Schöne Gedichte. Joachim Ringelnatz

Schöne Gedichte - Joachim  Ringelnatz


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gefallen,

      Teurer Schuh, bedenke doch,

      Wenn der Lack in Staub zerfallen,

      Lebt das fette Leder noch.

      Niemals hieltest du den nassen

      Kalten Wasserfluten stand,

      Denn die Elemente hassen

      Das Gebild von Menschenhand.«

      Und der Schuh verbeugte sich.

      Darauf sprach er ernst und würdig:

      »Freund, ich überzeugte mich,

      Daß du mir ganz ebenbürtig.

      Leider war mir anfangs duster,

      Was mir jetzt Gewißheit ist,

      Daß du Meisterwerk vom Schuster

      Wasser-Dichter Stiefel bist.«

      Ein Taschenkrebs

      Ein Taschenkrebs und ein Känguruh,

      Die wollten sich ehelichen.

      Das Standesamt gab es nicht zu,

      Weil beide einander nicht glichen.

      Da riefen sie zornig: »Verflucht und verdammt

      Sei dieser Bureaukratismus!«

      Und hingen sich auf vor dem Standesamt

      An einem Türmechanismus.

      Frau Teemaschine

      Frau Teemaschine sang auf dem Feuer.

      Der Beifall war ganz ungeheuer.

      Ja, ihre Base Petroleumkanne

      War von dem Liede ganz gefangen.

      Ihr rannen die Tränen über die Wangen

      Und tropften gerade in eine Pfanne,

      In der ein Schweinebraten briet,

      Der ausgezeichnet dann geriet.

      War auch Petroleum drauf geflossen,

      Er wurde trotzdem doch genossen.

      Sein Herr war mit dem Koch zufrieden.

      (Besagter Herr war ein Kosak;

      Sein Leibgericht war Siegellack.)

      Ja, die Geschmäcker sind verschieden.

      Man stirbt hier vor Langeweile

      Man stirbt hier vor Langeweile,

      Dachte die Nagelfeile

      Beim Mittagessen!

      Und machte sich, wie von ungefähr,

      Über den Fingernagel her,

      Beim Mittagessen!

      Da begann eine silberne Gabel zu schrein:

      »Meine Dame – – Sie sind hier nicht allein!«

      Die Nacht erstarb

      Die Nacht erstarb. Und der Tag erwachte. –

      Draußen unter dem Sternenhimmel

      Stand ein Droschkenpferd, ein Schimmel,

      Und lachte.

      Der Tag entwich und die Nacht begann.

      Auf steiniger Ebene ruhte das Pferd.

      Es hatte die Beine gen Himmel gekehrt

      Und sann.

      Und wieder durchzuckten die Sterne den Himmel. – –

      Das rechte Auge des Pferdes tränte. – –

      Der Mann auf dem Kutschersitze gähnte

      Und trank einen Kümmel.

      An einem Teiche

      An einem Teiche

      Schlich eine Schleiche,

      Eine Blindschleiche sogar.

      Da trieb ein Etwas ans Ufer im Wind.

      Die Schleiche sah nicht, was es war,

      Denn sie war blind.

      – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

      Das dunkle Etwas aber war die Kindsleiche

      Einer Blindschleiche.

      Im dunklen Erdteil Afrika

      Im dunklen Erdteil Afrika

      Starb eine Ziehharmonika.

      Sie wurde mit Musik begraben.

      Am Grabe saßen zwanzig Raben.

      Der Rabe Num’ro einundzwanzig

      Fuhr mit dem Segelschiff nach Danzig

      Und gründete dort etwas später

      Ein Heim für kinderlose Väter.

      Und die Moral von der Geschicht? –

      Die weiß ich leider selber nicht.

      Der Mensch

      Der Mensch braucht – ohne sich zu sputen –

      Zum Kilometer zwölf Minuten.

      Die Wanderratte läuft so weit

      In ungefähr derselben Zeit.

      Da nun genannte Wanderratte

      Bis dato stets vier Beine hatte,

      Wie schnell läuft da ein Tausendfuß? – –

      Ich weiß es wirklich nicht. Weißt du’s?

      Tante Qualle und der Elefant

      Die Tante Qualle schwamm zum Strand.

      Es liebte sie ein Elefant,

      Mit Namen Hildebrand genannt.

      Der wartete am Meeresstrand

      Mit einem Sträußchen in der Hand.

      Das übergab er ihr galant

      Und bat um Tante Quallens Hand.

      Da knüpften sie ein Eheband.

      Der Doktor Storch, der abseits stand,

      Der dachte: »Armer Hildebrand!«

      Worauf er weiterging und lachte.

      – – – – –


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