Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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jungen Herrn in Ordnung bringen mußte. Er wollte über das Wochenende zum Skifahren.«

      »Skifahren?« wiederholt Gellert. Warum hat Günther ihm das nicht gesagt? »Es ist gut, Franz. Wir wollen warten. Es kann sein, daß er sich infolge des Schneefalles verspätet hat.«

      Von innerer Unruhe getrieben, wandert Albert Gellert hin und her. Sollte sich Marina in Günthers Gesellschaft befinden?

      Zeitiger als sonst fährt Albert Gellert heim. Er muß mit Franz sprechen, und kaum hat er seine Garderobe abgelegt, läßt er Franz zu sich rufen.

      »Komm näher, Franz«, fordert Gellert den alten Mann auf. »Weißt du, wohin mein Sohn gefahren ist? Hat er dir gegenüber eine Andeutung gemacht?«

      »Skifahren wollte er. Mehr weiß ich auch nicht«, antwortet Franz.

      »Wollte er zu unserer Skihütte fahren?«

      Franz zuckt hilflos mit den Schultern. »Gesagt hat er nichts davon. Aber es könnte möglich sein.«

      »Hm«, macht Gellert gedankenvoll. Er ist ernstlich besorgt. Nicht nur um seinen Sohn, auch um Marina, obgleich er keinerlei Beweis hat, daß sie sich tatsächlich in Günthers Gesellschaft befindet.

      Immer noch steht Franz in bescheidener Haltung vor ihm. »Weißt du zufällig, was für Schneeverhältnisse im Gebirge sind?«

      Da wird Franz lebhaft. »Das weiß ich genau. Im Radio haben sie angesagt, daß Lawinen niedergegangen sind, und das gerade dort, wo die Skihütte ist.«

      Gellert meldet sofort ein Gespräch mit dem Wirt des kleinen Gebirgsdorfes an. Der weiß auch nicht, verspricht aber, zum Sepp zu schicken und dann wieder anzurufen.

      Albert Gellert läuft es heiß und kalt über den Rücken. »Es ist gut, Franz.« Mit einer Handbewegung entläßt er den Mann, der seinem Haus treu ergeben ist.

      Wieder beginnt eine aufreibende Zeit des Wartens.

      Und dann klingelt der Fernsprecher. Er meldet sich und hört die heisere Stimme des Wirtes.

      So erfährt er, daß Sepp unterwegs ist, da mehrere Lawinen zu Tal gegangen sind. Sepps Frau läge krank darnieder, aber der Wagen Günther Gellerts sei in der Garage, also müsse er sich in der Hütte befinden.

      »Morgen früh fahre ich los zu Ihnen«, entscheidet Gellert. »Wenn der Sepp unterwegs ist, wird er sicher zu meinem Sohn sein. Danke für den Anruf.«

      Gellert beendet das Gespräch. Er gibt seine Anordnungen für die Fahrt. Schlaf findet er in dieser Nacht nicht.

      Der Morgen ist gekommen. Noch herrscht Dunkelheit, als Albert Gellert seinen Wagen besteigt und dem Gebirge zufährt. Er gönnt sich keine Rast unterwegs. Vorwärts, nur vorwärts, hämmert er sich ein.

      Gegen Mittag erreicht er das kleine Dorf und hält vor dem Dorfkrug. Der Wirt empfängt ihn an der Tür. Er sieht besorgt aus.

      »Schlimme Nachrichten, Herr Generaldirektor«, meint er, und seine Stimme klingt noch heiserer als gewöhnlich. »Der Sepp ist noch nicht zurückgekehrt. Die Bergwacht hat festgestellt, daß das ganze Gebiet um die Hütte von Lawinen eingedeckt wurde. Wenn einer den Weg findet, kann es nur der Sepp sein, der sich auskennt, wie keiner sonst.«

      »Also müssen wir abwarten«, antwortet Gellert, und ihm ist nicht wohl bei diesem Gedanken. Auch er kennt hier jeden Weg und Steg, aber jetzt, da alles verschüttet ist, wäre es Selbstmord, allein loszugehen.

      Wenn er nur wüßte, ob Marina dabei ist.

      Sie warten und warten, Gellert und die Bewohner des Hauses. Sepp kehrt nicht zurück, und die Zeit vergeht. Schon wird es wieder dunkel, und da ist ein Aufstieg sowieso nicht möglich.

      »Morgen früh alarmiere ich die Bergwacht«, bestimmt Gellert. »Vielleicht können wir uns bis zur Hütte durchkämpfen.«

      »Ich komme mit«, erklärt der Wirt sich sofort bereit.

      *

      Günther Gellert hat jedes Zeitgefühl verloren. Seine Uhr, die er neben die Kerze gelegt hat, ist stehengeblieben. Mit den Kerzen sind sie sehr sparsam umgegangen. Doch nun sind sie auch verbraucht.

