Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter Dönges
für Sie, Mister Sherman.«
»Möglich!«
»Unerreichbar, Mister Sherman«, wiederholte der Butler noch einmal.
»Mister Calderhan, Ihr ehemaliger Konkurrent, wird wie ein Staatsschatz bewacht. Ihm darf nichts passieren, wie Sie sich vorstellen können. Und er wird selbst dann bewacht, wenn er die Erpressungssumme kassiert hat und versucht, irgendwo in der Welt ein neues Leben zu beginnen.«
Sherman verzog unwillkürlich sein Gesicht.
»Mister Calderhan wird Sie natürlich überflügeln«, stichelte Parker sanft und gekonnt weiter, »gegen ihn werden Sie noch nicht einmal eine lokale Größe bleiben. Ja, bei Licht betrachtet, wie es so treffend heißt, hat er das Druckmittel in der Hand, um sich endlich an Ihnen zu rächen.«
»Dazu gehören immer noch zwei Leutchen!«
»Mitnichten, Mister Sherman! Ihre Position ist denkbar schwach, zumal Sie sich bereits den Zorn von Calderhan zugezogen haben. Ich erinnere an das mißglückte Kidnapping, an dem Ihre Leute kaum Schuld hatten.«
»Sie glauben also, ich sollte Calderhan schleunigst in die Pfanne hauen, wie?«
»Ihr Verstand wird Ihnen sagen, was Sie tun müssen.«
»Welche Garantie habe ich, daß mir nichts passiert?«
»Keine, Mister Sherman! Rechnen Sie auch nicht mit irgendeiner Belohnung. In den Augen einer rechtsbewußten Öffentlichkeit und Polizei werden Sie immer das bleiben, was man einen miesen Gangster nennt. Ich hoffe, daß Sie mir diesen Ausdruck verzeihen! Aus reinen, selbstsüchtigen Motiven heraus habe ich mir erlaubt, Ihnen diesen Sachverhalt vorzutragen. Sie müssen wissen, wo Ihr Vorteil liegt.«
»Verdammt, so offen wie Sie hat noch niemand mit mir gesprochen.«
»Ich bin sicher, daß Sie das zu schätzen wissen, Mister Sherman.«
»An dem, was Sie da gesagt haben, ist was dran!«
»Ich bin mir dessen sogar sicher! Auf eine Kurzformel gebracht, würde ich so sagen: Sie liefern uns Details über Calderhan, damit wir ihn so schnell und nachdrücklich wie möglich hinter Gitter bringen können.«
»Moment mal, und wo liegt mein Vorteil?«
»In dem sicheren Gefühl, daß Calderhan eben kein Millionengeschäft machen kann. Mehr ist nicht drin, wie man es in Ihren Kreisen ausdrücken würde.«
Claddon und Sherman sahen sich kurz an.
»Ist wenigstens eine Belohnung ausgesetzt?« fragte Sherman dann.
»Nicht ein einziger Cent«, sagte Mike Rander und schüttelte lächelnd den Kopf. »Sie werden nur die innere Genugtuung haben, daß Sie Calderhan ein Bein stellen konnten.«
»Schön, wir spielen mit«, sagte Sherman. »Sagen wir, in einer Stunde unten in der Stadt, einverstanden? Ich muß erst noch mit Claddon reden!«
»Wir könnten uns im City-Hotel treffen«, schlug Josuah Parker vor. »Ein angenehmes Hotel mit einer passablen Bar und einigermaßen guten Getränken!«
*
»Wenn er hinter Gittern sitzt, ist er nutzlos«, meinte Claddon, nachdem Mike Rander und Josuah Parker gegangen waren. »Haben Sie nicht gemerkt, worauf dieser Parker spekuliert?«
»Natürlich, Claddon«, erwiderte Sherman nachdenklich. »Er hat kein Blatt vor den Mund genommen.«
»Er spekuliert auf Ihren Neid, Chef«, redete Claddon eifrig weiter. »Er will Sie vor seinen Wagen spannen.«
»Klar, hat er ja offen heraus gesagt.«
»Wollen Sie etwa mitmachen, Chef? In dieser Sache sitzt viel mehr für uns drin...!«
»Los, sagen Sie schon, was...!«
»Wenn wir uns Calderhan unter den Nagel reißen, machen wir, ich meine natürlich, machen Sie das große Geschäft. Dann können Sie die Bedingungen stellen.«
»Angenommen, wir kidnappen Calderhan, wird er uns verraten, wo er das Ding versteckt hat?«
»Dafür garantiere ich, Chef...! Es gibt Mittel, um jeden zum Reden zu bringen. Auch einen Calderhan!«
»Angenommen, er tut es nicht. Was Passiert dann?«
»Dann könnte die Bombe hochgehen!«
»Und dann?«
»Na ja«, sagte Claddon und grinste schmierig, »dann haben wir eben Pech gehabt...«
»Und mit uns Millionen andere Menschen, oder?«
»Na und, Chef...?« Claddon glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Sein Chef zeigte plötzlich so etwas wie ein Gewissen. Das war immerhin neu an ihm.
