Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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»Das Haus gehört Ihnen ja. Falls es noch etwas zu erörtern gibt, finden Sie mich in unserem Haus.« Sie zögerte einen Augenblick. »Vielleicht möchtest du bei uns warten, Manuel?«

      »Nein, er bleibt in meiner Nähe«, erwiderte Ellen Düren scharf.

      Armes Kind, dachte Alexandra, und ihr Groll gegen Felix Münster wuchs. Gab es denn keinen anderen Menschen, dem er sein Kind anvertrauen konnte? Der Junge war ja völlig verschüchtert.

      »Da haben wir uns etwas Schönes eingebrockt, Mutti«, meinte sie nachdenklich, als sie ins Haus zurückkam. »Das ist ja eine schrecklich hochnäsige Person!«

      »Das ist aber eine arrogante Person«, äußerte sich Ellen Düren fast im gleichen Augenblick über Alexandra. »Diese verarmten Adligen tragen ihre Nase besonders hoch.« Ihre Stimme klang so gehässig, dass Felix Münster eine unwillige Erwiderung nicht unterdrücken konnte.

      »Immerhin gehört ihnen dieser Besitz, und ich möchte dich eindringlich ersuchen, keine Feindseligkeiten heraufzubeschwören. Du hast es nicht mit Angestellten zu tun.«

      Sie betraten die Dependance. Ellen Düren rümpfte die Nase. Sie hatte an allem etwas auszusetzen und sparte nicht mit Vorwürfen gegen ihren Schwager.

      »Es ist mir unbegreiflich, wie du dir das aufschwatzen lassen konntest«, stellte sie aggressiv fest. »Daran, dass ich hier abgeschnitten von aller Welt bin, hast du natürlich nicht einen Augenblick gedacht.«

      »Wir können uns später darüber unterhalten«, bemerkte er kühl. »Ich möchte nicht, dass in Gegenwart von Manuel darüber diskutiert wird.«

      Der Junge sprach kein einziges Wort. Scheu hielt er sich zurück. Manchmal hatte es den Anschein, als wolle er davonlaufen, aber dazu fehlte ihm wohl der Mut.

      *

      Auch Hannes hielt mit seiner Meinung über Ellen Düren nicht zurück. »Das ist vielleicht eine Ziege«, knurrte er, als sie außer Hörweite waren. »Und der Junge ist ein richtiger kleiner Fatzke.«

      »Er kann doch nichts dafür, wenn er so fein angezogen wird«, meinte Bambi einlenkend.

      »Die brauchen gar nicht zu denken, dass wir dich mit ihm spielen lassen«, empörte sich Hannes. »Hast du gehört, was sie gesagt hat? Sie glaubt nicht, dass wir der richtige Umgang für ihn sind. Das sage ich gleich Papi.«

      Er musste seine Erbitterung darüber loswerden und stürmte sofort auf das Arbeitszimmer zu. Aber Inge, die inzwischen schon zurückgekommen war, hielt ihn zurück.

      »Jetzt wird Papi nicht gestört«, ermahnte sie ihn. »Was gibt es denn so Wichtiges?«

      Zusammenhanglos sprudelte es über seine Lippen. Wenn Hannes zornig war, schimpfte er munter drauflos. Inge konnte sich keinen Reim darauf machen.

      »Erzähl doch mal der Reihe nach«, forderte sie ihn auf. »Für wen seid ihr nicht der richtige Umgang?«

      »Das hat doch bloß die Ziege gesagt«, warf Bambi ein. »Hannes hat gesagt, sie ist eine Ziege, aber sie ist eigentlich eine Frau. Sie ist aber lange nicht so nett wie die Sandra.«

      »Es kann nicht nur nette Leute geben«, meinte Inge und dachte dabei auch an diesen Harry von Rosch, der ihnen heute wieder in den Weg gelaufen war und der ihr sehr missfallen hatte.

      »Warum eigentlich nicht, Mami?«, fragte Bambi treuherzig.

      »Das weiß der Himmel«, seufzte sie. »Jetzt wascht euch erst mal. Ihr seid ganz schön schmutzig.«

      »Wenn wir doch auf der Burg waren«, erklärte Hannes. »Da liegt vielleicht dicker Staub, und Spinnengewebe gibt es, so was hast du noch nicht gesehen. Du regst dich schon auf, wenn mal ein kleines Fädchen dahängt. Wo ist denn Ricky?«

      Ja, wo war Ricky? Im Haus war sie jedenfalls nicht. Später, als sie sich gewaschen und umgekleidet hatten, entdeckten sie sie am See. Sie saß mit Stella auf einem großen Stein.

