G.F. Barner Staffel 5 – Western. G.F. Barner
Hast du das Saufen aufgegeben, Sam? Los, Mann, was haben sie dir erzählt?«
»Powell, großer Gott, mach mit mir, was du willst.« Sam Gordley stöhnte und zitterte nun am ganzen Leib. »Ich trinke nicht mehr. Die Leber ist im Eimer, sagt der Doc. Powell, ich kann nicht reden. Ich bin ein toter Mann, wenn ich mein Maul aufmache. Glaub mir doch, sie bringen mich um, ich habe keine Chance.«
»Mal langsam«, antwortete Rick Powell scharf. »Mit den beiden Burschen werden Lorenzo und ich schon fertig. Wer sind die Burschen?«
»Zwei? Sagtest du, es waren nur zwei?« fragte Gordley.
»Es waren zwei Männer, die Ed überfielen, ihn erschossen, einen Jungen, der Heath half, verwundeten und für tot liegenließen. Der Junge hörte nie mehr als zwei Mann, und es gab nirgendwo die Spur eines dritten Halunken.«
»Er hat gelogen. Der verfluchte Kerl hat gelogen«, stieß Gordley hervor. »Powell, du kannst nicht eine Spur übersehen haben?«
»No, es waren zwei Männer. Sie hatten anderthalb Tage Vorsprung. Nun nur noch acht Stunden, denke ich. Ich finde sie doch, Gordley, auch wenn du schweigst. Nur, dann nehme ich dich mit nach Sierraville. Und was dann mit dir geschieht, weißt du, denke ich. Du wirst ein Greis sein, wenn du aus dem Jail kommst, Gordley.«
»Besser im Jail als mit einer Kugel im Kreuz von Geiern besucht zu werden«, erwiderte Sam Gordley. »Junge, mit denen wird keiner fertig, auch du nicht. Du erwischst vielleicht die beiden Halunken, den dritten schaffst du niemals.«
Er schwieg abrupt und preßte die Lippen zusammen. Seine Augen schlossen sich, und Powell wußte, daß sich Gordley um ein Haar verraten hätte.
»Moment, Sam«, zischte Powell. »Zwei könnte ich schaffen, was, den dritten Mann aber nicht? Das meintest du doch, oder? Du hast Angst vor dem dritten Mann, der gar nicht dabei war, Sam. Jemand, der schnell ist, den niemand schaffen kann? Dann gibt es nur einen: Cole Young.«
Obwohl Gordley die Augen geschlossen hatte, konnte er sein Gesicht nicht beherrschen. Die Muskeln zuckten jäh. Er stöhnte dumpf und senkte den Kopf.
»Das reicht, Sam«, sagte Powell eisig. »Cole Young, was? Er war also nicht dabei. Er hat einen Bruder, und der reitet immer mit einem… Teufel, der Kerl hat dunkles Haar, während Coles Bruder Brian blond ist. Die Youngs.«
»Ich habe nichts gesagt!« schrie Gordley voller Furcht. »Ich will Cole nicht auf dem Hals haben, ich nicht. Den siehst du nicht mal den Colt ziehen, der schnippt nur einmal mit den Fingern, dann fällt man um.
Powell, du bekommst Brian ja doch. Es hat keinen Sinn mehr, es ist aus, ich weiß es. Ich habe damals von Quailes und dir gehört. Du erwischst doch jeden. Mein Gott, jetzt ist alles aus.«
»Noch ist nichts aus, Sam«, antwortete Powell düster. »Wenn du redest, bekommst du eine Chance. Das ist ein Versprechen. Du warst einer der ersten Männer, die meinem Vater Pferde abkauften, das habe ich nicht vergessen. Ich breche den Stall auf. Dann kannst du Cole sagen, falls er herkommt, du hättest den Stall so gefunden. Danach verlorst du vor Furcht den Verstand und machtest, daß du auf deinen Gaul und hundert Meilen weit wegkamst. Das ist ein Angebot, Sam, das letzte.«
Gordley starrte vor sich hin. Dann hob er den Kopf und nickte matt.
»Gut«, erklärte er. »Powell, als ich in Truckee aufgab, ging es mir nicht besonders. Ich machte ein paar Geschäfte, auch mit Cole und dessen Vettern. Es waren keine großen Sachen, hier mal ein paar Rinder, da mal einige Pferde. Vor fünf Jahren kamen Coles Vettern bei einem Stagecoachüberfall um, du wirst dich daran erinnern, was?
Danach kam Cole nicht mehr mit umgebrannten Pferden oder Rindern. Ich hatte das fast vergessen, als vor gut einem Jahr der Junge auftauchte: Brian Young. Er brachte Pferde, später auch Rinder. Er bestellte jedesmal einen Gruß von Cole. Was sollte ich denn machen, Junge? Wer sich mit Cole Young anlegt, der kann sich gleich einen Sarg kaufen. Niemand schießt so schnell wie Cole Young.«
»Verflucht«, knirschte Lorenzo. »Da hat er recht, Boß. Cole nimmt es mit vier guten Schießern auf. Wovon der Kerl eigentlich lebt, weiß keiner. Sie erzählen sich, er brächte für harte Dollars Leute um, die anderen im Weg sind. Boß, wenn wir Brian erwischen und ihm passiert was, ist die Hölle los. Dann haben wir Cole am Hals.
