Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman - Patricia Vandenberg


Скачать книгу
dann gucken wir eben mal, wie weit sie heute auf dem Bau sind«, bemerkte Claas. »Vati würde sich dafür sicher auch interessieren.«

      »Bei euch hat es aber gekracht«, wisperte Bambi. »Und geklirrt auch.«

      »Das war bestimmt Muni«, äußerte sich Dirk besorgt. »Sie zerschmeißt schnell was, wenn sie Wut hat.«

      Bambi sah ihn mit großen Augen an. »Unsere Mami hat erst eine Wut, wenn sie was zerschmeißt«, versicherte sie treuherzig.

      »Sie ist ja auch keine Sängerin«, wurde sie von Hannes belehrt.

      »Was macht eine Sängerin eigentlich?«, wollte die Kleine wissen.

      »Singen«, erwiderte Claas.

      »Dann ist unsere Mami aber auch eine Sängerin«, erklärte Bambi. »Sie singt, wenn sie kocht und sauber macht.«

      »Aber keine Opern«, stöhnte Hannes. »Sie kann einem ein Loch in den Bauch fragen«, erklärte er den Zwillingen. »Gehen wir lieber.«

      »Man kann nur schlau werden, wenn man viel fragt, sagt Mami«, stellte Bambi leicht beleidigt fest. »Ich kann doch nichts dafür, dass ich nicht schon so alt bin wie ihr.«

      »Für ihr Alter ist sie wirklich schon schlau genug«, meinte Claas. »Ich hätte ganz gern noch ’ne kleine Schwester.«

      »Das fehlt gerade noch. Er spinnt«, meinte Dirk erzürnt.

      Zutiefst gekränkt schüttelte Bambi den Kopf. »Ihr seht euch so ähnlich, aber dass ihr euch mal ganz einig seid, erlebe ich auch nicht mehr. Wenn ihr mich eben nicht haben wollt, gehe ich zu Manuel. Mit dem kann ich jetzt auch schön spielen.« Und schon war sie davon, und Jonny rannte ihr nach.

      »Nun haben wir sie beleidigt«, meinte Dirk. »Das wollte ich nicht. Sie ist mächtig niedlich, deine kleine Schwester, Hannes. Nonna ist auch ganz verrückt mit ihr. Vielleicht möchten Eltern lieber ein Mädchen.«

      »Wir hatten ja schon Ricky«, erklärte Hannes. »Aber Bambi war eben das i-Tüpfelchen. Ich muss erst mal gucken, wo sie geblieben ist.« Sein Gewissen regte sich. Auch Dirk setzte sich in Bewegung.

      »Ich wollte sie wirklich nicht kränken«, brummte er. »Ich weiß eben nicht, wie man mit Mädchen umgeht.«

      Bambi wäre ganz sicher daheim geblieben, wenn nicht zufällig Sandra und Manuel vorbeigekommen wären. Sie waren in der Stadt gewesen, hatten Einkäufe gemacht und sagten Inge Auerbach schnell guten Tag.

      »Darf Bambi ein bisschen mit zu uns kommen?«, fragte Manuel.

      Sie durfte und zögerte auch nicht. Bambi war nicht nachtragend, aber drei zwölfjährigen Jungen fühlte sie sich unterlegen, und mit Manuel, der jetzt viel lebhafter geworden war, konnte man jetzt sehr schön spielen. Natürlich musste auch Jonny mit.

      Hannes sah gerade noch die Schlusslichter des Autos und sah seine Mutter schuldbewusst an.

      »Wo ist denn Bambi?«, fragte er.

      »Mit Sandra gefahren«, erwiderte sie kurz.

      »Hat sie sich beschwert?«, fragte er schuldbewusst.

      »Wieso denn? Habt ihr sie geärgert?«

      »Bestimmt nicht mit Absicht. Mädchen sind manchmal ein bisschen empfindlich. Sie braucht aber nicht zu denken, dass sie mir zu klein ist.«

      »Manuel ist schon ein besserer Spielgefährte für sie«, erklärte Inge leichthin.

      »Aber sie ist meine Schwester«, beharrte er.

      »Deswegen kann sie aber doch mit Manuel spielen«, erwiderte Inge lächelnd.

      »Kann ich sie dann wenigstens abholen?«

      »Ist nicht nötig. Ricky ist bei Ulla und wird Bambi nachher mitbringen. Was ist denn eigentlich los?« Verwundert sah sie nun auch die Zwillinge an.