      Eisige Kälte macht sich breit, sie dringt bis auf die Haut. Marina schüttelt es vor Kälte. Günther hat alle Decken herbeigeschleppt und sie eingepackt. Sie lehnt sich an ihn. So wärmen sie sich gegenseitig. Marina stößt ab und zu abgerissene Sätze hervor. Er legt die Hand auf ihre Stirn. Sie ist glühendheiß. Neuer Schreck durchzuckt ihn. Marina scheint krank zu sein. Und sie spricht im Fieber. Seine Angst um sie steigt ins Unermeßliche.

      Jetzt merkt er, daß seine Liebe zu ihr tief und echt ist, jetzt, da er um ihr Leben bangt. Was waren ihm die Frauen bisher? Nur Spielzeug. Bei Marina ist das anders. Er friert, trotz seines dicken Pullovers, denn er hat Marina alle Decken überlassen.

      Hin und wieder gibt er ihr im Schein seines Feuerzeuges einen Löffel von dem Rest Rum, und dann ist sie für eine Weile still.

      Ich muß etwas unternehmen – denkt er voller Verzweiflung. Sollen wir hier in dieser Hütte zugrundegehen?

      Nein! Und nochmals nein! Sein Lebenswille ist noch nicht gebrochen. Er muß einen Ausweg finden. Auf Sepp kann er sich nicht verlassen. Er ist überzeugt, daß Sepp sie suchen wird. Vielleicht ist er ebenfalls in eine Lawine geraten?

      Marinas Fieber steigt bedrohlich. Mit aller Kraft hebt er sie hoch, trägt sie ins Nebenzimmer und bettet sie in die weichen Kissen. Alle Decken legt er über sie. Dabei schlagen ihm die Zähne vor Frost aufeinander.

      Mutlos, ratlos, grübelnd nach einem Ausweg, hockt er neben Marinas Bett und hält deren Hand, die heiß in seiner kalten Rechten liegt.

      Marina phantasiert. In ihren Ohren ist ein Sausen und Brausen, das zu einer gewaltigen Melodie anschwellt.

      Du bist die Welt für mich… Und mein Gebet, es spricht…

      Sie flüstert: »Ich liebe dich!« Sie hat vergessen, daß Günther bei ihr ist, sie sieht Albert Gellert, den Mann, dem vom ersten Augenblick ihr Herz gehörte.

      »Küsse mich, bitte, küsse mich!« Ganz tief hat Günther sich zu ihr gebeugt. Jedes Wort kann er verstehen. Sein Herz klopft wie ein Hammer in der Brust. Er liebt Marina, und jetzt macht sie ihm dieses Geständnis, das ihn alles vergessen läßt. Nur eines weiß er genau: Lebend werden sie hier nicht herauskommen.

      Ihre Hand umklammert die seine: »Ich liebe dich«, raunt sie, und sie lacht leise geheimnisvoll dazu.

      Günthers Herz zieht sich vor Schreck und Angst zusammen. Sie weiß bestimmt nicht, was sie sagt, und er weiß auch nicht mehr, was er tut. Er hat nur den einen Wunsch, vor dem Tode glücklich zu sein.

      Sein Mund sucht Marinas Lippen in einem langen, leidenschaftlichen Kuß. Immer wieder, bis die Wogen des Glücks über ihm zusammenschlagen. Dann schwinden ihm die Sinne.

      *

      Einer der mitgeführten Hunde spürt Sepp in einer Schneewehe auf. Nur ein Stück seines Skistockes ragt hervor. Die Rettungsmannschaft schaufelt und schaufelt, bis man Sepp ausgegraben hat. Er wird auf eine Trage gelegt, und zwei Mann tragen ihn ins Tal hinunter.

      Albert Gellert sieht hinter dem kleinen Zug her. Hoffentlich sind sie nicht zu spät gekommen. Den treuen, zuverlässigen Sepp zu verlieren, wäre unausdenkbar.

      Dann gibt er das Kommando, höher emporzusteigen. eine weiße Schneedecke breitet sich vor ihnen aus. Wie ein Leichentuch, muß Gellert denken, und er erschaudert. Sollte er bei seinem Sohn und wie er nun mit Gewißheit weiß, bei Marina, zu spät kommen? Er treibt die Leute an. Würde sich nicht hinter der Hütte eine Felswand schroff erheben; er würde den Weg nie gefunden haben. Auch hier ist alles von dieser weißen Masse zugeschüttet. Die Lawine, wenn es nicht mehrere waren, muß über die Felswand gekommen sein. Gerade diese Wand, die der Hütte Schutz gewährte, ist ihr nun zum Verhängnis geworden.

      Die Männer beginnen zu schaufeln. Allen voran Albert Gellert. Der Schweiß strömt allen über Gesicht


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