Gesammelte Werke. Джек Лондон
sich wahnsinnig vor ihnen.
»Hu! Wer hat je von Pferden gehört, die sich nicht mehr vor Schmetterlingen fürchteten?« neckte Billy. »Das steigert ihren Wert direkt um fünfzig Dollar.«
»Warten Sie nur, bis Sie über die Grenze von Oregon nach dem Rogue-River-Tal kommen«, sagten die Leute zu ihnen. »Das ist ein wahres Paradies auf Erden – Klima, Landschaft und Obstgärten; Obstfarmen, die nach einer Schätzung von fünfhundert Dollar den Morgen zweihundert Prozent ergeben.«
»Nun ja«, sagte Billy, als sie außer Hörweite waren. »Der Bissen ist zu fett, da kriegt man Leibschmerzen.«
Und Saxon sagte: »Ich weiß nichts von Äpfeln im Mondtal, aber das weiß ich, dass es zehntausend Prozent Glück geben soll nach einer Schätzung von einem Billy, einer Saxon, einer Hazel, einer Hattie und einem Possum.«
Durch Siskiyou und über hohe Berge kamen sie nach Ashland und Medford und rasteten am wilden Rogue.
»Es ist alles herrlich und prachtvoll«, erklärte Saxon, »aber es ist nicht das Mondtal.«
»Nein, es ist nicht das Mondtal«, sagte Billy zustimmend, und das sagte er auch noch am Abend desselben Tages, als er ein Ungeheuer von Forelle gefangen hatte, bis an den Hals in dem eiskalten Rogue stand und ganze vierzig Minuten mit seiner Beute kämpfte, bis es ihm glückte, sie ans Ufer zu ziehen, wo er sie mit einem Geheul wie ein Comanche an den Kiemen packte.
»Wer sucht, findet«, prophezeite Saxon, als sie über den Grant Pass fuhren und nordwärts über die Berge den fruchtbaren Oregontälern zusteuerten.
Als sie eines Tages in der Nähe des Umpqua rasteten, beugte Billy sich über den ersten Hirsch, den er je geschossen hatte, und begann ihn abzuziehen. Dann sah er zu Saxon auf und meinte:
»Wenn ich nicht Kalifornien kennte, so würde ich glauben, dass Oregon etwas für mich sei.«
Als sie sich abends am Hirschfleisch satt gegessen hatten, sagte er, während er, auf die Ellbogen gestützt, dalag und seine Zigarette nach dem Abendessen rauchte:
»Vielleicht gibt es gar kein Mondtal. Und wenn nicht – was dann? Wir könnten ja unser ganzes Leben lang weiter suchen. Ich wünsche mir nichts Besseres.«
»Ja, aber es gibt ein Mondtal«, sagte Saxon, »und wir werden es schon finden. Wir müssen es finden. Es ginge doch nicht, dass wir nicht eine feste Wohnung hätten. Dann würde es ja keine kleinen Hazels und Hatties oder – kleine – Billys geben –«
»Oder kleine Saxons«, warf Billy ein.
»Oder kleine Possums«, fügte sie schnell hinzu und streichelte gleichzeitig den Foxterrier, der begeistert an einem Hirschknochen nagte. Ein gereiztes Knurren und ein giftiges Schnappen nach ihren Fingern, die sie hastig zurückziehen musste, war ihr Lohn.
»Possum!« schalt sie und streckte wieder die Hand aus.
»Lass ihn!« warnte Billy sie. »Er kann nichts dafür, und das nächste Mal beißt er dich.«
Noch drohender war das Knurren, das Possum ausstieß, als seine Kinnbacken sich um den Knochen pressten, und seine Augen flammten wie im Wahnsinn, während sich die Haare auf seinem Halse sträubten.
