Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman - Sissi Merz


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wurde eine Spur blasser, erhob sich und murmelte: »Entschuldigt mich bitte kurz, bin gleich wieder da.«

      »Das hättest jetzt net sagen sollen«, stellte Lukas fest, als sie allein waren. »Die Anna hat dich lieb, das weißt doch. Mußt sie da immer daran erinnern, daß sie dir einerlei ist?«

      Dr. Brinkmeier schüttelte leicht den Kopf. »Es ist schon seltsam, wie sich die Zeiten ändern. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich dich hab mahnen müssen, dich net immer wie der Elefant im Porzellanladen zu benehmen. Und jetzt hab ich den Schwarzen Peter.«

      »So hab ich das bestimmt nicht gemeint. Und im Grunde geht es mich ja auch gar nichts an. Ich will mich net einmischen, Max, es ist dein Leben. Aber die Anna tut mir doch leid.«

      »Weißt, Lukas, ganz einerlei ist mir die Anna nicht. Und wenn ich ihr vor der Julia begegnet wäre, dann hätten für uns ganz gewiß längst die Hochzeitsglocken geläutet. Ich mag sie gern, sie ist sehr hübsch, klug und fleißig. Was kann man sich noch mehr wünschen? Aber mein Herz gehört der Julia. Daran kann ich nun mal nichts mehr ändern. Selbst wenn ich wollte...«

      Anna Stadler, die vor der Tür gestanden und alles mit angehört hatte, biß sich auf die Lippen. Ihr Herz fuhr Achterbahn, und es fiel ihr gar nicht leicht, sich wieder zu beruhigen. Schließlich hatte Max Brinkmeier ihr gerade eine Liebeserklärung gemacht – und diese im gleichen Atemzug wieder zurückgenommen...

      *

      »Du mußt mit dem Doktor reden, ihm alles sagen. Ich glaube, er wird euch helfen. So kann es doch auf Dauer net weitergehen!« Benjamin Farber schaute seine Schwägerin mit ernster Miene an. »Glaub mir, Monika, ich hab lange über alles nachgedacht. Im Grunde hilfst auch deinem Mann, wenn du dich dem Brinkmeier anvertraust. Der Christian ist sich selbst eine Last. Er müßte dringend eine Therapie machen, um seine Aggressionen endlich in den Griff zu kriegen.«

      Die junge Frau seufzte schwer. »Ich weiß, daß du recht hast, Ben. Aber ich traue mich nicht, mit dem Doktor zu reden. Wenn der Christian das erfährt, dann wird er wieder ausflippen...«

      »Du ziehst mit den Kindern zu mir«, schlug er da ruhig vor. »Wenn mein Bruder allein ist, wird er vielleicht zur Besinnung kommen. Er hat mir erst vor ein paar Tagen versichert, wieviel du ihm bedeutest. Schau, im Grunde ist er kein schlechter Mensch. Aber er hat sich eben nicht im Griff. Und dagegen mußt du was tun, allein wegen Birgit und Paul. Sollen sie denn in diesem ewigen Unfried’ aufwachsen? Willst das?«

      »Freilich net. Aber ich weiß wirklich nicht...«

      »Vertrau’ mir, Monika«, bat er da leise und legte seine Hände auf ihre. »Ich will nur das Beste für euch.«

      »Das weiß ich.« Sie lächelte schwach. »Ich werde es mir überlegen. Vielleicht muß es ja gar nicht sein, in den letzten Tagen, da hat der Christian sich doch recht manierlich benommen. Ich hoff’ halt immer noch, daß er sich wieder fängt...«

      Das hoffte auch der Bauer, doch er wußte es leider besser. Deshalb wartete Benjamin Farber nicht lange ab, wie seine Schwägerin sich entschied, sondern ging selbst zum Doktorhaus, um mit Max Brinkmeier zu reden. Allerdings war dieser gerade nicht da, machte Hausbesuche. Benjamin traf nur den alten Landarzt an, der ihn aber freundlich hereinbat.

      »Wenns’t warten magst, es wird bestimmt nicht lange dauern«, bot er an. »Oder kann ich dir vielleicht helfen?«

      »Ich weiß net recht... Hat der Max Ihnen denn erzählt, was drüben bei meinem Bruder los ist?«

      »Die Geschichte mit den blauen Flecken bei dem Buben von deinem Bruder? Ja, ich weiß Bescheid. Das ist eine schlimme Sache, net zu unterschätzen. Wenn der Max sich da einmischen will, kann ich ihm gar nix vorschreiben. Und ich will es auch nicht, denn ich halte das Ganze für ebenso verwerflich.«

      »Ich bin ja nicht hier, weil ich um gut Wetter für den Christian bitten will, im Gegenteil«, stellte Benjamin da richtig. »Die Monika schweigt, aus Angst und Scham. Ich hab ihr dringend geraten, sich an den Max zu wenden, weil der ihr und den Kindern helfen will. Aber das lehnt sie ab. Deshalb wollte ich mit Ihrem Sohn reden, Herr Doktor. Wenn es sein muß, begleite ich ihn aufs Revier und mache eine Aussage gegen meinen Bruder. Ich weiß, daß er seine Familie mißhandelt. Und ich mag da nimmer länger schweigen.«

