich verständnisvoll gezeigt und Werner die ausstehenden Unterhaltszahlungen gestundet. Aber jetzt, während sie hier mit ihm an diesem Tisch im Café Walther saß und in die selbstzufriedenen Gesichter des Paares blickte, begriff sie, daß die beiden sie schlichtweg betrogen.

      Nathalie selbst hätte noch auf die Zahlungen verzichten können. Was sie jedoch maßlos ärgerte, war die Art und Weise, in der sich Werner seinen Kindern gegenüber verhielt. Es schien gerade so, als wollte er mit seiner Trennung von Nathalie auch seine ganze Vergangenheit abstreifen.

      Seine nächsten Worte untermauerten diesen Verdacht.

      »Ich kann schließlich nicht dauernd für etwas bezahlen, das lange hinter mir liegt«, erklärte er, ohne den Anflug schlechten Gewissens. »Marlies und ich, wir wollen unser eigenes Leben aufbauen, Kinder haben. Nein, ich bin noch nicht zu alt, Babys zu haben. Aber wenn ich für drei andere Kinder bezahlen muß, kann ich mir keinen weiteren Nachwuchs mehr leisten.«

      »Das hättest du dir vielleicht vorher überlegen sollen!« platzte Nathalie heraus. Ihr Anwalt tippte ihr unter dem Tisch warnend ans Schienbein.

      »Sie können sich nicht so ohne weiteres Ihren Verpflichtungen entziehen«, fiel er Nathalie ins Wort, bevor sie fortfahren konnte. »Herr Reinke, Ihren Kindern steht eine gewisse Unterhaltszahlung zu. Sie sind verpflichtet, für die drei zu sorgen.«

      Werner warf Marlies rasch einen fragenden Seitenblick zu, dann lehnte er sich zurück. Die über der Brust gekreuzten Arme verrieten, daß er nicht bereit war, auf irgendwelche Friedensangebote der Gegenseite einzugehen.

      »Ich sage es noch einmal, ich selbst bin mittellos«, beharrte er auf seinem Plan. »Mir gehört nicht mal das Schwarze unter dem Nagel. Wie also wollen Sie mich dazu bringen, zu zahlen?«

      Marlies lächelte boshaft.

      »Falls Sie einen Pfennig bei meinem Verlobten finden, dürfen Sie ihn gerne behalten«, verkündete sie großzügig. »Aber vielleicht möchte Frau Reinke ja für meinen Verlobten aufkommen. Ist es nicht so, daß immer der wirtschaftlich stärkere Partner für den Schwächeren aufkommen muß?«

      Hier platzte Nathalie endgültig der Kragen. Sie hatte absolut keine Lust mehr, sich diesen Unsinn anzuhören. Marlies war vielleicht dumm wie ein Stuhl, aber sie wußte, wie sie ihre Pfründe sichern konnte. Diese Barbiepuppe besaß nicht einen Funken Ehre oder Anstand in ihrem Modelleib!

      »Ich sehe die Unterredung als beendet an!« Bevor Dr. Hoffmann oder sonst jemand am Tisch sie zurückhalten konnte, war Nathalie aufgesprungen und eilte durch den Gastraum auf den Ausgang zu.

      »Warten Sie doch, Frau Reinke!« rief ihr ihr Anwalt noch hinterher, aber Nathalie war nicht in der Stimmung, sich weitere Lügen und Frechheiten anzuhören.

      Wütend stürmte sie aus dem Gastraum, preschte an der Kuchentheke vorbei, ohne auf die erstaunten Gesichter der Verkäuferinnen zu achten, und riß die Ladentür auf.

      »Aua!« Der elegant gekleidete Herr, der sich gerade anschickte, die Konditorei zu betreten, hielt sich krampfhaft am Türrahmen fest. Vor Schreck wußte er gar nicht genau, was ihm mehr weh tat. Die Füße, über die diese aufgebrachte Megäre gerade hinwegtrampelte, seine Brust, an den der Holzkopf der Dame geprallt war, oder seine Finger, die zwischen der Zarge und dem zufallenden Türblatt steckten.

      »Verdammt, was stehen Sie da herum!« herrschte Nathalie den heftig Malträtierten an. »Gehen Sie endlich zur Seite, ich hab’s eilig.«

      Die Finger des Mannes steckten immer noch im Türspalt. Vor Schmerzen fiel ihm keine passende Entgegnung ein. Und die Tränen in seinen Augen machten es ihm unmöglich, die Xanthippe genauer anzusehen. Er wußte nur eins: Falls er seine Finger jemals wieder würde gebrauchen können, würde er sie dieser Frau um den Hals legen und zudrücken.

      Nathalie drängelte sich rücksichtslos an ihm vorbei. In diesem Moment gelang es dem Mann endlich, seine Finger zu befreien. Der Schmerz löste Wut in ihm aus. Eine Wut, die ihn für die Pein momentan unempfindlich machte.

      »Sie Trampel!« brüllte er Nathalie an, wobei er heftig die Hand schüttelte. Eine unbewußte Handlung, die eigentlich das Pochen in seinen Fingern beruhigen sollte, von Nathalie jedoch gründlich mißverstanden wurde.

      Bevor der Ärmste richtig begriff, was mit ihm geschah, hatte Nathalie ihm eine schallende Ohrfeige versetzt.

      »Drohen Sie, wem Sie wollen!« schrie sie ihn an. »Aber nicht mir, verstanden? Mit mir können Sie das nicht machen.«

      »Sie sind ja verrückt!« schrie der Ärmste zurück. Er verstand die Welt nicht mehr. Er hatte nichts anderes vorgehabt, als sich ein Kuchenstückchen zu kaufen, und jetzt befand er sich mitten in einem Krieg. Diese Frau konnte nicht ganz normal sein! »So was wie Sie dürfte überhaupt nicht frei herumlaufen! Sie gehören eingesperrt. Sie sind ja eine Gefahr für die Umwelt.«

      »Und Sie sind ein aufgeblasener Angeber!« tobte Nathalie zurück. »Aber was will man schon von einem Ihres Geschlechts verlangen! Ich sage bloß ›Männer‹. Bah!«

      »Himmel, eine militante Emanze!« Der Fremde wedelte erneut mit der Hand, ließ den Arm aber rasch sinken, als er das Aufblitzen in Nathalies Augen bemerkte. »Ihr Mann sollte Sie am Herd festbinden, anstatt Sie frei in der Stadt herumlaufen zu lassen.«

      »Und Sie sollten sich überlegen, was Sie sagen«, lautete die Gegenoffensive. »Das heißt, falls einer wie Sie überhaupt denken kann.«

      Der Mann schnappte empört nach Luft. Diesen Umstand nutzte Nathalie, ihm noch ein wütendes »Dummschwätzer!« an den Kopf


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