»Es ist ein guter Hund, der für seinen Knochen kämpft«, sagte Billy zu seiner Entschuldigung. »Ich möchte keinen Hund haben, der das nicht täte.«
»Aber er ist mein Possum«, protestierte Saxon. »Und er liebt mich. Er muss mich mehr lieben als einen alten Knochen. Und er muss gehorchen, wenn ich etwas sage. Hörst du, Possum, gib mir jetzt den Knochen. Gib mir den Knochen, mein Herr.«
Sie streckte vorsichtig die Hand aus, und das Knurren wurde immer stärker und schriller, bis es in einem gereizten Schnappen endete.
»Ich sage dir, es ist Instinkt«, wiederholte Billy. »Er liebt dich, aber er kann das einfach nicht lassen.«
»Er hat das Recht, seinen Knochen gegen Fremde zu verteidigen, aber nicht gegen seine eigene Mutter«, ereiferte Saxon sich. »Ich werde ihn schon dazu bringen, dass er mir den Knochen lässt.«
»Ein Foxterrier ist schrecklich empfindlich, Saxon. Du machst ihn nur hysterisch.«
Aber sie war entschlossen, ihren Kampf durchzuführen, und sie hob einen kurzen Zweig vom Boden auf.
»So, mein Freund, gib mir jetzt den Knochen.«
Sie drohte dem Hund mit dem Zweig, und der Hund wurde wütender als je. Wieder schnappte er nach ihr, um sich dann auf seinen Knochen zu stürzen und sich daran festzuklammern. Saxon hob den Stock, wie um zu schlagen, und er ließ plötzlich den Knochen los, rollte sich vor ihren Füßen auf dem Rücken, alle Viere in der Luft, die Ohren demütig zurückgelegt und mit tränenerfüllten, flehenden Augen.
»Großer Gott!« sagte Billy ernst und feierlich. »Sieh ihn nur an – wie er daliegt und seinen Solar Plexus, seine Eingeweide und seinen ganzen Leib präsentiert – vollkommen wehrlos, als wollte er sagen: ›Hier liege ich. Prügele los auf mich! Tritt mir das Leben zum Leibe heraus! Ich liebe dich, ich bin dein Sklave, aber ich kann es nicht lassen, meinen Knochen zu verteidigen. Mein Instinkt ist stärker als ich. Töte mich – aber ich kann nicht anders.‹«
Saxons Zorn war verschwunden. Sie hatte Tränen in den Augen, als sie sich niederbeugte und das winzige Geschöpf in ihre Arme nahm. Possum war außer sich vor Erregung, er winselte und zitterte, wand und drehte sich und leckte ihr Gesicht – alles, um ihre Verzeihung zu erlangen.
»Ein Herz von Gold, mit einer Rose im Mund«, summte Saxon, während sie ihr Gesicht in dem weichen, zitternden Bündel von Nerven und Empfindsamkeit vergrub. »Es tut Mutter leid. Sie wird dich nie mehr so quälen. So, so, mein Kleines. Sieh! Hier ist dein Knochen – nimm ihn.«
Sie setzte den Hund auf den Boden, aber er stand unentschlossen da, als wüsste er nicht, was er wählen sollte – sie oder den Knochen, und er sah sie an, um sich zu vergewissern, dass er wirklich ihre Erlaubnis hatte, zitterte aber gleichzeitig immer noch vor Bewegung über den furchtbaren Kampf zwischen Verlangen und Pflicht, der ihn fast zu zerreißen drohte. Erst als sie ihre Erlaubnis wiederholt und mit einem Kopfnicken auf den Knochen gezeigt hatte, nahm der Hund ihn wieder auf. Und einmal, als eine Minute vergangen war, hob er in plötzlichem Schreck den Kopf und sah sie fragend an. Sie nickte lächelnd, und Possum seufzte tief und zufrieden und machte sich dann wieder an seinen teuren Knochen.
»Mercedes hatte recht, als sie sagte, dass die Menschen um Arbeit kämpfen wie Hunde um einen Knochen«, sagte Billy langsam. »Es ist Instinkt. Ich konnte es ebenso wenig lassen, einen Streikbrecher zu verprügeln, wie Possum