Cole ist zwar selten in der Gegend, doch er könnte verdammt schnell hier sein. Dieser verdammte, wilde und großmäulige Brian. Der ist doch keine zwanzig. Aber er führt sich auf, als wäre er so alt wie sein Bruder und genauso hart und schnell. Er streunt mit dem anderen Burschen durch die Gegend. Der Name des Kerls, Gordley?«
»Ich weiß es nicht«, ächzte Sam Gordley. »Keine Ahnung. Young nannte ihn Jim. Mein Gott, er sagte, ich sollte ihm dreihundert Dollar geben, sonst würde ich Ärger mit Cole bekommen. Ich gab sie ihm, Powell. Dann ritten sie los und brüllten, sie würden Reno auf den Kopf stellen.
Powell, ich wollte keine Geschäfte mit ihnen machen, aber Cole… Wer wagt denn was gegen Cole Young zu tun? Gib mir eine Chance, Powell, ich verschwinde einige Zeit. Brecht die Tür auf, macht, was ihr wollt. Ich weiß nichts, gar nichts, ich habe nur Spuren gesehen.«
»Verschwinde«, sagte Powell düster. »Wir haben dich nie gesehen, Sam.«
Gordley stieg auf sein Pferd. Im nächsten Moment jagte er davon.
»Machen wir hier etwas Unordnung«, sagte Powell. »Dann reiten wir nach Reno, Lorenzo.«
Lorenzo nickte stumm. Vor Mitternacht würden sie in Reno sein.
*
Lorenzo richtete sich auf. Er trat dicht zum Fenster des Silver Star Saloon in Reno und sah Brian Young in der hinteren Ecke des Saloons immer noch mit einem grünäugigen, rothaarigen Girl am Tisch sitzen. Das Girl war ein paarmal zum Tresen gegangen, um einige Männer zu begrüßen, aber immer wieder an Youngs Tisch zurückgekehrt.
»Wo kann denn der andere Bursche sein?« flüsterte Lorenzo. »Boß, es wird ruhiger im Saloon. Vielleicht sollten wir erst nachsehen, ob der Sheriff endlich wieder in seinem Office ist?«
Powell schüttelte den Kopf. Das Sheriff-Office lag neben Dutch Johns Pferdehandlung. Dort hatten sie ihre Pferde eingestellt.
Sie wußten, daß der Sheriff am Nachmittag zur Long Hole Mine hinausgeritten war.
Vor einer halben Stunde war ihre Suche zu Ende gewesen. Lorenzo hatte die eine Seite der Main Street abgesucht, Powell die andere.
Der Zureiter war es gewesen, der Brian Young im Silver Star entdeckt hatte. Es fehlte keine Viertelstunde mehr bis Mitternacht. An den Haltebalken standen nur noch wenige Pferde und Wagen. Im Silver Star schwieg das Orchestrion, und der letzte Store drüben schloß gerade.
»Wir gehen jetzt«, entschied Powell. »Ich wette, Young wartet ab, bis das Girl frei hat. Dann wird er mit ihm verschwinden wollen. Nach hinten, Lorenzo, versperr ihm den Fluchtweg. Er sitzt verdammt nahe an der Hintertür.«
Lorenzo nickte. Die Müdigkeit fiel nun von ihm ab. Er hatte keine Ahnung, ob Brian Young so tödlich schnell mit dem Colt wie sein Bruder Cole war. Der Zureiter machte schweigend kehrt, während Powell schon nach vorn ging und sich um das offene Hoftor drückte.
Zwanzig Sekunden später stand Powell vor der Schwingtür des Saloons. Dann lockerte er seinen Revolver, stieß mit der Linken gegen den Schwingflügel und machte einen langen Schritt. Rechts und links neben der Tür waren zwei mannshohe Holzwände und ein Windfang, an dem er vorbei mußte. Young saß rechts in der Ecke, die Sicht auf ihn wurde noch durch den Windfang versperrt. Irgendwo links schurrten Stühle. Männer redeten laut. Stiefel trampelten. Hinter dem Tresen sagte der Keeper etwas.
Powell sah zur Hintertür. Lorenzo konnte noch nicht dort sein. Er mußte aber jeden Moment auftauchen. Brian Young sollte keine Chance haben.
Im nächsten Augenblick tauchte neben der linken Wand des Windfanges ein Mann auf. Es war Corby, ein Bergrancher, der vor zwei Monaten eine Fuchsstute bei Powell gekauft hatte. Corby prallte mit Powell zusammen, wich zurück, ehe Powell um die rechte Wand blicken konnte und sagte