      »Sie hat schon ’ne Freundin«, stellte Hannes missmutig fest. »Warum haben die Rückerts bloß nicht mehr Kinder.«

      »Dafür haben sie Charly«, seufzte Bambi.

      »Die Roschs«, sagte Stella, »sind richtige Angeber. Tun wunder, was sie sind, und es ist gar nichts dahinter. Kein Mädchen ist vor denen sicher. Gott sei Dank gibt es nicht viel von der Sorte bei uns. Früher hatten sie ja mal einen Haufen Geld, aber der Alte hat alles verspekuliert. Jetzt müssen sie die Fabrik verkaufen, aber das Geld werden sie auch schnell um die Ecke bringen. Mit dem Harry nimmt es noch mal ein böses Ende, und Conny wird auch nicht viel besser.«

      Sie hatte Henrike schon eingehend über die oberen Hundert der Stadt Hohenborn informiert, und mit den Roschs schloss sie ihren Bericht ab.

      »Ich finde es toll, dass ihr hergezogen seid, Ricky«, versicherte sie. »Nun werden die Wochenenden hier draußen nicht mehr so langweilig. Und eine richtige Freundin hatte ich auch noch nicht.«

      »Obgleich du in Hohenborn aufgewachsen bist?«, wunderte sich Henrike.

      »Weißt du, die meisten, die sich an mich hängen, meinen nur Fabian, und wenn er ihnen die kalte Schulter zeigt, lassen sie es an mir aus.«

      Henrike errötete. »Das brauchst du bei mir nicht zu fürchten«, sagte sie leise.

      »Dir zeigt er ja auch nicht die kalte Schulter«, meinte Stella neckend.

      »Wenn ich dich mag, hat es mit deinem Bruder gar nichts zu tun«, murmelte Henrike.

      Stella warf ihr einen schrägen Blick zu. »Aber ihn magst du doch hoffentlich auch? Ist schon komisch, wenn man einen Lehrer hat, der so jung ist und so gut aussieht. Du findest doch auch, dass er gut aussieht?«

      Henrike geriet in immer größere Verlegenheit. »Ich wollte, er wäre nicht jung und sähe nicht gut aus!«, stieß sie hervor.

      »Oder er wäre nicht Lehrer«, bemerkte Stella tiefsinnig. »Aber ein Gutes hat es, die Schüler spuren viel besser als bei den alten Lehrern. Ach, da kommt ja Charly. Und wo er ist, kann auch Fabian nicht weit sein.«

      Henrike sprang auf. »Ich muss jetzt reingehen. Wir werden gleich essen«, sagte sie überstürzt. »Wenn du Lust hast, kannst du ja nachher zu mir kommen.«

      »Komm doch auch mal zu uns!«, rief Stella ihr nach, dann schlenderte sie ihrem Bruder entgegen.

      »Tut mir leid für dich, Brüderchen«, scherzte sie, »aber Ricky hat die Flucht ergriffen.«

      »Sei nicht immer so anzüglich. Nimm bitte zur Kenntnis, dass ich mir private Kontakte nicht erlauben kann.«

      »Wenn’s auch schwerfällt«, murmelte sie. »Du hast mein volles Mitgefühl.«

      »Sei nicht so frech.«

      »Aber es ist mein Ernst«, protestierte sie. »Ich fände es prima, wenn Ricky meine Schwägerin würde. Wenn ihr Bruder auch so nett ist, werde ich mir Mühe geben, ihn zu becircen.«

      »Du Grünschnabel! Reiß dich lieber zusammen, dass du nicht sitzen bleibst.«

      »Kannst du mir nicht wenigstens ein friedliches Wochenende gönnen?«, murrte sie. »Sag Paps bloß nicht, dass ich in Latein wieder einen Fünfer geschrieben habe.«

      »Damit er aus allen Wolken fällt, wenn ein blauer Brief kommt?«

      Sie sah ihn bittend an. »Kannst du denn nicht mal was für deine Schwester tun?«

      »Setz dich auf den Hosenboden und lerne«, erwiderte er energisch.

      *

      Felix Münster hatte sich allein von Frau von Rieding und Alexandra verabschiedet, nachdem Ellen und der Junge schon im Wagen Platz genommen hatten.

      »Ich hoffe, dass Sie sich durch das eigenartige Benehmen meiner Schwägerin nicht gekränkt fühlen«, hatte er entschuldigend gesagt. »Sie ist etwas schwierig.«

      Sie hatten diese Erklärung zur Kenntnis genommen, ohne sich dazu


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