      »Es ist bloß so, dass Claas gesagt hat, er hätte gern noch eine kleine Schwester, und ich habe gesagt, er spinnt«, gestand Dirk. »Aber wenn ich eine hätte, würde ich sie auch gernhaben.« Er warf Inge einen schrägen Blick zu. »Haben Sie Mädchen eigentlich lieber als Jungen, Frau Auerbach?«

      »Du liebe Güte, nein. Uns sind unsere Kinder alle gleich lieb.«

      Sie gaben sich zufrieden und verschwanden. Inge dachte, dass es vielleicht gut gewesen wäre, wenn Claas und Dirk auch noch eine Schwester hätten. Mädchen waren doch ein gesunder Ausgleich.

      *

      »Wenn wir erst geheiratet haben, bekommen wir viele Kinder«, erklärte Manuel seiner kleinen Freundin Bambi in überzeugendem Tonfall.

      »Auch Zwillinge?«, fragte Bambi.

      »Lieber nicht, dann kann ich sie nachher auch nicht auseinanderhalten.«

      »Zwillinge können auch ein Junge und ein Mädchen sein, oder zwei Mädchen«, meinte Bambi. »Mami hat es mir erklärt. Und manchmal sehen sie sich gar nicht ähnlich.«

      »Warum heißen sie dann auch Zwillinge?«, erkundigte sich Manuel, der es neidlos anerkannte, dass Bambi vieles besser wusste als er.

      »Weil sie am gleichen Tag auf die Welt kommen. Es gibt auch Drillinge, Vierlinge und Fünflinge.«

      Staunend riss Manuel die Augen auf. »Alle auf einmal?«, fragte er atemlos.

      »Alle auf einmal«, bestätigte Bambi. »Wann heiratet ihr denn?«

      »Papi will bald, aber Sandra sagt, dass wir noch warten sollten, bis Harald wieder gesund ist. Hoffentlich wird er bald gesund.« Es klang sehnsüchtig.

      Harald Herwig beschäftigte auch Ricky und Ulla, die ihn regelmäßig besuchten. Es stimmte sie besorgt, dass er viel von seinem Optimismus eingebüßt hatte.

      »Ist ja auch scheußlich, wenn man sich nicht rühren kann«, meinte Ulla.

      »Wenn man nur erst wüsste, ob er überhaupt wieder gehen kann«, seufzte Ricky. Würde dieser Tag jemals ganz seinen Schrecken verlieren?, überlegte sie. Es war ein schwarzer Tag gewesen. Ulla war still und in sich gekehrt, weit über ihre Lebensjahre gereift.

      »Ich möchte am liebsten Krankenschwester werden«, sagte sie plötzlich. »Da ist man doch zu etwas nutze.«

      »Studier doch Medizin, dann kannst du mal in Erlenried Ärztin werden«, schlug Ricky vor.

      »Das schaffe ich ja doch nicht, und nach allem, was geschehen ist, wird Vater gar nicht erlauben, dass ich studiere.«

      »Man müsste es auf einen Versuch ankommen lassen«, meinte Ricky zuversichtlich.

      »Dann wäre ich ja wieder allein«, sagte Ulla leise. »Und wenn Sandra heiratet, wäre Tante Marianne auch allein. Irgendwie werde ich mich hier schon nützlich machen können.«

      Ricky betrachtete die Freundin nachdenklich. Ob sie sich jemals im Leben zurechtfinden würde?, überlegte sie. Sie braucht wohl einen Menschen, für den sie sorgen kann, damit sie einmal die Stärkere ist, nachdem sie ihr ganzes Leben nur unterdrückt worden war.

      Marianne von Rieding steckte ihren Kopf durch die Tür. »Kommt ihr zum Tee, Kinder?«, fragte sie freundlich. »Manuel und Bambi sind auch da.«

      Die Kinder hatten eine Schale Teegebäck mitgebracht, das Teta gebacken hatte. »Schmeckt prima«, versicherte Bambi. »Probiert mal.«

      Manuel wollte auch etwas sagen, aber plötzlich verdüsterte sich sein Gesicht, denn Carlo Heimberg war eingetreten. Obgleich er nun wusste, dass Sandra seinen Papi heiraten würde, hegte er noch immer eine geheime Abneigung gegen den Architekten. Als nun auch Sandra kam, drängte er sich sofort an ihre Seite.

      »So viele junge Damen und eine hübscher als die andere«, scherzte Carlo Heimberg.

      »Sandra gehört uns«, stieß Manuel hervor. »Papi und mir.«

      »Ich würde mich hüten, das anzuzweifeln«, lächelte Carlo.


Скачать книгу