      Brinkmeier senior schaute seinen Besucher mit ernster Miene an. »Du erhebst da eine schwere Beschuldigung, Benjamin. Kannst die auch beweisen? Sonst kommst vielleicht in Teufels Küche.«

      »Ich weiß über alles Bescheid. Und ich bin sicher, daß die Monika auch die Wahrheit sagen wird, wenn ich nur den Anfang mache. Sehen Sie, Herr Doktor, es fällt mich wirklich nicht leicht. Ich hab lange überlegt, was ich machen kann, um zu helfen. Aber ich seh keinen anderen Ausweg. Mit meinem Bruder ist fei net vernünftig zu reden. Er muß gezwungen werden, sein Verhalten zu ändern, bevor was wirklich Schlimmes passiert.«

      Josef Brinkmeier konnte dem Bauern nicht widersprechen. Er versprach, mit seinem Sohn zu reden, woraufhin Benjamin Farber sich halbwegs beruhigt verabschiedete. Es dauerte dann aber noch eine ganze Weile, bis Max heimkam. Er hatte eine lange Liste mit Hausbesuchen abgearbeitet und war zuletzt noch ins Kinderheim gefahren. Die kleine Melanie zeigte sich aber enttäuscht, weil Anna

      Stadler den Doktor nicht begleitete.

      »Kommt die Tante Anna mich nimmer besuchen? Hat sie keine Zeit?« fragte die Kleine mit resignierter Stimme, was dem jungen Mann im Herzen weh tat. Melanie schien in ihrem kurzen Leben wenig Schönes widerfahren zu sein.

      »Natürlich kommt sie dich wieder besuchen. Aber heute bin ich allein unterwegs, weil ich schon bei vielen Patienten gewesen bin. Und die Anna muß ja in ihrer Apotheke arbeiten, verstehst?«

      So ganz schien Melanie ihm nicht zu glauben. Und als er sie nach dem »Bösbären« fragte, da schaltete sie ganz auf stur.

      »Sie sollten das nächste Mal wieder Frau Stadler mitbringen«, riet die junge Schwester ihm beim Abschied. »Sie hat einen Draht zu Kindern, Melanie vertraut ihr. Wenn Sie herausfinden wollen, von wem die Kleine gemobbt wird, dann überlassen Sie das besser Frau Stadler.« Max nickte, er wußte, daß sie recht hatte. Aber er wollte Anna auch nicht ständig einspannen. Ihre Freundschaft hatte sich zwar gefestigt, doch der junge Mann war auch darauf bedacht, Komplikationen zu vermeiden...

      Als der Landarzt eine Weile später heimkam, hatte sein Vater Neuigkeiten. Er berichtete ausführlich von dem Gespräch mit Benjamin Farber und endete mit dem Ratschlag: »Du solltest dich nicht darauf einlassen, Max, das ist meine Meinung.«

      »Wieso denn das? Von dir habe ich doch schließlich gelernt, nicht zu kneifen, wenn Menschen in Not meine Hilfe brauchen. Und die Farbers sind in Not, das ist ganz offensichtlich.«

      »Schon. Doch die Sache erscheint mir trotzdem etwas undurchsichtig. Wenn Monika Farber sich dir anvertraut, dann kannst aktiv werden. Sie hat selbst erlebt, wovon ihr Schwager nur erzählen kann. Und was sie sagt, hat Gewicht, auch vor Gericht. Aber du solltest dich nicht nur auf das verlassen, was er behauptet. Da kannst dich bös’ in die Nesseln setzen.«

      »Das hat mich noch nie davon abgehalten, mich zu engagieren.«

      Josef seufzte leise. »Ich weiß. Und ich mag dir auch keine Vorschriften machen. So eine Geschichte, die kann sich aber schnell in eine völlig unvorhergesehene Richtung entwickeln. Und nachher bist du der Dumme.«

      »Was meinst?« wunderte Max sich.

      »Na ja, ich will keinem etwas unterstellen. Aber es könnte doch sein, daß der Benjamin Farber aus eigennützigen Motiven handelt. Vielleicht ist er in seine Schwägerin verliebt, das wäre doch möglich. Oder er will sich an seinem Bruder rächen.«

      »Das kann ich mir net vorstellen.« Der junge Landarzt rieb sich das Kinn. »Aber du hast schon recht, mir wäre es auch lieber, wenn die Monika Farber mir die Wahrheit sagt. Ich werde in den nächsten Tagen noch mal bei den Leuten vorbeigehen und mich mit ihr unterhalten.«

      Damit war Josef einverstanden. Die beiden Brinkmeiers ahnten nicht, daß die Dinge sich in der Zwischenzeit verselbständigen sollten und die ganze Geschichte


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