»Parker hat deutlich genug gesagt, daß Calderhan für uns unerreichbar ist. Kann ich mir gut vorstellen, er wird bestimmt erstklassig abgeschirmt.«
»Dagegen läßt sich was tun! Chef, wir können Millionen machen. Wir können aufreißen, was wir wollen!«
»Und selbst dabei vor die Hunde gehen«, meinte Sherman, der ein harter Realist war. »Was ich habe, weiß ich, was ich bekommen kann, weiß ich nicht.«
»Aber Sie würden auf jeden Fall mit der Polizei Zusammenarbeiten. Wenn auch auf dem Umweg über Parker, Chef.«
»Was Parker sagte, saß«, erklärte Sherman, und sein faltiges Bulldoggengesicht wirkte bedrückt. »Gerade seine verdammte Offenheit hat mich angekratzt. Sage ich ganz offen! Er hat nicht die Spur versprochen. Er hat deutlich ausgedrückt, daß ich ihn an kotze!.«
»Macht Ihnen das etwa was aus, Chef?«
»Quatsch, Claddon! Darauf pfeife ich! Angenommen, ich gehe auf seinen Vorschlag ein. Was hätten wir an Informationen über Calderhan zu bieten?«
»Naja, wir wissen immerhin, wo er sein Haus hat. Mit wem er befreundet war und wer für ihn gearbeitet hat.«
»Warum sollen wir damit nicht herausrücken?« fragte Sherman. Er wanderte im Zimmer umher und rauchte wie ein Schlot. »Wenn ich schon nicht an Calderhan herankann, dann will ich ihm wenigstens die Tour vermasseln. Dieser Parker hat genau meinen schwachen Punkt getroffen.«
»Was halten Sie davon, Chef, wenn wir zweispurig fahren?« tippte Claddon bei seinem Chef an. »Kann ja nicht schaden, wenn wir wissen, wo Calderhan im Moment steckt. Und es kann nicht schaden, wenn wir Parker ein paar Tips geben, was mit Calderhan früher los war. Ist ja nicht anzunehmen, daß er das Atom-Ei bei sich in der früheren Wohnung versteckt hat!«
»Liegen wir richtig?« fragte Mike Rander etwa zu dieser Zeit, als er zusammen mit Josuah Parker zurück zum Bungalow fuhr, in dem Calderhan untergebracht war. »Ich habe das Gefühl, daß wir auf der Stelle treten. Wie sehen Sie den Fall?«
»Ich möchte sagen, Sir, daß ich relativ zufrieden bin«, antwortete der Butler. »Ich bin sicher, daß sowohl dieser Andy als auch Mister Sherman reden werden.«
»Was versprechen Sie sich davon?«
»Es geht mir um die zwei Wochen, die bisher noch nicht einzuordnen sind«, erklärte der Butler gemessen, während er den Buick durch die nächtlichen, dennoch aber strahlendhell erleuchteten Straßen von Miami steuerte. »Sechs Wochen sind seit der Aktion auf der ‚Insel der Haie’ verstrichen. Vier Wochen sind uns inzwischen mehr oder weniger bekannt. Drei Wochen verbrachte Calderhan in dem bewußten Motel des Mister Coltax, eine Woche benötigte er, um seinen schweren Schrankkoffer wegzuschaffen, wahrscheinlich hinüber nach Frisco, verbleiben zwei Wochen. Und diese zwei Wochen interessieren mich ungemein. Was tat Calderhan während dieser zwei Wochen? Warum benötigte er überhaupt die Anlaufzeit, um seinen Schrankkoffer mittels eines Wagens wegzuschaffen?«
»Keine Ahnung«, gab Mike Rander spöttisch zurück, »aber wie ich Sie kenne, werden Sie Calderhan ganz offen danach fragen, oder?«
»Gewiß, Sir, aber nicht umgehend.